Rudolf Buchbinder | News | Booklettext: Rudolf Buchbinder - Beethoven Complete Piano Sonatas - 3.9.2021 (VÖ) (DE/EN)

Rudolf Buchbinder
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Booklettext: Rudolf Buchbinder – Beethoven Complete Piano Sonatas – 3.9.2021 (VÖ) (DE/EN)

09.08.2021
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Wie in der ganzen großen Schöpfung:
Ludwig van Beethovens Klaviersonaten
Wenn sich der junge, stolze Ludwig van Beethoven erweichen ließ, im noblen Kreis der Förderer und Gönner das Klavier zu spielen, rangen seine hochadeligen Verehrer alsbald um Fassung. Sie waren gerührt, nein erschüttert von seiner unvergleichlichen Kunst; einige verfielen sogar, wie es heißt, in Weinkrämpfe und unziemliches Schluchzen. Beethoven brach seinen Vortrag ab, lachte sie aus, seine tränenseligen Hörer, und warf ihnen an den Kopf, dass sie allesamt Narren und verwöhnte Kinder seien. Widerwillig nur ließ er sich auf die in den Wiener Salons so beliebten Zweikämpfe zwischen namhaften Tastenvirtuosen ein. Als Protegé des Fürsten Lichnowsky musste er sich einmal mit Joseph Gelinek, dem Hauspianisten des Grafen Kinsky, duellieren. Der Sieg war sein – der Unterlegene gestand freimütig die vernichtende Niederlage ein. „In dem jungen Menschen steckt der Satan“, sprach Gelinek mit banger Bewunderung. „Nie hab’ ich so spielen gehört! Er fantasierte auf ein von mir gegebenes Thema, wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe. Dann spielte er eigene Compositionen, die im höchsten Grade wunderbar und großartig sind, und er bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und Effecte hervor, von denen wir uns nie haben etwas träumen lassen.“
„Compositionen“ – wie die drei Klaviersonaten op. 2, die Beethoven seinem Lehrer Joseph Haydn widmete und in dessen Gegenwart im September 1795 bei den Lichnowskys vorstellte. Doch blieben sie nicht exklusiv auf das Auditorium der Aristokraten beschränkt, da Beethoven die Trois Sonates Pour le Clavecin ou Piano-Forte wenige Monate später im Wiener Verlagshaus Artaria drucken ließ. Längst hatte sich in den europäischen Metropolen und Residenzen, in den Handels- und Messestädten (und gewiss auch in manchem Pfarrhaus oder Lehrerdomizil im stillen Winkel) eine kulturbeflissene Öffentlichkeit ausgebildet. Allein in Wien lebten damals um die 6000 Amateurpianisten und mehr als 300 Klavierlehrer, die für ihre Lektionen und Mußestunden auf neue Literatur erpicht waren. Aber selbst wenn diese Liebhaber – denn nichts anderes bedeutet das Wort „Amateur“ – über beträchtliche Fingerfertigkeiten verfügten: Spätestens bei der C-Dur-Sonate op. 2 Nr. 3 mag man sich kaum vorstellen, wer unter ihnen sie Beethoven nachspielen wollte oder sollte. Anders als in den beiden disziplinierteren „Schwesterwerken“, mit denen sie die Opuszahl teilt, hat sich Beethoven in dieser Sonate nach Herzenslust „gehen lassen“. Im Abstand der Jahre allerdings glaubte er sich von frühen Geniestreichen wie der C-Dur-Sonate distanzieren zu müssen. Er fragte sich, ob er nicht „toll“ gewesen sei, „in ein einziges Stück zu bringen, was dazu hinreichte, zwanzig Stücke zu componiren“.
„Grande Sonate“: so lautet der Titel der Klaviersonate Es-Dur op. 7 in der Wiener Erstausgabe von 1797. Und als groß erweist sich dieses Werk allein schon in der zählbaren Ausdehnung der vier Sätze: Vor der „Hammerklavier-Sonata“ op. 106 sollte Beethoven keine zweite Sonate mehr von derartiger Länge, Taktzahl und Spieldauer komponieren. Die wahre Größe aber entzieht sich – wie schlechthin bei Menschen und Menschenwerk – der Vermessung, sie zeigt sich vielmehr in jenem „mächtigen Zauber“, dem „Kreis der magischen Erscheinungen“, den Beethovens Zeitgenosse E. T. A. Hoffmann an den „Flügel-Kompositionen des Meisters“ ehrfürchtig bestaunte. Für das wunderbar anmutige, teils auch ironisch verspielte Rondo- Finale der Es-Dur-Sonate erdachte Beethoven ein heftig kontrastierendes Couplet, das zweite, mittlere von dreien, das als eine Art c-Moll-Toccata den musikalischen Frieden durchbricht – und das seine Existenz ganz unverkennbar der lebendigen Erinnerung an das Präludium gleicher Tonart aus dem Wohltemperierten Klavier I von Johann Sebastian Bach verdankt. Mit dem charakteristischen Unterschied allerdings, dass Beethoven das rasante Figurenwerk von Sechzehnteln (bei Bach) zu Zweiunddreißigsteln beschleunigte und mit wuchtigen Akkordschlägen, widerborstigen Sforzati und Gegenakzenten grell beleuchtete.
Auf Bachs Spuren – wandelte zumindest der Pianist Edwin Fischer, als er Beethovens c-Moll- Sonate op. 10 Nr. 1 ergründete. Das Adagio molto oder dessen „zweiter Hauptgedanke“, um genau zu sein, erinnerte ihn mit seinen barocken Tiraden, den pfeilschnell durch die Oktaven schießenden Verzierungsnoten, an die einleitende Toccata aus Bachs Partita in e-Moll BWV 830. Ob Zufall, Zitat oder unbewusste Reminiszenz, Beethoven lässt diesen signalhaft kontrastierenden „Gedanken“ zweimal mit der grundlegenden As-Dur-Thematik des Adagio abwechseln. Und die wiederum fällt durch einen ganz eigenen, kantablen, ruhe- und weihevollen, beinah sakralen „Ton“ auf und wurde nicht von ungefähr nach Beethovens Tod als Agnus Dei für Chor a cappella bearbeitet und obendrein für die Orgel gesetzt.
