Charles Lloyd | Musik | Rabo De Nube

Rabo De Nube 0602517548114
Rabo De Nube
07. März 2008
Charles Lloyd, Jason Moran

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Produktinformation

In Versen, die er eigens für die CD “Rabo De Nube” verfaßte, skizziert Charles Simic (derzeit “Poet Laureate Consultant in Poetry” der Kongressbibliothek in Washington) die gegensätzlichen Facetten von Charles Lloyds einzigartiger musikalischer Persönlichkeit. Da ist einerseits der großstädtische Jazzer, der – bei allergrößtem Respekt vor der Tradition dieser Musik – rastlos nach dem Neuen sucht: “Late night talk / On a tenor / With the dead / And the shadows they cast.” (“Spätnächtliche Gespräche / auf einem Tenor / mit den Toten / und den Schatten, die sie werfen”). Und andererseits der Flötist der Wälder und Berge: “Voice of solitude. / Voice of insomnia. / Call of a night bird. / Continuous prayer.” (“Stimme der Abgeschiedenheit. / Stimme der Schlaflosigkeit. / Ruf eines Nachtvogels. / Ununterbrochenes Gebet.”) Charles Lloyd steht für beide Positionen, und davon zeugen erneut die “ländlichen” und “städtischen” Aspekte seiner Musik auf “Rabo De Nube”.

Dieses Live-Album, das vergangenes Jahr bei einem Auftritt in Basel mitgeschnitten wurde, erscheint pünktlich zu Charles Lloyds 70. Geburtstag am 15. März 2008. Der Saxophonist präsentierte sich bei dieser Gelegenheit mit einem neubesetzten Quartett: von den Musikern, mit denen er 2004 “Jumping The Creek” (ECM 1911) eingespielt hatte, war nur noch Schlagzeuger Eric Harland übriggeblieben. Pianistin Geri Allen und Bassist Robert Hurst wurden von Jason Moran und Reuben Rogers abgelöst, die mit diesen Aufnahmen auch ihren Einstand bei ECM geben. Wie stets ermunterte Lloyd seine Mitspieler – die in diesem Fall nur halb so alt sind wie er selbst – sich nicht auf die Rolle der Begleiter zu beschränken, sondern eigene Ideen in die Musik einzubringen.

Benannt wurde das Album nach einem Stück des kubanischen Sängers und Songwriters Silvio Rodríguez. Die wunderbare Ballade, mit der das Quartett seinen Auftritt beendete, ist schon seit langem eines von Lloyds Lieblingsstücken. Es ist auch nicht das erste Mal, daß Lloyd “Rabo de nube” (zu deutsch: “Wolkenschweif”) auf einem ECM-Album präsentiert. 2002 hatte er die Ballade schon einmal für “Lift Every Voice” (ECM 1832) aufgenommen. Alle anderen Kompositionen indes stammen aus Lloyds eigener Feder. Darunter befindet sich auch “Sweet Georgia Bright”, ein Stück, das Lloyd erstmals 1964 aufnahm, sowohl mit seiner eigenen Band (“Discovery! The Charles Lloyd Quartet”, Columbia Records) als auch mit dem Cannonball Adderleys Sextet (“Fiddler On The Roof”, Capitol Records). Die schwungvolle Nummer ist seit dieser Zeit immer ein Highlight bei Konzerten von Lloyd gewesen.

Zum Auftakt spielte das Charles Lloyd Quartet in Basel mit “Prometheus” ein Stück, das ähnlich mitreißend ist wie “Sweet Georgia Bright”. Dann folgt mit “Migration of Spirit” eine der für Lloyd so typischen, überwältigenden Tenorsax-Meditationen. Bei “Booker’s Garden”, einer vergnügten Hommage an Lloyds Jugendfreund Booker Little, kommt wiederum die Altflöte zum Einsatz. Für das folkloristisch-tänzerische “Ramanujan” und “Journey Within” greift der Saxophonist dann zum Tárogató, einem aus Ungarn stammenden Holzblasinstrument, das Lloyd schon seit den späten 60er Jahren verwendet (das Tárogató – auch unter dem Namen Taragot bekannt -  ist ein Holzblasinstrument mit einfachem Rohrblatt, das in seiner Form sehr der Klarinette ähnelt, aber wie ein Saxophon einen konisch gebohrten Korpus hat). Zurück zu den eigentlichen Wurzeln des Jazz gelangt die Band danach mit “La colline de Monk”, bevor das Konzert mit den beiden bereits erwähnten Stücken “Sweet Georgia Bright” und “Rabo de nube” fulminant beendet wird.

