Man darf
Pierre-Laurent Aimard als einen der leidenschaftlichsten
Fürsprecher und Kritiker der Musik Franz Liszts bezeichnen. Im aktuellen Liszt-Jahr zeigt sich der französische Pianist – ähnlich seinem langjährigen Freund und Kollegen
Alfred Brendel – unermüdlich in dem Bestreben, sich mit dem Werk und Wirken des “Salonlöwen” Franz Liszt auseinander zu setzen. Und offenbar hat er mit seinem jüngst erschienen Doppel-Album
“The Liszt Project“, auf dem er ausgewählte Klavierwerke Franz Liszts mit Werken von Zeitgenossen und Komponisten der jungen Moderne kombiniert, den Nerv der Zeit getroffen. Seine lustvolle Art, verborgene Zusammenhänge aufzuzeigen und Querverweise herzustellen, entspricht dem entdeckungsfreudigen und in Bezug auf die Überschreitung von Genregrenzen unerschrockenen
Geist der iPod-Generation.
Pierre-Laurent Aimard in der Yellow Lounge Der Andrang der Besucher der
Yellow Lounge mit
Pierre-Laurent Aimard im Berghain am vergangenen Montagabend war dann auch so groß, wie sonst nur samstagnachts, wenn Partygäste aus ganz Europa stundenlang Schlange stehen und Einlass in den weltberühmten Club begehren. Dass sich am Wochenanfang zu später Stunde eine derart große Menschenmenge in Bewegung setzt, um eine klassische Live-Performance aus Anlass des
200. Geburtstags von Franz Liszt zu besuchen, belegt auch eindrucksvoll, dass die
Yellow Lounge längst kein Geheimtipp mehr ist, sondern eines der angesagtesten Ereignisse, die das überreiche Nachtleben der Stadt zu bieten hat.
Und Pierre-Laurent Aimard hat sich im Berghain als idealer Künstler für das Konzept
“Klassik im Club“ erwiesen. Ganz offensichtlich hatte sich der französische Pianist gut auf den Abend und den besonderen Rahmen der Yellow Lounge vorbereitet. In gelöstem, doch mitreißendem Ton erklärte Aimard im ersten Teil seines Programms anhand ausgewählter Passagen, wie stark Elemente im Klavierwerk von
Franz Liszt nachfolgende Komponisten wie Bartók und Stroppa beeinflusst haben. Der zweite Teil gehörte dann ganz der Musik: Die von Aimard gespielten
Klavierwerke Ravels (“Jeux d’eau”) und
Messiaens (Catalogue d’oiseaux, “Le Traquet stapazin”) sowie
Liszts (Années de pèlerinage: 1e année: Suisse, 6. Vallée d’Obermann) sind Werke von einzigartiger Schönheit, die er für sich selbst hat sprechen bzw. klingen lassen. Schließlich bedankte sich der Pianist beim sichtlich bewegten Club-Publikum, das seine Begeisterung mit Händen und Füßen lautstark kundtat, für die außerordentliche
Aufmerksamkeit und Konzentration, die manch konventionelles Konzertpublikum vermissen lasse.
Aimard im Konzert auf Arte Am
30.10.2011 um 19:15 Uhr strahlt Arte im Rahmen des Programm-Schwerpunkts
“Hommage an Franz Liszt” ein Konzert aus, das Pierre-Laurent Aimard beim Klavier-Festival Ruhr 2011 gab; eine gute Gelegenheit für all jene, die den Ausnahmepianisten und sein aktuelles Liszt-Programm nicht live auf der Bühne erleben können.