Die Klaviersonate in F-Dur hingegen, die als zweite 1798 in Wien unter der gemeinsamen Opuszahl 10 erschien, lebt ganz aus dem buffonesken Spiel mit Regelverstößen, getäuschten Erwartungen, frappierenden Pointen, der beinah subversiven Lust am Deplatzierten und Unpassenden, wenn etwa das Finale mit einer verqueren Mixtur aus Fuge, Etüde, Scherzo und Chasse loslegt und obendrein wie eine Parodie auf Mozarts Zauberflöten-Ouvertüre klingt. Die dritte aber, in D-Dur, beginnt zwar mit einem Presto, das Dialog und Wechselspiel als kommunikative Lebensprinzipien zu loben weiß, doch schlägt der nachfolgende d-Moll-Satz in das genaueste Gegenteil um: Monolog, Enge, Einsamkeit, Ausweglosigkeit, ein lebensfeindlicher Zustand. „Largo e mesto“ überschrieb Beethoven diesen Satz („mesto“ heißt „traurig“), aber nicht der Titel war einzigartig und ohne Beispiel, sondern die Radikalität, mit der hier die schwarzgallige Krankheit, die pathologische Gemütsverfinsterung ausgestellt wird – bis zur bitteren Neige. Beethoven wollte erklärtermaßen die Seele des Melancholikers ergründen, „mit allen den verschiedenen Nuancen von Licht und Schatten“.
1799 komponierte Beethoven die Grande Sonate pathétique in c-Moll op. 13, die nicht ihrem Umfang (drei konzentrierte Sätze), wohl aber ihrem Anspruch nach mit den „großen“ Gattungen der Musikgeschichte konkurriert, mit der Oper, der Messe, der Symphonie. Die musikalischen Kennzeichen des „genre pathétique“ finden sich allenthalben in dieser Sonate: die Wahl der Tonarten, c-Moll, es-Moll, der „Gräberton“ As-Dur und as-Moll; orchestrale und theatralische Klangeffekte, dramatische dynamische Kontraste; weite, rasant durchmessene Tonräume; Seufzermotive, Klagegesten, stilisierte Schmerzensrufe; und überdies Anklänge an Kirchengesang und Orgelchoral im Adagio, dessen dunkle Gravitation wie ein Abstieg in Katakomben anmutet.
Als angeblich leicht und lieblich wird Beethovens E-Dur-Sonate op. 14 Nr. 1 von 1798 den Anfängern ans Herz und aufs Pult gelegt: zum Einstieg und Eintritt in die höhere Sphäre der Klaviermusik. Alles liegt offen zutage in den drei durchweg raschen Sätzen, wie am hellen Mittag. Ja, diese Schule sollte man, möchte man durchlaufen, um einen grundlegenden, unverfälschten Begriff von der Musik zu erhalten: einer Musik, die nicht als Medium fungiert, die überhaupt keinen Absichten dient, und seien es die besten und höchsten, sondern ganz allein sich selbst genügt. Zartsinnig, mit hingetupften, hingehauchten, leicht verschnörkelten Melodiepartikeln, einem Filigran aus Sechzehnteln und Triolen: so hebt die G-Dur-Sonate op. 14 Nr. 2 an. Der leise, lyrische Beethoven für die gedämpfte Teestunde im Salon? Wer diesem Missverständnis erläge, würde spätestens bei der ersten, unerwarteten Forte-Attacke, inmitten der Durchführung zum Kopfsatz, aus sanften Träumen gerissen. Plötzlich zeigt der Komponist ein denkbar anderes Gesicht, als sei alles Vorspiel nichts als Verstellung: Der Wolf legt seinen Schafspelz ab.
Die B-Dur-Sonate op. 22 aus dem Jahr 1800 kündigte Beethoven seinem Verleger mit den Worten an: „Diese Sonate hat sich gewaschen, geliebtester Hr: Bruder“. Auch wenn der junge Komponist seine Lehrmeister nicht verleugnen kann – Joseph Haydn im gewitzten ersten Satz, Antonio Salieri im belcantistischen Adagio –, treibt er doch sein eigenwilliges Spiel, seine „eigensinnige Kunst“, mit dem Reiz der Geschwindigkeit, für die er bewundert wurde. „Sie gehört zu den schwereren Sonaten Beethovens, die eine sehr gewandte und kräftige Hand zu vielen glänzenden Passagen fordern“, warnte der Rezensent der Zeitung für die elegante Welt seine klavierspielenden Leserinnen und Leser.
In Beethovens um die Jahrhundertwende komponierter Sonate op. 26 vertritt eine Marcia funebre sulla morte d’un Eroe (in as-Moll mit der schon für das Auge bedrückenden Vorzeichnung von sieben b) die Stelle des langsamen Satzes, doch bleibt der betrauerte Held ungenannt. Am Ende wurde Beethoven selbst zum Heros seiner Musik, als der Trauermarsch aus op. 26 bei seinem eigenen Begräbnis erklang, am 29. März 1827, von einem Bläserkorps intoniert und nachträglich sogar noch zum Vokalquartett umgedichtet: „Im Lenz, in heitrer Abendstille / Da trugen sie dich hinaus, / Wir folgten schweigend deiner Hülle, / Bis in ihr unerwünschtes Haus.“ Aber nicht bloß die Marcia funebre, auch das einleitende Andante con Variazioni löste sich aus dem Satzzyklus dieser Sonate und inspirierte die Zeitgenossen ebenfalls zu Wort und Gesang. Als Terzett wurde es sangesfreudigen Herren in den Mund gelegt: „Aus dunkelm Laub mit leisem Klingen / erhebt ein Lied zu dir die Schwingen.“
In Beethovens 1801 vollendeter Es-Dur-Sonate op. 27 Nr. 1 gleichen die Gegensätze den zwei Seiten derselben Medaille. Einerseits schaltet und waltet Beethoven wie in einer „freien Fantasie“ mit unvermittelt wechselnden Tempi, Takt- und Tonarten; andererseits ist in dieser Satzfolge nichts aus dem Augenblick geboren oder dem bloßen Zufall überlassen. Die kontrastierenden Partien sind mit kühlem Kopf austariert, durch Querbezüge, Voraussagen und Rückblenden verbunden und somit zu einem Gebäude gefügt, architektonisch durchdacht und planvoll konstruiert. Beethoven versah seine beiden unter der Opuszahl 27 vereinten Klaviersonaten im Titel mit dem warnenden Zusatz „quasi una fantasia“. Über diese Wortwahl ist viel spekuliert worden. Im Fall der cis-Moll-Sonate op. 27 Nr. 2 könnten strenggenommen nur die frei schweifenden Partien und Auflösungstendenzen in der Coda des Finales als fantasieartige Züge nachgewiesen werden. Gleichwohl haben wir es hier mit einer höchst unkonventionellen Komposition zu tun, denn das besagte Presto agitato bildet eine regelrechte Sonatenhauptsatzform aus – mit anderen Worten: Beethoven rückt den Kopfsatz an das Ende der Sonate! Am Beginn aber steht jenes Adagio sostenuto, dessen weltabgewandte, auf dem ruhigen Gleichmaß der fortlaufenden Achteltriolen basierende Atmosphäre bei manchen Hörern unweigerlich Gedanken an stille Mondnächte wachrief – etwa bei dem Berliner Dichter Ludwig Rellstab, der gemeinhin als Urheber des Beinamens „Mondschein-Sonate“ gilt. Beethovens Klaviersonate in D-Dur op. 28 wurde 1805 in einer frühen Londoner Ausgabe – und nicht vom Komponisten! – als „Sonate Pastorale“ angekündigt, eine Bezeichnung, die vielen Kommentatoren mit dem Hinweis auf Orgelpunkte, naturnahe Dreiklangbrechungen und den wiegenden 6/8- Takt im Finale durchaus treffend erschien. Aber vermutlich wäre den meisten die Namensgebung ebenso einleuchtend vorgekommen, wenn der Verleger das Werk als Sonata cantabile, Sonata capricciosa, Sonata notturna oder „La Gondola“ herausgebracht hätte.
