Giuseppe Sinopolis langjähriger Produzent Ewald Markl gedenkt dem italienischen Dirigenten, der am 20. April im Alter von nur 54 Jahren an einem Herzinfakt starb, mit einem sehr persönlichen Nachruf:
“Es gibt Nachrufe, die schreibt man für die Schublade in der Hoffnung, daß sie dort lange verweilen mögen und es gibt Nachrufe, bei denen man nicht fassen kann, fassen will, daß sie jetzt zu schreiben sind. Mit Giuseppe Sinopoli verließ uns ein an Jahren junger, in seinem Auftreten eher an längst vergangene Zeiten gemahnender Dirigent.
Ein Dirigent, der Lord Byron zur Erläuterung von Robert Schumanns Manfred-Ouvertüre zitieren konnte,
Ein Dirigent, der japanischen Gastgebern mit spontan hingeworfenen Haikus dankte,
Ein Dirigent, der spät abends nach einer Vorstellung seine Familie in Rom anrief um dem älteren Sohn die Griechisch-Aufgabe zu diktieren,
Ein Dirigent, der noch vor wenigen Wochen in Caracas ein Konzert gab, das ausschließlich von Strassenkindern musiziert wurde.
In wenigen Tagen hätte Giuseppe Sinopoli seinen zweiten Doktor-Titel abgeholt – mit einer Arbeit über babylonische Königsstädte.
Giuseppe Sinopoli starb den Dirigenten-Tod, wie Dmitri Mitropoulos,wie Josef Keilberth,- an jener Stelle, wo er eine seiner aufregendsten Aufnahmen produziert hat: An der Deutschen Oper Berlin ‘Salome’ mit Cheryl Studer und einem grandiosen Bryn Terfel am Beginn seiner Karriere. Mit eben jenem Bryn Terfel, der beim letzten Auftritt Giuseppe Sinopolis zuhörte. Für die Deutsche Grammophon nahm Giuseppe Sinopoli zuletzt in Dresden Richard Strauss ‘Ariadne auf Naxos’ auf. Als Deborah Voigt den Monolog der Ariadne anstimmte ‘Es gibt ein Reich, wo alles rein ist: es hat auch einen Namen: Totenreich’, da konnte keiner der beteiligten Solisten, Orchestermusiker und Mitglieder des Aufnahmeteams ahnen, daß Giuseppe Sinopoli soeben seinen Schwanengesang für die CD dirigiert hatte.”