Grigory Sokolov | Biografie

Biografie

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Musik, die im gegenwärtigen Moment entsteht, einzigartig und unwiederholbar, nur darauf kommt es Grigory Sokolov an. Er hat kein Interesse daran, Studioaufnahmen zu machen oder mit Orchestern oder Kammermusik-Ensembles zu spielen. Stattdessen vertieft er sich monatelang in seine Recital-Programme, die er auf ausgedehnten Konzertreisen in ganz Europa spielt. Die poetischen Interpretationen des russischen Pianisten basieren auf seiner fundierten Kenntnis eines umfangreichen Repertoires. Sokolovs Recital-Programme umfassen die gesamte Musikgeschichte, von Transkriptionen geistlicher Polyfonie des Mittelalters und Werken für ein Tasteninstrument von Byrd, Couperin, Rameau und Froberger über die Musik von Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Chopin und Brahms bis zu Schlüsselkompositionen des 20. Jahrhunderts von Prokofjew, Ravel, Skrjabin, Rachmaninow, Schönberg und Strawinsky. Bei Klavierliebhabern gilt er weithin als der größte Pianist der Gegenwart und er wird als Künstler bewundert wegen seiner Kreativität, seiner Spontaneität und seiner uneingeschränkten Hingabe an die Musik.
2014 unterzeichnete Sokolov einen Exklusivvertrag mit Deutsche Grammophon. Die von einem neuen, enthusiastischen Zuhörerkreis gefeierte Partnerschaft bekräftigte seinen Rang unter den großen Musikern der modernen Zeit. Im Januar 2015 veröffentlichte DG Sokolovs erstes Album seit fast zwei Jahrzehnten, ein sensationelles Recital, das live bei den Salzburger Festspielen 2008 aufgenommen worden war. Das zwei CDs umfassende Programm bietet zwei Mozart-Sonaten, Chopins Préludes op. 28 sowie als Zugaben Stücke von J. S. Bach, Chopin, Rameau und Skrjabin, und ist beispielhaft für das breit gefächerte Repertoire des Pianisten. Auf The Salzburg Recital folgte im Januar 2016 Sokolov Schubert/Beethoven. Es enthält, live aufgenommen, Schuberts Impromptus D 899 und drei Klavierstücke D 946 in der Warschauer Philharmonie 2013 sowie Beethovens »Hammerklaviersonate« op. 106 und Zugabestücke von Rameau und Brahms bei den Salzburger Festspielen 2013.
Sokolovs drittes DG-Album, das im März 2017 erschien, präsentierte Liveaufführungen von Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488, aufgenommen während der Salzburger Mozartwoche 2005, sowie Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 in einem Mitschnitt bei den BBC Proms 1995. Begleitet wurden diese historischen Aufnahmen von einer DVD mit Nadia Zhdanovas Dokumentation A Conversation That Never Was, einem aufschlussreichen Porträt des Künstlers.
Im Mai 2020 folgte ein weiteres Doppelalbum mit einer Auswahl von Liveaufnahmen aus drei Recitals, die er im Sommer 2019 gab: Es enthält die Sonate Nr. 3 und die Bagatellen op. 119 von Beethoven, Brahms’ opp. 118 und 119 sowie Zugaben von Brahms, Debussy, Rameau, Rachmaninow und Schubert. Zu dem Album gehört eine DVD mit der Aufnahme eines Recitals von 2017 in Turin, mit Sonaten von Mozart und Beethoven und Zugaben von Chopin, Debussy und Schumann.
Die nächste Veröffentlichung präsentierte ein Recital aus dem Jahr 2018. Auf Grigory Sokolov at Esterházy Palace sind drei Sonaten von Haydn (g-Moll Hob. XVI:44, h-Moll Hob. XVI:32 und cis-Moll Hob. XVI:36) und Schuberts Impromptus D 935 zu hören sowie Zugaben von Schubert, Rameau, Chopin, Griboyedov und Debussy. Die Aufnahme erschien im April 2022 digital und als 2-CD-Edition plus Blu-ray mit dem filmischen Konzertmitschnitt der Regisseurin Nadia Zhdanova.
Sokolovs jüngstes Album erschien am 30. August 2024 digital und als 2-CD-Set, am 11. Oktober folgt eine 3-LP-Edition. Die Aufnahmen zu Grigory Sokolov – Purcell & Mozart entstanden im Sommer 2023 bei zwei Konzerten in Spanien: Die zu einem Zyklus vereinten Stücke von Henry Purcell wurden am 18. August 2023 beim Festival Internacional Santander aufgenommen ebenso wie die Zugaben von Rameau, Bach und Chopin. Mozarts Klaviersonate in B-Dur KV 333 und das Adagio in h-Moll KV 540 wurden zwei Tage zuvor in San Sebastián beim Musikfestival Quincena mitgeschnitten.
