Till Brönners neues Album …. ist 13 Jahre alt!
Viele eingefleischte Brönner-Fans kennen nicht das Album, auf das der Künstler heute noch stolz ist: „Midnight“, aufgenommen mit internationalen Jazz-Größen im berühmten Power Station Studio, New York.
1996, als Brönner noch ganz am Anfang seiner CD-Karriere stand, erschien das Album für kurze Zeit auf dem Label Button Records, und verschwand dann im Zuge von Labelumstrukturierungen vom Markt, obwohl es hervorragende Kritiken geerntet hatte.
Verve ist es jetzt gelungen, die Rechte für das Album zu erwerben! Somit ist der Till-Brönner-Katalog bei Universal um eine Perle reicher geworden. Ein junger aber künstlerisch schon ausgereifter Brönner ist hier zu entdecken, groovender, moderner Soul- und Fusion-Jazz, Top-Sidemen wie Michael Brecker, Dennis Chambers und Anthony Jackson, starke Eigenkompositionen.und bekannte Tracks wie Marvin Gayes „What’s Going On“ und Stevie Wonders „Don’t You Worry ‚Bout A Thing“.
Das Album wurde für die Wiederveröffentlichung digital remastered und mit neuen Linernotes bereichert.
Jewelbox, 12-seitiges Farbbooklet.
LINERNOTES
„Till Brönner ist ein Jahrhundertereignis!“ (Uwe Buschkötter)
Diesen Musiker sollte man nicht festnageln. Er liebt es, sich auszuprobieren und zu wachsen. Auf Erfolg ruht er sich nicht aus, der spornt ihn erst richtig an. Das wurde schon früh klar. Man denke nur an Brönners rasanten Einstieg in die Szene. Da war dieser Junge aus Viersen, überdurchschnittlich begabt, ein Trompeter, der die bisherigen Grenzen des bundesdeutschen Fördersystems neu definierte. Mehrfach gewann er „Jugend musiziert“. Peter Herbolzheimer engagierte ihn als bislang jüngstes Mitglied für sein Bundesjugendjazzorchester, und als der Newcomer gerade zwanzig Jahre alt war, wurde er bereits, als ebenfalls jüngster Instrumentalist in der Geschichte des Ensembles, in die Reihen der RIAS Big Band aufgenommen. Damit hätte er sich erstmal zurücklehnen können, was für ihn aber undenkbar war. Er nahm seine Karriere lieber selbst in die Hand.
Mit der Chuzpe der Jugend wandte er sich an einige seiner amerikanischen Idole und sprach sie an, ob sie mit ihm arbeiten wollten. Und siehe da, Musiker wie Ray Brown und Jeff Hamilton sagten zu. In Zeiten, als es noch nicht möglich war, in jeder Wohnküche ein Album aufzunehmen, gingen die „Generations Of Jazz“ ins Studio und produzierten gemeinsam Till Brönners Eintrittskarte in die Welt des CD-Business. Das war 1993, und der Zuspruch von Publikum und Kritik war enorm. Während der kommenden drei Jahre folgten ein Quintett-Album mit deutschen Kollegen sowie ein Projekt mit Jazzband, Symphonieorchester und „German Songs“. Mit diesen Wegmarken schien ausgereizt, was die deutsche Szene damals an Möglichkeiten für den 25-jährigen Jungstar der Trompete bot.
Es musste etwas geschehen und es passierte in Form von „Midnight“, einem Album realisiert und finanziert von Uwe Buschkötter, einem ehemaligen Jazzmusiker, der seit den 70er Jahren erfolgreich als Musikproduzent und Verleger arbeitet. „Midnight“ präsentierte Till Brönner in neuen Soundverhältnissen, funky, orientiert am amerikanischen Studiostil der Neunziger, zugleich verwurzelt in der Jazz-Moderne. Mit eigenen Songs und Coverversionen von Marvin Gayes „What’s Going On“ und Stevie Wonders „Don’t You Worry ‘Bout A Thing“ setzte er soulige Repertoireakzente, wie überhaupt die Arrangements eher an spätes Motown als an konservativen Jazz erinnerten. Vor allem aber sorgte Till Brönner dafür, dass Buschkötter Schweißperlen auf die Stirn traten, als beide die Wunschbesetzung der Aufnahmen durchgingen. Denn es sollten nicht nur alte Bekannte aus dem RIAS-Umkreis mitwirken, sondern auch internationale Erstligisten wie Saxophonist Michael Brecker, Bassist Anthony Jackson und Schlagzeuger Dennis Chambers.
Buschkötters Telefonleitungen liefen heiß, Profis wie George Whitty von den Brecker Brothers und Dave Mann von Tower of Power konnten als weitere Musiker und Produzenten vor Ort in New York gewonnen werden. Aufgenommen wurde in der Power Station, den heutigen Avatar Studios, einer der ersten Adressen der Stadt, in mehreren Arbeitsphasen zwischen September 1995 und Mai 1996. Und es war durchaus nicht so, dass die amerikanischen Stargäste den Mittzwanziger aus Deutschland mit Vorschusslorbeeren bedacht hätten. Man testete sich gegenseitig aus, kleine Spielchen unter Musikern wie spontane Progressionswechsel wurden probiert, aber Till Brönner parierte, mehr noch, er gab selbst die Richtung vor, in die gespielt werden sollte. So war schnell geklärt, dass sich hier Kollegen auf Augenhöhe trafen. Auf dieser Basis konnte „Midnight“ entstehen, ein Album mit sattem soul-funkigen Groove und der kollektiven Kraft einer von ihrem Bandleader inspirierten Profitruppe.
Soweit sah alles blendend aus. Das Nachspiel allerdings war etwas ernüchternder. Denn die Aufnahme, so überzeugend sie gelang, war bei der damaligen Plattenfirma nur eine Veröffentlichung unter vielen des Frühjahres 1997 und erhielt so nicht die angemessene Aufmerksamkeit. Inzwischen hat Till Brönner sich, live und auf Tonträger, in der Spitzengruppe der internationalen Jazzszene etabliert. Sein „Midnight“-Album verschwand aus dem CD-Katalog, blieb aber über die Jahre als Illustrationsmusik für Film und Fernsehen eine der erfolgreichsten Produktionen Uwe Buschkötters. Nun erscheint sie auf Verve, dem Label auf dem Brönner seit 1998 veröffentlicht. Und die Chancen stehen gut, dass der zweite Anlauf bringt, was dem ersten verwehrt war: Die breite Anerkennung eines Albums, das zu seiner Zeit in Deutschland seinesgleichen suchte.