Es herrscht allerorten Einigkeit in der Ansicht, dass die 1802 entstandene G-Dur-Sonate op. 31 Nr. 1 mit Humor reich gesegnet und überhaupt Beethovens witzigste Klaviersonate sei: komisch in mehr als einer Hinsicht, doppeldeutig, eigenartig, unheimlich oder, wie ein Rezensent der ersten Stunde bemerkte, „mitunter bisarr“. Das Finale der d-Moll-Sonate wiederum, der zweiten aus op. 31, gleicht einem einzigen, endlosen, Raum und Zeit durchmessenden Arpeggio. Wenn wir Carl Czernys Zeugnis trauen dürfen, kam Beethoven „das Thema zu diesem Tonstücke“ in den Sinn, „als er einst einen Reiter an seinem Fenster vorbeigaloppieren sah. Viele seiner schönsten Werke entstanden durch ähnliche Zufälle. Bei ihm wurde jeder Schall, jede Bewegung Musik und Rhythmus.“ Und falls wir Beethovens Sekretär Anton Schindler glauben wollen, habe der Komponist zum tieferen Verständnis dieser Sonate vorgeschlagen: „Lesen Sie nur Shakespeare’s Sturm.“ So kam die Sonate zu ihrem Beinamen und die Nachwelt zu einer unerschöpflichen hermeneutischen Herausforderung. Was aber, wenn Schindler uns und Czerny sich getäuscht hätte? Wenn die Sonate überhaupt nichts mit Shakespeares Drama zu tun hätte und der Reiter an Beethovens Fenster vorbeigaloppiert wäre, als er bereits einen anderen Satz in Erwägung zog? Gelegentlich wird spekuliert, Czerny habe die Finali verwechselt und seine Anekdote passe eigentlich viel eher zum „Presto con fuoco“ aus der Es-Dur-Sonate op. 31 Nr. 3. Durchaus vorstellbar, obgleich es sich dann wohl um ein rasendes Ross mit peitschendem Eilboten handeln müsste oder am Ende gar um den Feuerreiter?
Die beiden Klaviersonaten op. 49 laden zum Missverständnis ein. Der Titel des Erstdrucks von 1805, Deux Sonates faciles, beugt wohlweislich allzu hohen Erwartungen vor und will zugleich dem Amateur die Sorge vor unlösbaren Schwierigkeiten nehmen. Doch mit der Leichtigkeit des Leichten ist es bekanntlich eine ganz eigene Sache. In der g-Moll-Sonate op. 49 Nr. 1 folgen zwei kurze Sätze aufeinander, ein klassischer Sonatensatz von gemäßigtem Tempo und empfindsamer Natur und ein unkonventionelles Rondo. Die Sonate in G-Dur op. 49 Nr. 2 definiert die „Leichtigkeit“ als Synonym für Klarheit, Licht und Logik, Eingängigkeit und Einheitlichkeit und schreibt die damals noch intakte Tradition fort, mit dem Instrumentalspiel zugleich die elementaren Begriffe des Komponierens zu erlernen. Das Tempo di Menuetto, der zweite Satz, war längst ein Ohrwurm, da sich Beethoven mittlerweile selbst zitiert und das zunächst noch unveröffentlichte Stück in sein höchst populäres Septett op. 20 übernommen hatte.
Beethovens Klaviersonate in C-Dur op. 53, mit einer Widmung an den Grafen von Waldstein erschienen im Jahr 1805, ruft unweigerlich Gedanken an die Natur hervor, an Landschaften, Täler und Gebirge, an Licht und Schatten, an Wald und Stein. Wobei niemand bestreitet, dass dieses Naturidyll ein erhebliches Maß an Technik verlangt und voraussetzt. Denn Beethovens C-Dur-Sonate hat das Klavier selbst zum Thema: das Klavier und – die Claviere, die zu Beethovens Lebzeiten einen rapiden Wandel unter allen Aspekten des Instrumentenbaus, der Mechanik, der Tastatur, des Anschlags und der Besaitung durchliefen. Von dieser Geschichte erzählt auch die „Waldstein-Sonate“, in der gleichzeitig verschiedene Stadien, Ideen und Ideale des Klavierspiels präsent sind: die graphische Klarheit, Trennschärfe und figurative Quirligkeit des Cembalos, der gebundene Vortrag des Orgelchorals, die Poetik des neuen Hammerklaviers, des Fortepianos mit seinen unvergleichlich sonoren und silbrigen Klangsphären. Von der Natur der Tasteninstrumente handelt Beethovens epochale Sonate, von der reinen Freude, das Klavier auszuprobieren und auszureizen.
Mit der F-Dur-Sonate op. 54, die er im Sommer 1804 zu Papier brachte, erdachte Beethoven eine zwischen den Zeiten vagabundierende Sonate, die zwar in historisierender Manier das Werk der Vorgänger aufgreift, vielleicht sogar angreift und im Finale nahezu karikiert; die aber mit demselben überdrehten und allenthalben metrisch aus den Fugen geratenen Allegretto einen Prototyp burlesker Sätze kreiert, den namentlich Robert Schumann in späteren, romantischen Jahren kultivieren sollte. Dieser zweifache Anachronismus, rückblickend und bahnbrechend, zeichnet auch den ersten Satz aus, „In tempo d’un Menuetto“, der graziös bis zur Parodie die gute alte Zeit herbeizitiert, um sie schroff mit dem Poltergeist einer neuen Ära zu konfrontieren.
