Auf dem ersten Album, das er unter eigenem Namen veröffentlicht, demonstriert der Trompeter Mathias Eick all die Qualitäten, die ihn in den letzten zehn Jahren zu einem der Musiker gemacht haben, mit denen im europäischen Jazzumfeld in Zukunft stärker zu rechnen sein wird. “The Door” zeichnet sich durch geschwungenen Lyrizismus und klar abgegrenzte Melodien sowie einen ausgeprägten Sinn für weite Räume in den Kompositionen aus, aber auch durch schneidige, erregende und offene Improvisationen. Nach den primären Einflüssen auf seine stilistische Evolution als Solist befragt, zitiert der 28jährige Norweger Miles Davis, Clifford Brown, Kenny Wheeler, Tomasz Stanko, Arve Henriksen und Nils Petter Molvær. Doch “The Door” (im September 2007 in den Osloer Studios von Rainbow und Cabin Recorders aufgenommen) ist ein mehr als deutlicher Beleg dafür, daß Mathias Eick seine charakteristische und leicht identifizierbare eigene Stimme bereits gefunden hat. Eicks raumgreifende Stücke gewähren Jon Balke große Freiheit. Der findige Pianist, der sich stets abseits ausgetretener Pfade bewegt, ist auf diesem Album omnipräsent.
Balke, der hier die für ihn seltene Rolle des Begleiters spielt, erledigt seine Aufgabe mit solcher Bravour, daß es ein absolutes Vergnügen ist, ihm auf “The Door” zuzuhören. Bei Präsentationen seiner eigenen Musik (insbesondere mit dem Magnetic North Orchestra) erwies sich Balke als Orchestrier par excellence. Hier fungiert er nun sehr wirkungsvoll als Ad-hoc-Arrangeur. Ständig erschließt er in Eicks markigen Balladen und Mid-Tempo-Stücke frische Perspektiven.
Auch Schlagzeuger Audun Kleive ist in ECM-Kreisen kein Unbekannter. Er war Mitglied in Terje Rypdals Band The Chasers und diversen Ensembles von Jan Bang (Oslo 13 & Magnetic Northern Orchestra), spielte auf Europa-Tourneen im Quartett des Saxophonisten Charles Lloyd und arbeitete oft mit der Perkussionistin Marilyn Mazur zusammen. Hier bildet er mit dem Bassisten Audun Erlien das Rhythmustandem, das die Musik mit pulsierenden Grooves vorantreibt. Beide spielten auch schon mit dem Trompeter Nils Petter Molvær: Erlien auf dem ECM-Album “Solid Ether” und Kleive zuletzt bei Konzerten.
Gastkünstler Stian Carstensen, der in drei Stücken (“Cologne Blues”, “October” und “December”) zu hören ist, spielte auf Trygve Seims ECM-Album “Different Rivers” Akkordeon. Diesmal tritt er als Pedal-Steel-Gitarrist in Erscheinung. Das Instrument wirkt im Jazzkontext – trotz der beeindruckenden Pionierarbeit des Amerikaners Greg Leisz in den letzten Jahren – immer noch wie ein Exot.
Mathias Eick arbeitete im Laufe seiner noch jungen Karriere schon mit Musikern verschiedenster stilistischer Ausrichtungen zusammen: etwa mit Chick Corea, dem Trondheim Jazz Orchestra und der norwegischen Psychedelic-Rock-Band Motorpsycho. Eines seiner Hauptprojekte war in den letzten rund zehn Jahren die Zusammenarbeit mit der Band Jaga Jazzist, die Jazz mit progressivem Rock kombiniert: als Multiinstrumentalist prägte er den Sound der Gruppe wesentlich mit. Auch auf “The Door” ist Eick nicht nur mit seinem Hauptinstrument – der Trompete – zu hören, sondern auch als Gitarrist und Vibraphonist. Er spielt, wie er gerne sagt, was die Musik verlangt.
Eick trat bislang auf vier ECM-Alben in Erscheinungen: auf “Evening Falls” und “Sideways”, zwei Einspielungen des norwegisch-amerikanischen Gitarristen Jacob Young, Iro Haarlas “Northbound” sowie Manu Katchés zweitem Geniestreich “Playground”. Zur Band des französisch-afrikanischen Schlagzeugers stieß Mathias Eick erst letztes Jahr, um dort den großartigen Tomasz Stanko zu ersetzen. Dieses Jahr wird er Katché auch auf seiner ausgedehnten Europatournee begleiten. Auf dem Programm stehen über 70 Auftritte!