Roy Hargrove | Musik | Emergence

Emergence: Hargrove,Roy Big Band
Emergence
14. August 2009
Roy Hargrove

Streamen und Downloaden

Hier bestellen

Produktinformation

Musiker: Roy Hargrove – trumpet & flugelhorn / Frank Greene, Greg Gisbert, Darren Barrett & Ambrose Akinmisure – trumpets / Jason Jackson, Vincent Chandler & Saunders Sermons – trombones / Max Seigel – bass trombone / Bruce Williams & Justin Robinson – alto saxes & flutes / Norbert Stachel & Keith Loftis – tenor saxes & flutes / Jason Marshall – baritone sax & flute / Gerald Clayton – piano / Saul Rubin – guitar / Danton Boller – bass / Montez Coleman – drums / Roland Guerrero – percussion
Special Guest: Roberta Gambarini – vocals on “Everytime We Say Goodbye” & “La Puerta”
Songs: Velera / Ms. Garvey, Ms. Garvey / My Funny Valentine / Mambo For Roy / Requiem / September In The Rain / Everytime We Say Goodbye / La Puerta / Roy Allan / Tschpiso / Trust
Man muß sich schon fragen, was das wohl für ein Musiker ist, der in Zeiten einer fast alle Wirtschaftssektoren erfassenden weltweiten Krise den Nerv hat, eine 19köpfige Bigband zusammenzustellen, um mit ihr ins Aufnahmestudio und auf Tournee zu gehen. Der Musiker, der hier offenbar leichtfertig Kopf und Kragen riskiert, hört auf den Namen Roy Hargrove und legt mit “Emergence” nun seine erstes wirkliches Bigband-Album vor. “Vom finanziellen Standpunkt aus gesehen ist das zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich das Schlimmste, was ich machen kann”, gesteht Hargrove freimütig. “Aber es ist einfach etwas, das ich aus spirituellen und musikalischen Gründen machen muß.”
Zuletzt hatte Hargrove 2008 das  Quintett-Album “Earfood” herausgebracht, das zum Jahresende in Dutzenden von Top−10-Listen internationaler Jazzkritiker auftauchte. Bei der Aufnahme von “Emergence” folgte der Trompeter nicht irgendeinem verrückten Impuls, sondern erfüllte sich einen lange gehegten Wunsch. Der gebürtige Texaner stellte die erste Inkarnation seiner Bigband in den frühen 90er Jahren für einen Auftritt bei einem New Yorker Jazzfestival zusammen. Ein paar Jahre später trat er mit dieser Großformation etwas häufiger auf. Regelmäßige Buchungen in der Jazz Gallery, einem nichtkommerziellen Veranstaltungsort in Manhattan, gaben Hargrove Gelegenheit, das Konzept feinzutunen. “Die Jazz Gallery ist ein Ort für aufstrebende, junge Künstler”, sagt Roy Hargrove. “Ich bin oft dort, um an Jamsessions teilzunehmen und bei diesen Jungs einzusteigen. Mir scheint, die junge Generation hat nicht sehr viel Erfahrung darin, wie man im Satz und in einer Bigband spielt. Insofern wird den jüngeren Musikern dort ein Sinn für eine Kameradschaft vermittelt, wie man sie heute im Jazz ansonsten kaum noch antrifft.”Die elf Stücke von “Emergence” dokumentieren den derzeitigen Evolutionsstand von Roy Hargroves Bigband. Besetzt hat der Leader, der selbst an Trompete und Flügelhorn zu hören ist, das Orchester mit den Trompetern Frank Greene, Greg Gisbert, Darren Barrett und Ambrose Akinmisure, den Posaunisten Jason Jackson, Vincent Chandler und Saunders Sermons, Baßposaunist Max Seigel, den Altsaxophonisten/Flötisten Bruce Williams und Justin Robinson, den Tenorsaxophoisten/Flötisten Norbert Stachel und Keith Loftis, Baritonsaxophonist/Flötist Jason Marshall, Pianist Gerald Clayton, Gitarrist Saul Rubin, Bassist Danton Boller, Schlagzeuger Montez Coleman und Perkussionist Roland Guerrero. Die Gastvokalistin Roberta Gambarini versprüht ihren Charme in zwei Stücken. “Emergence” wurde von Hargrove gemeinsam mit seinem Manager Larry Clothier produziert und von dem mehrfachen Grammy-Gewinner Al Schmitt in den legendären Capitol Studios in Hollywood aufgenommen und abgemischt.Seit Roy Hargrove Ende der 80er Jahre seine Solokarriere begann, trat er schon mit diversen Formationen in sehr unterschiedlichen musikalischen Kontexten in Erscheinung: Mit seinem Quintett spielte