Die in den Jahren 1804/05 komponierte f-Moll-Sonate op. 57 (die der Hamburger Verleger Cranz nach Beethovens Tod Sonata appassionata taufte) überwältigt den Hörer in des Wortes schillerndster Bedeutung durch ihre enorme, unbeugsame Willenskraft: Beethovens innerste Gefühlswelt wird ins Kolossale, Pathetische, Erhabene und Epochale gesteigert, zum Existenzkampf des Individuums mit allen lebensfeindlichen Mächten und Gewalten überhöht. Gleichwohl kann nicht die Rede davon sein, dass Beethoven mit jedem Werk die Welt aus den Angeln heben oder dem Schicksal in den Rachen greifen wollte. Im selben Kriegsjahr 1809, als er sein letztes Klavierkonzert schuf, das die Engländer zum „Emperor Concerto“ erhoben haben, komponierte Beethoven auch die unverkennbar postheroische Sonate in Fis- Dur op. 78, eine teils empfindsame, teils quirlige Musik, die zwischen schwelgerischem Lyrismus und schwindelerregender Virtuosität wechselt und ohnehin kaum zu fassen ist. Sie widerstrebt jeder Typologie: Für eine große Sonate ist sie zu kurz, für eine leichte zu schwer, für eine brillante zu spleenig, für eine romantische zu artistisch.
Dass Beethovens G-Dur-Sonate op. 79 als „Kuckucks-Sonate“ durch die Literatur geistert, als wäre sie ein Mitsingstück für erste Lektionen im Kindesalter, trug nicht unbedingt zu ihrem Ruhm bei. Wahlweise wurde die G-Dur-Sonate aber auch als Parodie, musikalischer Spaß oder Vorbote des enigmatischen Spätwerks ausgelegt. Beethoven selbst bezeichnete das 1809 entstandene Opus ausdrücklich als Sonatine oder als Sonate facile, womit der Gedanke an pädagogische Absichten tatsächlich gut begründet erscheint. Aber mit Leichtigkeit, im Anfängerstadium der Fingerfertigkeit, lassen sich diese drei Sätze gewiss nicht absolvieren. Und der Kuckuck? Sein Ruf ertönt im Presto alla tedesca hartnäckig bis zur Provokation, doch wirkt die mechanisch repetierte fallende Terz ganz und gar nicht wie ein Naturlaut, sie akzentuiert vielmehr mit den nachschlagenden Vierteln den Dreiertakt des Deutschen Tanzes, den der Satz im Titel trägt. Und das fortwährende Übergreifen der Hände demonstriert erst recht, dass es hier der Kunst gilt und nicht dem Kuckuck.
Als eine „charakteristische Sonate“, die aus den „3 stücken, Abschied, Abwesenheit, das widersehn“ bestehe, umschrieb Beethoven 1810 seine Klaviersonate in Es-Dur op. 81a. Deren Anfang und mutmaßlicher Anlass lag da schon einige Monate zurück, wie die Überschrift des Autographs zum ersten Satz verrät: „Das Lebe Wohl / Wien am 4ten May 1809 / bej der Abreise S Kaiserl. Hoheit / des Verehrten Erzherzogs / Rudolf“. Der Widmungsträger der Sonate, Beethovens hochadeliger Kompositionsschüler und Mäzen, verließ mit der kaiserlichen Familie die Stadt, während sein Lehrer in der von französischen Truppen belagerten, bombardierten und besetzten Metropole zurückbleiben musste. Doch lange bevor der Erzherzog nach Wien zurückkehrte, nahm die Sonate ihren dramaturgischen Fortgang, bis zum „lieto fine“, dem erhofften Wiedersehen im Finale.
Die zwei Sätze der e-Moll-Sonate op. 90 von 1814 irritieren die Wahrnehmung, insbesondere das Zeitgefühl, da der erste seine raren Aufbrüche beständig abbremst, jedes Tempo sogleich mit einem Ritardando verzögert, jedes Forte mit einem Diminuendo verschattet. Und die Coda zelebriert geradezu eine Geste der Vergeblichkeit, der Ratlosigkeit – alles zerrinnt zwischen den Fingern. Alles fließt hingegen im zweiten Satz, in einem betörenden Rondo, ja „Rondissimo“ in E-Dur, das in sich kreist und kreist wie eine melodische Endlosschleife, glücklich bis ans Ende der Tage. Ob der Kopfsatz das ausgesparte Scherzo einbezieht und im Finale ein ungenanntes Adagio mitschwingt, ob sich vier Sätze hinter den zweien verbergen, darüber darf gestritten und gefachsimpelt werden. Die zwei Jahre später vollendete A-Dur-Sonate op. 101 hat (scheinbar) längst begonnen, wenn der numerisch erste Takt erklingt. Und dieser verblüffend umstandslose Einstieg bleibt bei weitem nicht der einzige Moment der Überraschung in der viersätzigen (oder dreisätzigen?) Sonate. Das Scherzo kommt buchstäblich als Marsch daher, vital, kraftbetont, auftrumpfend und siegesgewiss – vorauseilend gesprochen: in der Davidsbündler-Manier des jungen Schumann. „Langsam und sehnsuchtsvoll“ nennt Beethoven das kontrastierende Adagio, ein kurzes Innehalten, kaum mehr als ein Übergang zum Finale. Doch ehe dieser letzte Satz „mit Entschlossenheit“ loslegt, ruft Beethoven noch einmal das einleitende Allegretto in Erinnerung, gewissermaßen ein Rückblick auf den Anfang, der kein Anfang war.
Ob Beethoven ein Heiliger war? Im 19. Jahrhundert jedenfalls wurde er verehrt wie der Stifter einer Religion. Seine Musik zog die Sinnsuchenden an, magisch und verheißungsvoll wie ein Tempelbezirk oder die Kultstätte eines Orakels. Nur für Eingeweihte sei Beethovens Sprache bestimmt, verkündete E. T. A. Hoffmann, und Richard Wagner glaubte sogar, in der „Hammerklavier-Sonate“ B-Dur op. 106 von 1818 den „Schlüssel des Welträtsels“ zu finden: Namentlich das Fugenfinale legte ihm den Eindruck nahe, „als ob man in die Werkstätte des Wesens aller Dinge eingeführt würde, als ob man im Inneren der Welt sich alles regen und bewegen sähe“.
In zeitlicher und ideeller Verschränkung mit der Missa solemnis und der Verbrüderungsvision der Neunten Symphonie entstand die Trias der drei letzten Klaviersonaten, von Anfang 1820 bis zum Frühjahr 1822: Musik des Abschieds und des Aufbruchs. Die E-Dur-Sonate op. 109 zielt unfehlbar, wie alle diese späten Sonaten, auf das Finale, die Variationen über ein „gesangvoll, mit innigster Empfindung“ zu spielendes Thema, das in Wahrheit eher zelebriert als gespielt wird: eine weltabgewandte Sarabande, langsam und unbeirrbar, wie ein Geschenk an die Nachwelt, die diesen Ton gemessener Würde nicht mehr treffen sollte.