Grigory Sokolov wurde am 18. April 1950 in Leningrad (dem heutigen St. Petersburg) geboren. Als Fünfjähriger begann er mit dem Klavierspiel, zwei Jahre danach nahm er sein Studium bei Liya Zelikhman an der Zentralen Musikschule des Leningrader Konservatoriums auf. Später erhielt er Unterricht bei Moisey Khalfin am Leningrader Konservatorium und 1962 gab er sein erstes Recital in seiner Heimatstadt. Sein überragendes Talent fand 1965 Anerkennung, als er den ersten Preis im Russischen Nationalwettbewerb gewann. Im Jahr darauf machte er Schlagzeilen über die Sowjetunion hinaus, als der 16-Jährige als jüngster Musiker überhaupt die begehrte Goldmedaille des Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau erhielt. Emil Gilels, der Vorsitzende der Jury, wurde anschließend zu einem Förderer des jungen Sokolov.
Während Grigory Sokolov in den 1970er-Jahren ausgedehnte Konzertreisen in die USA und nach Japan unternahm, entwickelten sich, fernab vom internationalen Scheinwerferlicht, seine künstlerischen Fähigkeiten weiter und wurden reifer. Seine Live-Aufnahmen aus der Sowjetära gewannen im Westen fast mythischen Status. Sie waren Zeugnis eines Künstlers, der so eigenständig war, wie kein anderer, zugleich aber von der reichen russischen Klaviertradition genährt wurde. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann Sokolov in den großen internationalen Konzertsälen und bei Festivals aufzutreten. Als Konzertsolist arbeitete er häufig mit den besten Orchestern, beispielsweise den New Yorker Philharmonikern, dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem Philharmonia Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und den Münchner Philharmonikern, bevor er sich letztlich entschloss, nur noch Solo-Recitals zu spielen. Sokolov gibt etwa 70 Konzerte pro Spielzeit; dabei widmet er sich jeweils einem einzigen Programm, mit dem er große Tourneen durch Kontinentaleuropa absolviert.
Im Gegensatz zu vielen anderen Pianisten hat Sokolov großes Interesse an der Mechanik und Einrichtung der Instrumente, auf denen er spielt. Stundenlang erforscht er deren technische Merkmale und berät sich mit Klaviertechnikern, um seinen Idealvorstellungen nahezukommen. »Man braucht Stunden, um ein Klavier zu verstehen, denn jedes hat seine eigene Persönlichkeit, und wir spielen zusammen«, erklärt er. Die Beziehung von Künstler und Instrument ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung von Sokolovs musikalischen Vorstellungen. Bei sparsamer Verwendung des Haltepedals erreicht er allein durch seine brillante Fingerarbeit sämtliche Wirkungen von subtilsten klanglichen und strukturellen Schattierungen bis zu den kühnsten Kontrasten. Die Kritiker weisen regelmäßig auf seine erstaunliche Fähigkeit hin, einzelne Stimmen innerhalb einer komplexen polyfonen Struktur hervorzuheben und bruchlose melodische Linien zu Gehör zu bringen.
Während eines Recitals bringt Sokolov die Zuhörer in engen Kontakt mit der Musik, um jenseits aller Affektiertheit und Theatralik eine tiefere spirituelle Bedeutung zu enthüllen. Er sieht viele der heutzutage mit einer Musikerlaufbahn verbundenen Konventionen – nicht zuletzt, was die Medienarbeit und Public Relations angeht – als Ablenkung von den eigentlichen Aufgaben, nämlich zu studieren und zu musizieren. Der San Francisco Chronicle fasst die außerordentlichen Qualitäten seines Spiels zusammen: »Sokolov verblüffte die Zuhörer mit einer Art des Klavierspiels, der musikalischen Kompetenz und des Künstlertums, die man für immer verloren glaubte.«
10/2024
 
 
Music made in the present moment, unique and unrepeatable, is all that matters to Grigory Sokolov. He has no interest in making studio recordings or playing with orchestras or in chamber music; instead, he spends months immersed in his recital programme which he performs over the course of long tours all over Europe. The Russian pianist’s poetic interpretations arise from his profound insight into a vast repertoire. His programmes span everything from transcriptions of medieval sacred polyphony and keyboard works by Byrd, Couperin, Rameau and Froberger to the music of Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Chopin and Brahms, as well as landmark 20th-century compositions by Prokofiev, Ravel, Scriabin, Rachmaninov, Schoenberg and Stravinsky. He is widely recognised among pianophiles as today’s greatest pianist, an artist universally admired for his creativity, spontaneity and uncompromising devotion to music.
Sokolov signed an exclusive contract with Deutsche Grammophon in 2014. The relationship, welcomed by a new and enthusiastic audience, has reinforced his place among the truly great musicians of modern times. In January 2015, DG released Sokolov’s first new album for almost two decades, a recital recorded live at the 2008 Salzburg Festival. The 2-CD set comprised two sonatas by Mozart, Chopin’s Préludes, Op.28 and encores by J.S. Bach, Chopin, Rameau and Scriabin, emblematic of the artist’s broad and diverse repertoire. The Salzburg Recital album was followed in January 2016 by the release of Sokolov: Schubert/Beethoven, containing Schubert’s Impromptus, D899 and Three Piano Pieces, D946, recorded live at the Warsaw Philharmonie in 2013, and Beethoven’s “Hammerklavier” Sonata, recorded at the 2013 Salzburg Festival, together with encores by Rameau and Brahms.
