Die Novelle “Schwere Stunde” erzählt von den Selbstzweifeln Friedrich Schillers, während er den “Wallenstein” verfasst. “Es misslang, und alles war vergebens!” lässt Mann dem großen Dichter mit seinem Werk hadern. “Die Armee! Die Armee hätte gezeigt werden müssen! Da sie nicht vors Auge gebracht werden konnte – war die ungeheure Kunst denkbar, sie der Einbildung aufzuzwingen?”
Wie in vielen Werken Thomas Manns, spricht auch aus dieser Erzählung seine Überzeugung, dass erst Leid und Not den wahren Künstler zum Vorschein bringen. Und so kommt auch Schiller zu dem Schluss: “Und wenn das unselige Werk ihn leiden machte, war es nicht in der Ordnung so und fast schon ein gutes Zeichen?” Das Licht des anbrechenden Morgens trägt auch die letzten Zweifel des Dichters fort: “Und es wurde fertig, das Leidenswerk. Es wurde vielleicht nicht gut, aber es wurde fertig. Und als es fertig war, siehe, da war es auch gut.”
Auch “Gladius Dei” ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden. Nach dem unerwarteten Erfolg der “Buddenbrooks” begab sich Thomas Mann auf eine Reise nach Florenz, um sich zu einem neuen Roman inspirieren zu lassen. “Ich bin natürlich in Fra Girolamos Spuren gewandelt, war schließlich im Kloster San Marco ganz zu Hause und habe überhaupt manches profitiert.”
Schon zu Beginn der Erzählung spürt man den mediterranen Flair, den Thomas Mann dem Schauplatz seiner Novelle verleiht: “München leuchtete.” Die Stadt ist selig an diesem Spätsommertag. In seiner Kutte blickt Hieronymus in einem Antiquitätengeschäft auf das Bildnis der Madonna. Das Jesuskind spielt an der unverhüllten Brust seiner Mutter. Doch Hieronymus erblickt nicht die Unschuld – er sieht die Sünde. Und er versucht ihr zu widerstehen. Ein ungleicher Kampf beginnt.