„Eine Fuge zu machen ist keine Kunst“, erklärte Beethoven mit trotziger Selbstsicherheit. „Ich haben deren zu Dutzenden in meiner Studienzeit gemacht. Aber die Phantasie will auch ihr Recht behaupten, und heut’ zu Tage muß in die althergebrachte Form ein anderes, ein wirklich poetisches Element kommen.“ Wie ein Aufstand gegen die scheinbar unaufhaltsame Ausdörrung, Pedanterie und Schulmeisterei dieser Disziplin nehmen sich Beethovens späte, rabiate, ekstatische und exzentrische Fugen aus, die „Große“ in B-Dur für Streichquartett op. 133 oder die „Fuga a tre voci con alcune licenze“ aus der „Hammerklavier-Sonate“ op. 106. Oder die unvergleichliche Fuge, die den Schlusssatz der As-Dur-Sonate op. 110 prägt: als ein poetisches, ja sogar als ein programmatisches Element.
Dieses Finale, das Adagio, ma non troppo, beginnt in der Manier einer freien Fantasie: Beethoven hebt die Taktordnung auf, er gehorcht (scheinbar) den schwankenden Stimmungen des Augenblicks; er zeichnet eine buchstäblich nach Sprache ringende Musik auf, ein wortloses Rezitativ, das Abbild eines heillos zerrissenen, desolaten Gemütszustandes. Nach einer derart verstörenden Einleitung hebt – psychologisch folgerichtig – ein instrumentaler Klagegesang an, das Arioso dolente, dessen melodische Linienzüge offenbar einer Arie aus Bachs Johannes-Passion nachgebildet sind: „Es ist vollbracht! / O Trost vor die gekränkten Seelen! / Die Trauernacht / Läßt nun die letzte Stunde zählen.“ Auf dieses as-Moll-Lamento – zum Tode betrübt – antwortet Beethoven mit einer lichten, majestätisch ruhevollen Fuge, fast wie ein Hymnus: Trösterin Musica in „althergebrachter Form“. Doch allzu bald schon fällt die himmlische Vision in sich zusammen, sinkt unaufhaltsam zurück in den Abgrund untröstlicher Verzweiflung. Und wieder setzt, „ermattet, klagend“, das Arioso ein, nunmehr in g-Moll, ein zerrütteter, kurzatmiger, seufzerartig stilisierter Gesang, der schließlich ziel- und kraftlos zu versiegen scheint. Aber in diesem geheimnisvollen Moment ruft Beethoven wie in einer zeichenhaften Handlung mit neun akkordischen Glockenschlägen (neun: die Todesstunde Jesu) noch einmal die rettende Fuge herauf, die – „poi a poi di nuovo vivente“ – zu neuem Leben erwacht. Nach der Passionsmusik des Arioso dolente steigert sich die Fuge zu guter Letzt in einen wahren Auferstehungsjubel, in eine triumphale Himmelfahrt. Und da ihr hymnisches Thema in einer atemberaubenden kontrapunktischen Zuspitzung zugleich vergrößert und verkleinert, da es gleichzeitig monumental verbreitert und rasant beschleunigt wird, entsteht am Ende der Eindruck, als würde die Fuge sich selbst verzehren, sich selbst aufheben, in einem letzten, paradoxen Befreiungsakt.
„Höheres gibt es nichts, als der Gottheit sich mehr als andere Menschen nähern und von hier aus die Strahlen der Gottheit unter das Menschengeschlecht verbreiten“, bekannte Beethoven gegenüber seinem Schüler und Förderer, dem Erzherzog Rudolph von Österreich, dem er – neben so vielen anderen Werken – auch seine letzte Klaviersonate widmete, in c-Moll op. 111. Ihre zwei Sätze verhielten sich zueinander wie „Diesseits und Jenseits“, urteilte Edwin Fischer. Und wirklich scheint die leidenschaftlich erregte, grimmige, zerrissene Ausdruckssphäre des einleitenden c-Moll-Allegro in der erhabenen Ruhe der C-Dur-Arietta aufgehoben und verklärt: in einem hymnischen Gesang, der mit jeder Verwandlung sich den „Strahlen der Gottheit“ ekstatischer nähert. Warum Beethoven nach dieser Variationenfolge keinen dritten Satz mehr geschrieben habe, lässt Thomas Mann den Organisten Wendell Kretzschmar im achten Kapitel seines Romans Doktor Faustus fragen: „Wir hätten, sagte er, das Stück nur zu hören brauchen, um uns die Frage selbst beantworten zu können. Ein dritter Satz? Ein neues Anheben – nach diesem Abschied? Ein Wiederkommen – nach dieser Trennung? Unmöglich! Es sei geschehen, dass die Sonate im zweiten Satz, diesem enormen, sich zu Ende geführt habe, zu Ende auf Nimmerwiederkehr. Und wenn er sage: ,Die Sonate‘, so meine er nicht diese nur, in c-Moll, sondern er meine die Sonate überhaupt, als Gattung, als überlieferte Kunstform: sie selber sei hier zu Ende, ans Ende geführt, sie habe ihr Schicksal erfüllt, ihr Ziel erreicht, über das hinaus es nicht gehe, sie hebe und löse sich auf, sie nehme Abschied.“
Auf Nimmerwiederkehr? Was hätte Beethoven dem entgegnet? „Allein Freyheit, weiter gehn ist in der Kunstwelt, wie in der ganzen großen schöpfung, zweck.“
Wolfgang Stähr
 
 
As in all great creation:
Ludwig van Beethoven’s Piano Sonatas
When the proud young Ludwig van Beethoven was persuaded to play the piano before grand audiences of patrons and benefactors, his aristocratic admirers were immediately taken aback. They were touched, indeed astonished, by his incomparable artistry; some, so it was said, even broke into uncontrollable fits of tears and indecorous sobbing. Beethoven broke off his playing and laughed at them, his tearful listeners, telling them to their face that the lot of them were fools and spoiled children. Only with reluctance did he get involved in the duels between well-known keyboard virtuosos so popular in Viennese salons. As a protégé of Prince Lichnowsky, he once had to engage in a duel with Joseph Gelinek, Count Kinsky’s resident pianist. The victory was his – the loser openly admitted his disastrous defeat. “Satan is in the young man,” said Gelinek in uneasy admiration. “I have never heard anyone play like that! He improvised on a theme I proposed in a way that I never heard even Mozart improvise. Then he played his own wonderful compositions, which are truly magnificent; he creates complexities and effects on the piano which we have never dreamed of.”
Such “compositions”, were the three Piano Sonatas op. 2 which Beethoven dedicated to his teacher Joseph Haydn and in whose presence he performed them for the Lichnowskys in September 1795. But they did not remain exclusively limited to aristocratic audiences, as Beethoven had the Trois Sonates Pour le Clavecin ou Piano-Forte issued a few months later by the Artaria publishing house in Vienna. A culture-conscious public had long since developed in European capitals, great houses, commercial centres and trade-fair cities (and surely also in certain parsonages or teacher’s residences in out-of-the-way places). In Vienna alone at that time there were around 6,000 amateur pianists and more than 300 piano teachers eagerly seeking new material for their lessons and their leisure hours. But even if these lovers of the piano – for the word amateur means just that – possessed considerable manual dexterity, by the time of the C major Sonata op. 2 no. 3, if not earlier, one can hardly imagine that any of them would have wished to emulate Beethoven’s playing, or that they should have done so. In contrast to the two disciplined “sister works” with which it shares the opus number, Beethoven “let himself go” to his heart’s content in this sonata. As the years passed, however, he felt he had to distance himself from early strokes of genius such as the C major Sonata. He wondered whether he had not been “crazy” to “dedicate to a single piece what would have sufficed to compose twenty pieces.”
