Typisch Höhner, dieser chorgestärkte Refrain: „Steh auf, mach laut, mach richtig laut!“. Man kennt die sechs Musiker aus Köln als leidenschaftliche, den Menschen und dem Leben zugewandte Entertainer. Es ist ihr Feinsinn für Nuancen im Emotionalen, der nicht erst seit ihrem Nummer 1-Hit „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ gelobt wird. Den Irrungen und Wirrungen des Alltags setzen die Höhner Hoffnungen und Lebenslüste entgegen, die mitreißen und anregen. Fragt man sie, wie sie es schaffen, der Trübsal kontinuierlich Schnippchen zu schlagen, antworten sie mit der philosophischen Weitsicht des amerikanischen Schriftstellers Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um die Sicherheit zu gewinnen, verliert beides.“
Schon ist man mittendrin im System Höhner, das Hannes Schöner, der lange Blonde am Bass, als „gruppendynamisches Langzeitexperiment“ bezeichnet. Von prätentiöser Coolness haben diese sechs Typen nie viel gehalten. Erlaubt ist im Höhner-Kosmos, was gefällt – und das ist viel. Schenkt man den 14 Songs des neuen Albums „Mach laut!“ die gebührende Aufmerksamkeit, lernt man sechs langjährige Freunde neu lieben und schätzen. Die Musik ist vielfältiger und gleichsam gradliniger geworden. Sie klingt internationaler, aber immer noch definierbar Kölsch. Was sich wie ein Kunststück liest, ist auch eins. „Mach laut!“ lässt sich und seine sechs Namensgeber nicht unterschätzen. Die Grenzen zwischen Höhner-Songformen in satter Hymnenart und Pop sind fließender geworden. Die Band ist auf ihrem neuen Album so hungrig nach neuen musikalischen Abenteuern wie nie zuvor. Den Kreativquell ihres Jungbrunnens haben sich die sechs frischverknallten Musikverrückten selbst geschaffen.
Von einer Auszeit vom alten Höhner-System ist die Rede. „Wir stehen in der Pflicht, uns immer wieder neue erfinden zu wollen“, beschreibt Keyboarder und Höhner-Mitbegründer Peter Werner die Dynamik, aus der „Mach laut!“ schöpft. Man könnte es auch so sagen: Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden. Oder so: Stillstand ist Rückschritt. Dem Fortschritt und der Pop-Moderne zugewandt, vollzog die Band einen Szenenwechsel. Der Umzug in eine neue musikalische Nachbarschaft hat das neue Höhner-Album „Mach laut!“ geprägt. Zwei mal drei Tage lang kostete die Band im letzten Jahr ein Experiment aus, das sich „Writer’s Camp“ nennt, was sinngemäß soviel wie Ideenschmiede bedeutet. In einem Hinterhof in Berlin-Kreuzberg spielten sie sich Kreative Bälle zu. Es wurde gesungen, gedacht, gelacht und Musik gemacht. Aus Spaß, aus Lust und aus dem Wunsch heraus, im Zuge des gegenseitigen Beschnupperns Neues entstehen zu lassen. Es wimmelte vor bekannten Gesichtern: Ex-Lemonbabie und Die Ärzte-Gastsängerin
Diane Weigmann, Unheilig-Co-Produzent Kiko Masbaum und ein gutes Dutzend weiterer Modernisten waren am Musikwerden von „Mach laut!“ beteiligt. Mittendrin: Janus Fröhlich, Henning Krautmacher, John Parsons, Hannes Schöner, Jens Streifling und Peter Werner. Von morgens 11 Uhr bis zur allabendlichen „Abhöre“ um 21 Uhr entstanden in Rekordzeit neue Höhner-Songs.
Es war wie ein Wettbewerb. Zweierteams schrieben Lieder, die das Spontane regierte. Jedem Team gehörte ein Bandmitglied an, womit sichergestellt war, dass der Höhner-Spirit erhalten blieb, aber erweitert wurde. Die „Echte kölsche Band“ öffnete sich der Welt und durfte im Gegenzug das Energetikum „Mach laut!“ bei ihrem neuen Produzenten Thorsten Brötzmann (Unheilig, Carpendale, Motörhead) zum Feintuning abliefern. Viele Momente des neuen Albums wurden mit dem Herzen festgehalten: „Kinder der Sterne“, „Bliev he als Fründ“, „Lass alle Fahnen für Dich wehen“. Andere Songs erzählen vom freiheitlichen Selbstverständnis der Band, die in Berlin, Hamburg und München längst als gesamtdeutsches Phänomen umarmt wird. Da tanzt „Der Opportunist“ völlig selbstverständlich in Dancehall-Taktung und für das Brass-gestärkte „Do musste durch“ ließ der Geist von Springsteen ein schweißdurchtränktes Handtuch im Höhner-Studio liegen. Weiße Westen, millionenschwere Fußballer-Transfers und die allgegenwärtige Nervensäge Navi bekommen in „Nemm’se mich, ich bin das kleinere Übel“ ihr Fett weg.
Erfrischend unangestrengt verdichtet sich das Höhner-Wesen in „Das geht nie vorbei“ und der ersten Single-Auskopplung „Steh auf, mach laut!“. Wo immer gefeiert wird, sind die Höhner dabei. Es ist die Lust, lieber vor 50.000 Zuschauern als vor 300 aufzutreten und die unnachahmliche Fähigkeit, mehrere Zehntausend Kehlen zum Mitsingen zu bewegen, die das Kölner Six-Pack zur „Event-Band“ schlechthin machen. Weniger aus Kalkül, sondern viel mehr aus Spaß am Miteinander galoppiert ein sicherer Hit zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 dem Großereignis vorweg: „Denn dafür leben wir“. Das Beschleunigen von Null auf Hundert ist das Lebenselixier der Höhner, die für das Anstiften zum großartigen Wir-Gefühl das perfekte Motto liefern: „Mach laut!“.