James Carter | News | Himmlischer Höllenritt

James Carter iPad c Jimmy Katz
James Carter iPad c Jimmy Katz© Jimmy Katz

Himmlischer Höllenritt

24.11.2011
„Wir suchen es uns nicht aus, Künstler zu werden. Die Kunst sucht sich uns aus.“ James Carter ist nicht nur ein moderner Traditionalist, sondern auch ein religiöser. Besonders sonntags, beim Frühstück in der Domstadt Köln.

Text: Götz Bühler | Bild: Jimmy Katz
Mit Hip-Hop-Haartuch und im seidigen Trainingsanzug schwärmt der hünenhafte Saxophonist aus Detroit kurz darauf von Idolen, die seine Schicksalstheorie bestätigen: etwa Duke Ellington, Soul-Jazz-Organist Brother Jack McDuff oder Avantgardisten wie Julius Hemphill und Ronald Shannon Jackson. „Alles hängt zusammen“, meint der 42-jährige. „Nimm nur Blues und Gospel. Die beiden trennt nur ein schmaler Grat – und wir balancieren täglich darauf. (Die Gospel-Ode) „Come Sunday“ von Ellington habe ich zum ersten Mal von Anthony Braxton gehört. Das sagt doch eigentlich schon alles.

“Ursprünglich wollte Carter das neue Album seines seit zehn Jahren bestehenden Orgel-Trios „It’s All Good News To Me“ nennen. Weil das Trio im Februar 2011 in den New Yorker Avatar Studios unter der Produktionsleitung von Veteran Michael Cuscuna allerdings mehr Blues als Gospel einspielte (übrigens oft aus den Federn der oben erwähnten Herren), trägt es jetzt den Titel „At The Crossroads“. Es ist der Kreuzung gewidmet, an der sich Bluesmusiker entweder für eine teuflische Karriere oder ein braves Leben im Namen des Herrn entschieden. „Der Blues war immer auch ein klangliches Heilmittel“, meint Carter. „Ja, es geht dabei um Probleme. Aber am Ende steht immer eine Lösung. Das war schon früher so.“ Den Beweis singt er gleich: „If you don’t love me/ I know your sister will.“ Diese Lösung im Blues sei auch wegen der erdigen und ehrlichen musikalischen Begleitung eindringlicher als jede Predigt. Gemeinsam mit Leonard King, Jr. am Schlagzeug und dem einstigen „Groove-Holmes-Protegé“ Gerard Gibbs an der Hammond B−3, sowie Gästen wie dem Gitarristen Bruce Edwards oder der Sängerin Miche Braden, modernisiert Carter auf seinem gut gelaunten neuen Album die Traditionen des „Orgel-Jazz“ der Sechziger.

„Diese Musik wirkt auf mich schon deshalb so angenehm, weil es der Sound unserer Familien-Barbecues war“, meint er. „Wir wollen das jetzt natürlich einen Schritt weiterbringen. Die Orgel hat diese enorme Kraft, die alles überschwemmen kann. Aber sie kann auch sehr subtil und intim klingen. Daran wollen wir auch noch während der nächsten zehn Jahre weiterarbeiten.“

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