The “Grand Sonata” is the title of the piano sonata in E flat major op. 7 in the Vienna first edition of 1797. This work proves to be great in the sense of the palpable expansion of its four movements alone. Before the “Hammerklavier” [Pianoforte] Sonata op. 106, Beethoven was to compose no other sonata of such length, number of bars and playing time. The true greatness, however, eludes measurement – as always is the case with people and human achievements – rather it is revealed in that “powerful magic,” the “circle of magical phenomena” of which Beethoven’s contemporary E.T.A. Hoffmann was in awe in the “maestro’s grand-piano compositions.” For the wonderfully graceful, sometimes ironically ornate rondo finale of the E flat major Sonata, Beethoven devised an intensely contrasting couplet, the second, the middle of three, which, as a kind of C minor toccata, disturbs the musical peace – owing its existence unmistakably to the vivid memory of the prelude in the same key from the Well-Tempered Clavier I by Johann Sebastian Bach. With the characteristic difference, however, that Beethoven accelerated the rapid figuration from semiquavers (in Bach) to demisemiquavers, brightly illuminating it with powerful chord strokes, unruly sforzati and cross-accents.
The pianist Edwin Fischer, for one, followed in Bach’s footsteps when he explored Beethoven’s C minor Sonata op. 10 no. 1. The Adagio molto, or its “second main idea,” to be precise, reminded him of the introductory Toccata from Bach’s Partita in E minor BWV 830 with its baroque tirate (rapid scale figures), and its ornamental notes darting rapidly through the octaves. Whether by chance, quotation or unconscious reminiscence, Beethoven alternates this pointedly contrasting “idea” twice with the fundamental A flat major theme of the Adagio. And that in turn stands out with its very individual song-like, calm, solemn, almost sacred “tone”, and it was not by chance that after Beethoven’s death it was arranged as Agnus Dei for chorus a cappella and also set for the organ.
The Piano Sonata in F major, on the other hand, the second to appear in Vienna in 1798 under the shared opus number 10, relies entirely on bouffonesque play on rule violations, unfulfilled expectations, striking punchlines, the almost subversive pleasure in the misplaced and the unsuitable, for example when the finale sets off with a contorted mixture of fugue, etude, scherzo and chasse, sounding moreover like a parody of Mozart’s Magic Flute overture. The third, however, in D major, begins with a presto, able to laud dialogue and interplay as communicative principles of life, yet the following D minor movement turns into the exact opposite: monologue, narrowness, loneliness, hopelessness, a hostile condition. Beethoven headed this movement “Largo e mesto” (“mesto” means “sad”); it was not the title that was unique and unprecedented, however, but the radicalism with which melancholy – the pathological eclipse of the mind – is exhibited here, to the bitter end. Beethoven declared that he wanted to fathom the soul of the melancholic, “with all the different nuances of light and shadow.”
In 1799 Beethoven composed the Grande Sonate pathétique in C minor op. 13, which claims to compete – though not in terms of its length (three concentrated movements) – with the “great” genres of music history, operas, masses and symphonies. The musical characteristics of the “genre pathétique” can be found throughout this sonata: the choice of keys, C minor, E flat minor, the “sepulchral” A flat major and A flat minor; orchestral and theatrical sound effects, dramatic dynamic contrasts; wide, rapidly traversed sonic spaces; sighing motifs, gestures of lament, stylised cries of pain; and, moreover, echoes of church singing and organ chorale in the Adagio, whose dark gravitation suggests a descent into catacombs.
Beethoven’s E major Sonata op. 14 no. 1 of 1798 is said to be delightfully light, and it is recommended to beginners as an introduction to and entry into the higher sphere of piano music. Everything is clear as day in the three consistently rapid movements. Indeed, you should follow this school if you wish to acquire a basic, unspoilt concept of music – a music that does not function as a medium serving no purpose at all, be it the best and highest, but entirely self-sufficient. Delicately applied, slightly ornate melodic particles, a filigree of semiquavers and triplets: this is how the G major Sonata op. 14 no. 2 begins. A quiet, lyrical Beethoven for a sober tea hour in the salon? Anyone who succumbed to this misunderstanding would be rudely awoken from such soft dreams by the first, unexpected forte attack, in the middle of the development of the first movement, if not sooner. Suddenly, the composer shows a rather different face, as if the whole prelude had been a mere pretence; the wolf sheds its sheep’s clothing.
Beethoven announced the B flat major Sonata op. 22 of 1800 to his publisher with the words: “This sonata has had a wash, dearest brother” [Translator’s note: The “brother” is composer Franz Anton Hoffmeister, also a music publisher in Vienna. Beethoven was on very friendly terms with Hoffmeister, considering him more of an artist and kindred spirit than a businessman. He addressed him as “geliebtester Hr: Bruder” [dearest brother]; see Letter No. 64 in Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Vol. 1]. Even if the young composer cannot disown his teachers – Joseph Haydn in the ingenious first movement, Antonio Salieri in the bel canto style Adagio – he nevertheless pursues his idiosyncratic game, his “headstrong art”, with the charming alacrity for which he was admired. “It is one of Beethoven’s more difficult sonatas, which require a very skilful and powerful hand to perform the many brilliant passages,” as the reviewer of the Zeitung für die elegante Welt cautioned his piano-playing readers.
In Beethoven’s Sonata op. 26, composed around the turn of the century, a Marcia funebre sulla morte d’un Eroe (in A flat minor with the dismal-looking key signature of seven Bs) takes the place of the slow movement, but the mourned hero remains unnamed. Ultimately, Beethoven himself became the hero of his music, as the funeral march from op. 26 sounded at his own funeral on March 29, 1827, played by a brass band and later even reworked as a vocal quartet: “In springtime, in serene calm of evening, / They carried you out, / Your shroud we were silently following, / Up to the house you had not sought.”
But not just the Marcia funebre; also the introductory Andante con Variazioni broke free from the cycle of movements of this sonata, inspiring contemporaries to speech and song. As a trio, it was heard from the mouths of gentlemen who enjoyed singing: “From dark foliage hear this song / to you softly taking to wing.”