er Mainstream-Jazz und Hard-Bop, mit der Band Crisol, mit der er 1997 für das Album “Habana” einen Grammy erhielt, afrokubanische Musik und mit dem Projekt RH Factor, in das sich u.a. NuSoul- und HipHop-Superstars wie Erykah Badu, Common und D’Angelo einbrachten, beackerte er in faszinierende Weise das weite Feld zwischen Funk, Soul, Rhythm’n’Blues, HipHop und Jazz. Nun möchte er mit seiner Bigband an einige seiner musikalischen Vorbilder erinnern, an Bandleader wie Dizzy Gillespie, Count Basie, Duke Ellington, Maynard Ferguson und Gerald Wilson. “Die kleineren Ensembles sind im Jazz schon so lange tonangebend, daß die Leute darüber vergessen haben, daß diese einst aus den Bigbands hervorgegangen sind”, meint Hargrove, der seine eigene Bigband schon in der Hollywood Bowl und beim SummerStage-Festival im New Yorker Central Park vor großem Publikum präsentieren konnte.
Das Repertoire für die Bigband stellte Hargrove aus Eigenkompositionen und Standards zusammen, wobei er auf eine ausgewogene Mischung aus Balladen, Swing-Nummern, Latin-Titeln und Tin-Pan-Alley-Schlagern setzte. Den Auftakt macht er mit der selbstgeschriebenen majestätischen Ballade “Velera” (der Titel ist der Mittelname von Roys Mutter), die er erstmals 1995 auf seinem Album “Family” vorstellte. Dann folgt mit “Ms. Garvey, Ms. Garvey” ein Stück, das von Bandmitglied Jason Marshall geschrieben wurde. “Ich sagte den Musikern: ‘Wenn einer von euch etwas für eine Bigband auf Lager hat, nur her damit’”, erzählt Hargrove. “Und Jason legte mir diese Nummer vor. Ich mag sie, weil es ein Blues ist. Ich mag diesen Shuffle-Rhythmus. Ich bin schließlich Texaner.”
Hargrove kam 1969 im texanischen Waco zur Welt und besuchte die Booker T. Washington High School (eine Schule für Darstellende Kunst), an der er sich intensiv mit der Spieltechnik von Trompetengrößen wie Clifford Brown, Freddie Hubbard, Miles Davis und Lee Morgan beschäftigte. Als Wynton Marsalis der Schule einen Besuch abstattete, lud er den jungen Roy ein, mit seiner Band zu spielen und ermunterte ihn anschließend dazu, die professionelle Musikerlaufbahn einzuschlagen. Ein paar Jahre später (und nach einem kurzen “Zwischenspiel” am Berklee College of Music in Boston) landete Hargrove in New York, wo er zunächst noch ein wenig an der The New School for Jazz and Contemporary Music studierte und dann seine Solokarriere startete.
Mit dem Quintett-Album “Diamond In The Rough” debütierte Roy Hargrove 1990 bei Novus Records. Nach vier weiteren Alben für Novus wechselte er 1993 zum Verve-Label, für das als erstes das von der Kritik gefeierte Album “Roy Hargrove With The Tenors Of Our Time” einspielte. Zu dem damals 24jährigen Trompeter und seinem regulären Quintett stießen fünf erstklassige Tenorsaxophonisten als Gäste: Johnny Griffin, Joe Henderson, Branford Marsalis, Joshua Redman und Stanley Turrentine.Eine Reihe von Jazzlegenden begleitete Hargrove 1995 bei der Aufnahme seines zweiten Verve-Album “Family”: darunter Tenorsaxophonist David “Fathead” Newman, Pianist John Hicks, Schlagzeuger Jimmy Cobb, Bassist Walter Booker und Trompeter Wynton Marsalis. Noch im selben Jahr nahm er im Trio mit Pianist Stephen Scott und Bassist Christian McBride die außergewöhnliche Charlie-Parker-Hommage “Parker’s Mood” auf. Seinen ersten Grammy erhielt er 1997 für das Album “Habana”, den zweiten 2002 für das gemeinsam mit Herbie Hancock und Michael Brecker aufgenommene Album “Directions In Music”.Bei jedem seiner Projekte bringt sich Roy Hargrove mit Leib und Seele ein. Er ist ein unermüdlicher Sucher, der sich gleichermaßen mit der Musik der Vergangenheit als auch mit der Musik der Zukunft auseinandersetzt. Der erste der drei Standards von “Emergence” ist der Klassiker “My Funny Valentine” von Richard Rodgers und Lorenz Hart. Das Arrangement schrieb in diesem Fall der Baßposaunist Max Seigel. “Er überraschte mich damit vor ein paar Jahren am Valentinstag”, erinnert sich Hargrove. “Es ist ein wirklich gutes Arrangement. Und als wir es aufnahmen, klang es so wunderbar, daß mir gleich klar war, daß es auf das Album gehörte.”