Der aus Memphis stammende Charles Lloyd hat im Laufe seiner langen Karriere mit einer ganzen Reihe exzeptioneller Pianisten zusammengearbeitet: der erste war Phineas Newborn, mit dem Lloyd noch in seiner Heimatstadt zusammenspielte, dann folgte in der Band von Cannonball Adderley die Kooperation mit Joe Zawinul. In den 60er Jahren engagierte der Saxophonist den damals noch unbekannten Keith Jarrett für sein Quartett. Dessen Platz nahmen später unter anderem Michel Petrucciani, Bobo Stenson und Geri Allen ein. Die Qualität seiner Vorgänger scheint den 33jährigen Jason Moran allerdings nicht einzuschüchtern, sondern vielmehr anzuspornen. Wie ein Kritiker der New York Times einst schrieb, greift Moran bei seinem Spiel weiter in der Jazztradition zurück und zugleich auch weiter über sie hinaus, als dies bei den meisten seiner Zeitgenossen der Fall ist. Sein stark betontes Akkordspiel und sein perkussiver Anschlag weisen unzweifelhaft auf einen nicht unerheblichen Einfluß Thelonious Monks hin. Aber geprägt wurde Moran auch durch drei großartige Pianisten, bei denen er persönlich Unterricht nahm: Jaki Byard, Andrew Hill und Muhal Richard Abrams. Sie ermutigten ihn dazu, seinen eigenen musikalischen Weg zu finden. Moran hat mittlerweile sieben von der Kritik gefeierte Alben unter eigenem Namen veröffentlicht, eine Reihe von Preisen gewonnen (u.a. wurde er 2005 von der Jazz Journalists Association zum Pianisten des Jahres gekürt) und mit Größen wie Wayne Shorter, Lee Konitz, Steve Coleman und Greg Osby gespielt.

Einer von Morans Klassenkameraden an der High School for the Performing and Visual Arts in Houston war der Schlagzeuger Eric Harland, der für den Pianisten später auch den Kontakt zu Greg Osby herstellte. Für Morans weitere Karriere war die Zusammenarbeit mit Osby von entscheidender Bedeutung, da er durch sie auch selber einen Plattenvertrag bei Blue Note erhielt. Eric Harland wiederum gilt heute als einer der kreativsten Schlagzeuger seiner Generation. Die Initialzündung war für ihn, als er Elvin Jones auf dem John-Coltrane-Klassiker “A Love Supreme” hörte. Inzwischen hat er nicht nur schon selbst mit prominenten früheren Coltrane-Partnern wie McCoy Tyner und Pharoah Sanders sowie Coltrane-Sohn Ravi zusammengearbeitet, sondern auch mit Joshua Redman, Joe Henderson und Betty Carter. Seit rund einem Jahrzehnt ist Harland Mitglied des Trios des Pianisten Aaron Goldberg, in dem auch Bassist Reuben Rogers mitspielt. Das Rhythmusgespann ist außerdem schon mit Charles Lloyd im Trio- und Quartettformat aufgetreten. Harland kann man darüber hinaus noch auf Lloyds Album “Sangam” (ECM 1976) hören, das die beiden 2004 zusammen mit dem Tablameisterspieler Zakir Hussain live aufgenommen haben.

Reuben Rogers, 1974 auf den Jungferninseln geboren, lernte erst Klarinette, Gitarre und Schlagzeug, bevor er sich schließlich dauerhaft für den Kontrabaß entschied. In seiner karibischen Heimat hörte er von klein auf ebensoviel Calypso und Reggae wie Jazz- und Gospelmusik. Diese frühen musikalischen Einflüsse haben natürlich auch Rogers Spielweise auf dem Baß mitgeprägt. Im Zusammenspiel mit Harland kreiert er einen sehr elastischen Groove. Anerkennung erntete Reuben Rogers auch als Begleiter von Nicholas Payton, Diane Reeves, Jackie McLean, Roy Hargrove und Mulgrew Miller.
 
Veröffentlichung
7.3.2008
Format
CD
Label
ECM Records
Bestellnummer
00602517548114
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