In Beethoven’s E flat major Sonata op. 27 no. 1, completed in 1801, the opposites resemble two sides of the same coin. On the one hand, Beethoven has total control as in a “free improvisation” with abruptly changing tempos, time and key signatures; on the other hand, nothing in this sequence of movements is born of the moment or left to mere chance. The contrasting passages are coolly balanced, linked by cross references, foreshadowing and flashbacks, forming an architectonically well designed and systematically planned structure. To the title of his two piano sonatas combined under opus number 27, Beethoven added the cautionary phrase “quasi una fantasia”. There has been much speculation about this choice of words. In the case of the C sharp minor Sonata op. 27 no. 2, strictly speaking, only the free-ranging passages and resolving tendencies in the coda of the finale can be identified as imaginative features. Nonetheless, we are dealing here with a highly unconventional composition, because the aforementioned Presto agitato assumes a regular principal sonata movement form – in other words, Beethoven transposes the opening movement to the end of the sonata! At the beginning, however, there is the Adagio sostenuto whose withdrawn atmosphere, based on the calm equilibrium of the successive quaver triplets, inevitably brought to mind thoughts of quiet moonlit nights in some listeners – for example the Berlin poet Ludwig Rellstab, who is generally considered to be the originator of the nickname “Moonlight” Sonata. Beethoven’s Piano Sonata in D major op. 28 was published in an earlier London edition in 1805, introduced – though not by the composer! – as “The Pastoral Symphony,” a name that many commentators found quite apt, referring to the pedal notes, natural triad breaks and the swaying 6/8 time in the finale. But the title would probably have seemed just as plausible to most people if the publisher had issued the work as a Sonata cantabile, Sonata capricciosa, Sonata notturna or “La Gondola.”
It is universally accepted that the G major Sonata op. 31 no. 1, composed in 1802, is richly blessed with humour and is Beethoven’s wittiest piano sonata, amusing in more ways than one, ambiguous, strange, eerie or, as one early reviewer remarked, “occasionally bizarre.” The finale of the D minor Sonata, however, the second from op. 31, is like a single, endless arpeggio spanning space and time. If we can trust Carl Czerny’s testimony, the theme of this musical composition came to Beethoven’s mind “when he once saw a rider galloping past his window. Many of his finest works were inspired by similar chance events. For him, every sound, every movement became music and rhythm.” And if we are to believe Beethoven’s secretary Anton Schindler, the composer suggested, for a deeper understanding of this sonata: “Just read Shakespeare’s The Tempest.” This is how the sonata acquired its nickname and became an inexhaustible hermeneutical challenge for posterity. But what if Schindler misled us, and Czerny was mistaken? What if the sonata had nothing whatever to do with Shakespeare’s drama and the rider had galloped past Beethoven’s window when he was already considering another movement? Occasionally, it is speculated that Czerny confused the finales and that actually his anecdote is much better suited to the “Presto con fuoco” from the E flat major Sonata op. 31 no. 3. Quite conceivable, although in that case it must probably have been a steed whipped on by an express courier or perhaps even a Fire Rider.
The two Piano Sonatas op. 49 invite misunderstanding. The title of the first printing in 1805, Deux Sonates faciles, very wisely forestalls excessively high expectations and at the same time it is intended to relieve the amateur of concerns about unsolvable difficulties. But, of course – as is well known – the lightness of the light is quite another matter. In the G minor Sonata op. 49 no. 1, there are two consecutive short movements, a classic sonata movement of moderate tempo and sensitive nature and an unconventional rondo. The Sonata in G major op. 49 no. 2 defines “lightness” as a synonym of clarity, light and logic, memorability and uniformity, and continues the tradition that was still intact at the time, whereby the elementary concepts of composition were learned while playing the instrument. The Tempo di Menuetto, the second movement, had long been a memorable tune, as Beethoven himself noted meanwhile, incorporating the initially unpublished piece into his extremely popular op. 20 Septet.
Beethoven’s Piano Sonata in C major, op. 53, with a dedication to Count von Waldstein, published in 1805, inevitably evokes thoughts of nature, of landscapes, valleys and mountains, of light and shadow, of forests and rocks. Nobody denies that this natural idyll entails and demands advanced technique. Beethoven’s C major sonata has the piano itself as its theme: the piano and the clavier, which underwent rapid change in all aspects of instrument construction, mechanics, keyboard, touch and strings during Beethoven’s lifetime. The “Waldstein” Sonata also tells this story, in which different stages, ideas and ideals of piano playing are present simultaneously: the graphic clarity, sharpness and figurative liveliness of the harpsichord, the integrated delivery of the organ chorale, and the poetics of the new Hammerklavier, the pianoforte, with its incomparably sonorous, silvery spheres of sound. Beethoven’s epochal Sonata concerns the nature of keyboard instruments and the sheer joy of exploring and exploiting the piano to the full.
With the F major Sonata op. 54, which he penned in the summer of 1804, Beethoven devised a sonata that wandered through the ages, admittedly continuing the work of its predecessors in a historicising manner, perhaps even attacking it and in the finale verging on a caricature of it. However, in the similarly contorted Allegretto, metrically disjointed throughout, he created a prototype of the burlesque movement that Robert Schumann in particular was to cultivate in the Romanticism of later years. This twofold anachronism, retrospective and groundbreaking, also characterises the first movement, “In tempo d’un Menuetto”, gracefully conjuring up the good old days to the point of parody in order to confront them brusquely with the poltergeist of a new era.
The Sonata op. 57 in F minor, composed in 1804/05 (which the Hamburg publisher Cranz christened the Sonata appassionata after Beethoven’s death) overwhelms the listener in the most dazzling sense of the word with its tremendous, indomitable willpower; Beethoven’s innermost emotional world becomes colossal, dramatic, sublime and epochal, elevated to the struggle for existence by the individual against all hostile powers and forces. Nevertheless, it cannot be said that Beethoven wanted to unhinge the world with every work or to seize fate by the throat. In the same war year of 1809, when he composed his last piano concerto, elevated in Britain as the “Emperor” Concerto, Beethoven also composed the unmistakably post-heroic Sonata in F sharp major op. 78, a now sensitive, now exuberant piece alternating between sumptuous lyricism and dizzying virtuosity, in general difficult to grasp. It defies any typology; it is too short for a great sonata, too difficult for a light one, too quirky for a brilliant one, too artistic for a romantic one.
The fact that Beethoven’s Sonata in G major op. 79, persistently referred to in the literature as the “Cuckoo” Sonata, as if it were a sing-along piece for early childhood lessons, did not necessarily contribute to its fame. Alternatively, the G major Sonata was also interpreted as a parody, as musical fun or a harbinger of the enigmatic late work. Beethoven himself explicitly referred to this opus, written in 1809, as a sonatina or a sonate facile, which actually seems to justify the idea of educational intentions. But in the beginner’s stage of manual dexterity, these three movements can certainly not be performed with ease. And the cuckoo? Its call resounds persistently in the Presto alla tedesca, to the point of provocation, but the mechanical repetition of the falling third does not sound at all natural; rather, with its grace-note crochets, it accentuates the three-beat time of the German dance referred to in the title of the movement. And the constant crossing over of hands definitively demonstrates that it is about art, not about the cuckoo.
