Die Platten dieses genialischen Träumers sind wie Spielzeug-Landschaften. Nie reißt ihr Erbauer sie über Nacht ein, immer wird am nächsten Tag dazu gebaut. Und so durchmaß Rufus Wainwright von seinem Debut-Album 1999 über das hoch gelobte “Poses” (2001) bis zum Neuling “Want One” immer weitere Strecken, um sein komplexes Sound-Imperium zu überqueren. Wer erkennen möchte, dass Wainwrights jüngstes Werk erneut auf solidem Songwriting basiert, muss sich dieses Mal wirklich viel wegdenken. All die opulenten Streicher, das Blechgebläse, die Anleihen bei dramatisch-theatralischen Vorlagen wie Ravels “Bolero”, den der 30jährige gleich im ersten Track “Oh What A World” unter, neben, über seine Verse sampelt. Dem Sohn des Loudon Wainwright III. und der Kate McGarrigle und ergo einem schwer vorbelasteten Artisten ist mit dem ursprünglich als Doppelalbum geplanten “Want One” (der zweite Teil “Want Two” soll in Bälde folgen) gelungen, was den meisten Songwritern mangels ausreichenden Mutes nie gelingt: Ganz ohne peinliches Getöse, mit kaum einem Anflug orchestralen Größenwahns bettet er seine Lyrik in ein seidenes, dick und farbenprächtig gepolstertes Himmelbett und gesteht der Welt die eigene Leidenschaft fürs Operettenhafte. Elton John ist nicht ohne Grund bekennender Fan des Kollegen, der wiederum daheim sehr gern Edith Piaf, Al Jolson und Judy Garland hören soll. Mag sein, dass Wainwright mit seiner neuen CD ein paar Puristen aus der Fangemeinde verabschieden muss. Auf der anderen Seite allerdings steht schon der emotionsgierige Ersatz Schlange.