“Mambo For Roy” ist eine neu arrangierte Version des von dem kubanischen Pianisten Chucho Valdés (Irakere) geschriebenen Stücks, das zum “Habana”-Repertoire von Roys afrokubanischer Band Crisol gehörte. Eine unbestreitbares Highlight ist auch das über 13minütige, epische “Requiem”, das aus der Feder des texanischen Posaunisten Frank Lacy stammt, der ganz am Anfang zum Zirkel von Hargroves Bigband gehörte. “Dieses Lied ist so etwas wie der Erkennungssong der Band”, erläutert Hargrove. “Das Arrangement erinnert mich an die alten Schul-Marching-Bands, mit denen ich groß wurde.” “September In The Rain”, eine 1937 von Harry Warren und Al Dubin geschriebene Nummer, wurde von dem Bandleader, der hier gegen Ende mit einer höchst seltenen Gesangseinlage zu hören ist, mit etwas mehr Tempo versehen. “Das Lied ist, seit ich es das erste Mal von Sarah Vaughan hörte, eines meiner Lieblingsstücke”, meint der Trompeter. “Es hat eine großartige Melodie. Ich lernte irgendwann den Text auswendig und sang es einmal aus einer Laune heraus bei einem Auftritt. Und seitdem bitten mich die Leute immer wieder, es zu singen.”
Der dritte und letzte Standard des Albums ist Cole Porters “Everytime We Say Goodbye”, eine unter die Haut gehende Ballade. Als Gast präsentiert Hargrove hier seine Label-Kollegin Roberta Gambarini, die von der Jazz Journalists Association gerade für die Wahl zur “Jazzsängerin des Jahres” nominiert wurde. “Allein Coltrane nahm drei atemberaubende Versionen von diesem Stück auf”, sagt Hargrove. “Und dann gibt es von diesem Song noch unzählige fantastische Gesangsinterpretationen – der Text ist ungeheuer poetisch. Ich selbst habe das Stück auch sehr oft gespielt, deshalb bat ich meinen Gitarristen Saul Rubin es für Roberta zu arrangieren.” Die sprachgewandte Italienerin ist noch mit einer zweiten Nummer in spanischer Sprache zu hören: mit Luís Demetrios “La Puerta”, einem Song, den Hargrove auf einer Tournee durch Kuba entdeckte. “Ich spielte dort mit Chucho Valdés, und in dem Hotel, in dem ich untergebracht war, wurde eines Abends eine Hochzeit gefeiert. Ein Trio spielte dieses Lied, das einfach eine sehr eingängige, wunderbare Melodie hat. Wie ich dann hinterher erfuhr, geht es in diesem Lied um einen Typen, der sich von seiner Frau trennt und ihr sagt: ‘Ich bin froh, daß du jetzt weg bist.’”
“Emergence” klingt mit drei Kompositionen von Roy Hargrove aus. “Roy Allan”, ein weiteres Stück vom “Family”-Album, wurde nach Hargroves Vater benannt und basiert auf 70er-Jahre-Soul-Vibes, zu denen der Komponist durch Isaac Hayes und die so genannten Blaxploitation-Filme jener Jahre inspiriert wurde. Das unbekümmerte, tastende “Tschpiso” wurde von dem Pianisten Gerald Clayton arrangiert, der auch gerade zum Kreis von Hargroves Label-Kollegen gestoßen ist (sein Album “Two-Shade” erscheint in Kürze bei EmArcy). “Trust” ist schließlich das Remake einer Gospel-Nummer, die Hargrove erstmals 2006 auf seinem Album “Nothing Serious” präsentierte.“Dem Zufall blieb kaum etwas überlassen”, meint Hargrove angesichts der bis ins Detail durcharrangierten Darbietungen von “Emergence”. Ein paar offene Türen hat er sich und seinen Musikern aber doch gelassen. “Wenn ich ins Studio gehe und eine plötzliche inspirierende Eingebung habe, dann ändere ich in diesem Moment gerne auch gewisse Teile der Musik”, räumt der Trompeter ein. “Ich versuche bloß Musik zu machen, die einem beim Spielen und Hören Freude bereitet. Es geht einfach nichts über das Gefühl, das einen erfaßt, wenn man seine Kompositionen und Arrangements von einer ‘Wall of Sound’ gespielt hört.”
Veröffentlichung
14.8.2009
Format
CD
Label
Emarcy
Bestellnummer
00602527079240

Weitere Musik von Roy Hargrove

Mehr von Roy Hargrove