Beethoven described his Piano Sonata in E flat major, op. 81a, in 1810 as a “characteristic sonata” consisting of the “3 pieces, Farewell, Absence and Return”. What presumably prompted it was an event of a few months earlier, as the heading to the autograph of the first movement reveals: “The farewell / Vienna, May 4th, 1809 / on the departure of His Imperial Highness / Archduke Rudolph.” Beethoven’s aristocratic composition student and patron, to whom the Sonata was dedicated, left the city with the imperial family, while his teacher had to stay behind in a metropolis that was being besieged, bombed and occupied by French troops. But long before the Archduke returned to Vienna, the Sonata had continued its dramaturgical development up to the “lieto fine,” the hoped-for reunion in the finale.
The two movements of the E minor Sonata op. 90 of 1814 are a sensory irritation, especially regarding the sense of time, as in the first the occasional opening bars are always slowed down, every tempo immediately delayed by a ritardando, every forte shaded by a diminuendo. And the coda celebrates a gesture of sheer futility, of perplexity – everything melting between your fingers. Everything flows, however, in the second movement, in a beguiling rondo, indeed a “rondissimo” in E major circling and circling in a melodic endless loop, happy until the end of its days. It is possible to argue, to “talk shop,” about whether the opening movement includes the omitted scherzo and an unnamed adagio resonates in the finale, and whether four movements are concealed within the two. The A major Sonata op. 101, completed two years later, seems to have long since begun when the numerically first bar is heard. And this astonishingly straightforward introduction is by no means the only element of surprise in the four-movement (or three-movement?) Sonata. The scherzo literally announces itself as a march, vital, energetic, triumphant and prematurely confident of anticipated victory. In the Davidsbündler manner of the young Schumann. Beethoven calls the contrasting adagio “slow and wistful,” a brief pause, little more than a transition to the finale. But before this last movement begins, “with determination,” Beethoven recalls the introductory Allegretto, in a certain retrospect to the beginning that was not a beginning.
Was Beethoven a saint? In the 19th century, at any rate, he was revered like the founder of a religion. His music attracted those seeking meaning, magical and auspicious, like the site of a temple or oracle shrine. Beethoven’s language was only intended for the initiated, announced E.T.A. Hoffmann, and Richard Wagner even believed that he would find the “key to the riddle of the world” in the “Hammerklavier” Sonata in B flat major op. 106 of 1818; the fugue finale in particular suggested this to him “As if one were led into the workshop of the essence of all things, as if one saw everything in the interior of the world stirring and moving.”
From the beginning of 1820 to the spring of 1822, the triad of the last three piano sonatas, music of farewell and departure, arose out of the temporal and conceptual association with the Missa solemnis and the vision of brotherhood in the Ninth Symphony. The E major Sonata op. 109, as all these late sonatas, aims inexorably at the finale, the variations on a theme that is to be played “lyrically, with the most intimate sentiment,” and which is actually celebrated rather than played; a saraband withdrawn from the world, slow and steady, like a gift to posterity, unable to achieve such a tone of measured dignity.
“Creating a fugue is no art,” Beethoven declared with defiant self-assurance. “I composed dozens of them in my student days. But the imagination also demands to assert itself, and today a different, truly poetic element must join the traditional form.” Beethoven’s late, violent, ecstatic and eccentric fugues – the “Great” in B flat major for string quartet op. 133, the Fuga a tre voci con alcune licenze from the ‘Hammerklavier’ Sonata op. 106, or the incomparable fugue that forms the final movement of the A flat major Sonata op. 110 – stand out as a poetic, even a programmatic element, as a revolt against the apparently inexorable aridity and schoolmasterly pedantry of this discipline.
This finale, the Adagio, ma non troppo, begins in the manner of a free fantasy. Beethoven abandons timing, apparently responding to the fluctuating moods of the moment; he scores music that is literally struggling for language, a wordless recitative, the image of a hopelessly riven, desperate state of mind. After such a disturbing introduction, a psychologically consistent instrumental lament, the arioso dolente, begins, its melodic lines evidently modelled on an aria from Bach’s St John Passion: “It is done! / O consolation before souls offended! / The night of sorrow / Now measures out its last hour.” To this A minor lamento – deathly sad – Beethoven responds with a light, majestically peaceful fugue, almost like a hymn: Musica Comforter in “traditional form”. But all too soon the heavenly vision collapses, inexorably sinking back into the abyss of inconsolable despair. And again the arioso begins, “exhausted, lamenting,” now in G minor, a stylised, shattered song, sighing, breathless, that finally seems to peter out aimlessly and feebly. But at this mysterious moment Beethoven once more summons up the redemptive fugue, as in a symbolic act with nine chordal chimes (nine – the hour of Jesus’s death), which – “poi a poi di nuovo vivente” – awakens new life. After the passion music of the arioso dolente, the fugue finally works up into a true jubilation at the resurrection, a triumphant Ascension. And as its hymn-like theme is simultaneously expanded and contracted in a breathtaking contrapuntal escalation, as it is simultaneously monumentally broadened and rapidly accelerated, in the end the impression is given that the fugue is consuming itself, abolishing itself, in a final, paradoxical act of liberation.
“There is nothing more exalted than being closer to the deity than to other people, spreading the radiance of the deity among the human race,” confessed Beethoven to his student and patron, Archduke Rudolph of Austria, to whom he – along with so many other works – dedicated his last piano sonata, in C minor op. 111. Its two movements related to each other like “this world and the next,” said Edwin Fischer. Indeed, the passionately aroused, wrathful, rent sphere of expression of the opening C minor Allegro seems to be uplifted and transfigured in the sublime calm of the C major Arietta, in a hymn-like chant that approaches the “radiance of the deity” more ecstatically with every variation. In the eighth chapter of Thomas Mann’s novel Doctor Faustus, organist Wendell Kretzschmar asks why Beethoven did not compose a third movement after this series of variations: “We only had to listen to the piece, he said, in order to be able to answer the question ourselves. A third movement? Starting again – after this farewell? A return – after this separation? Impossible! What happened was that in the monumental second movement the sonata came to an end, an end with no return. And when he says: “the sonata,” he means not just this one, in C minor, but rather the sonata in general, as a genre, as a traditional art form. It has come to its end here, it has been completed, it has fulfilled its destiny, reaching the goal beyond which it cannot go; it dissolves itself, annuls itself, takes its leave.”
Never to return? What would Beethoven have said in response to that? “In the sphere of art, as in all great creation, freedom to continue onwards is the only purpose.”
Wolfgang Stähr

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