Sokolov’s third DG album, released in March 2017, presented his personal choice of two live concerto performances: Mozart’s Piano Concerto in A major, K488 and Rachmaninov’s Piano Concerto No.3, the former recorded at the Salzburg Mozart Week in 2005, the latter at the BBC Proms in 1995. These historic archive recordings were issued together with the DVD of Nadia Zhdanova’s documentary film A Conversation That Never Was, a revealing portrait of the artist.
May 2020 saw the release of a selection of works from three 2019 recitals: Beethoven’s Sonata No.3 and Bagatelles, Op.119; Brahms’s Piano Pieces, Opp. 118 and 119; and a series of encores by Brahms, Debussy, Rameau, Rachmaninov and Schubert. The album was accompanied by a DVD of a recital filmed in Turin in 2017, the programme including sonatas by Mozart and Beethoven, and encores by Chopin, Debussy and Schumann, among others.
The pianist’s next album presented a recital given in 2018. Grigory Sokolov at Esterházy Palace features Haydn’s Sonatas in G minor (Hob. XVI:44), B minor (Hob. XVI:32) and C sharp minor (Hob. XVI:36), Schubert’s Impromptus, D935, and encores by Schubert, Rameau, Chopin, Griboyedov and Debussy. It was released digitally and as a 2-CD + Blu-ray edition in April 2022, with the Blu‑ray presenting Nadia Zhdanova’s footage of the recital.
Sokolov’s latest album came out digitally and as a 2-CD set on 30 August 2024, with a 3-LP version following on 22 November. The performances on Grigory Sokolov – Purcell & Mozart were captured at two recitals given in Spain: an uninterrupted Purcell sequence at the Santander International Festival on 18 August 2023, and Mozart’s Piano Sonata in B flat major, K 333 and Adagio in B minor, K 540 two days earlier at San Sebastián’s Quincena Musical Festival. Encores by Rameau, Bach and Chopin, also recorded at Santander, round off the programme.
Grigory Sokolov was born in Leningrad (now St Petersburg) on 18 April 1950. He started to play piano at the age of five and, two years later, began studies with Liya Zelikhman at the Central Special School of the Leningrad Conservatory. He went on to receive lessons from Moisey Khalfin at the Leningrad Conservatory, and gave his debut recital in Leningrad in 1962. Sokolov’s prodigious talent was recognised in 1965 when he won first prize in the Russian National Competition. He made headline news beyond the Soviet Union’s borders the following year when, at 16, he became the youngest musician ever to receive the coveted Gold Medal at the International Tchaikovsky Competition in Moscow. Emil Gilels, chairman of the Tchaikovsky Competition jury, subsequently championed Sokolov’s work.
While Grigory Sokolov undertook major concert tours to the United States and Japan in the 1970s, his artistry evolved and matured away from the international spotlight. His live recordings from Soviet times acquired near-mythical status in the West, evidence of an artist at once entirely individual, like no other, yet nourished by the rich soil of the Russian tradition of piano playing. Following the collapse of the USSR, Sokolov began to appear at the world’s leading concert halls and festivals. He performed extensively as concerto soloist with orchestras of the highest calibre, working with the New York Philharmonic, Royal Concertgebouw Orchestra, Philharmonia Orchestra, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks and Münchner Philharmoniker, among others, before deciding to focus exclusively on solo recitals. He now performs around 70 concerts each season, immersing himself fully in a single programme and touring extensively throughout continental Europe.
Unlike many pianists, Sokolov takes the closest interest in the mechanism and set-up of the instruments he plays. He spends hours exploring their physical characteristics, consulting and collaborating with piano technicians to achieve his ideal requirements. “You need hours to understand the piano, because each one has its own personality and we play together,” he explains. The partnership between artist and instrument is critically important to the flow of his musical ideas. Sparing in his use of the sustaining pedal, he conjures everything from the subtlest tonal and textural gradations to the boldest contrasts of sound through the sheer brilliance of his finger-work. Critics regularly draw attention to his uncanny ability to articulate individual voices within a complex polyphonic texture and project seamless melodic lines.
In recital, Sokolov draws listeners into a close relationship with the music, transcending matters of surface display and showmanship to reveal deeper spiritual meaning. He regards many of the conventions attached to a modern musical career, not least those concerned with media and public relations, as distractions from the paramount matters of studying and making music. The remarkable qualities of his playing were neatly summarised in a San Francisco Chronicle review, which noted how Sokolov “stunned his audience with a kind of pianism, musicianship and artistry one thought had vanished forever”.
10/2024