76? – Ja, Mann: 76! Dass sich der Rhythmus-Innovator tatsächlich schon in seinem 77 Lebensjahr befindet, hört man seiner neuesten Veröffentlichung allerdings nicht an. Tony Allens eigener Legendenstatus hält ihn auf seiner aktuellen Blue-Note-EP “A Tribute To Art Blakey & The Jazz Messengers” zudem nicht davon ab, einer anderen Legende – die streng genommen ja nichts anderes ist als ein senioriger Kollege – Tribut zu zollen. Apropos Blue Note: Das Label spielt bei dieser Veröffentlichung eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Wie die meisten Jazz-Musiker seiner Generation hat auch Blakey für ein ganzes Sammelsurium an Plattenfirmen Musik eingespielt. Seine Arbeit für das legendäre Blue-Note-Label allerdings, insbesondere das mit “Art Blakey & The Jazz Messengers” selbstbetitelte Album von 1958, gilt als einmalig überlegen.
Kein Wunder also, dass sich das Cover der vier neuen Allen-Tracks auch in Sachen Layout und grafischer Gestaltung an der vielleicht berühmtesten Hülle der Blakey-Discografie orientiert. Da ist’s nur folgerichtig, wenn die zwei bekanntesten Stücke jenes Albums – “Moanin” und “The Drum Thunder Suite” – die Tribute-EP als Anfangs- und Endstück wie eine Klammer zusammenhalten. In deren Mitte finden sich mit “Night In Tunisia” und “Politely” dann zwei weitere Kompositionen, die auch Blakey und seine Messengers auf Blue Note Alben interpretiert haben – “Night in Tunisia” ebenfalls von 1958 und “The Big Beat” von 1960 respektive.
Als wären all diese Aspekte noch nicht appetitlich genug, ist Allens Tribute-EP auch musikalisch vom Feinsten. Denn wer davon ausgegangen war, dass Allen die Interpretationen seines Idols lediglich nachspielt, hat die Rechnung ohne den Drummer gemacht.
Tony Allen ver-"afrobeatet" den Hard Bob Blakeys auf aufregende Art und Weise. Was sich zum Beispiel bei “Night In Tunisia” zunächst als gewöhnungsbedürftig anfühlt, weil das Arrangement nicht sofort erkennen lässt, um welches Stück es sich eigentlich handelt, entpuppt sich später als eine Art Reinkarnation dieses Songs. Ach – so kann man den auch spielen? Besonders gelungen ist das bei “Moanin” – einer Art Signatur-Tune Blakeys. Der leicht vertrackte, aber dennoch sofort in die Beine gehende Kopfnicker-Groove, den die Rhythmustruppe, bestehend aus Bassist Mathias Allamane und Allen selber, über die gesamte Länge des Stücks aufs Parkett zaubert, ist ebenso adäquat wie sensationell. Aber auch “Politely” kann dank exquisiter Bläsersätze großartig punkten.
Dass der EP ein Download-Code ebenso fehlt wie jeder andere Ausstattungsschnickschnack, ist angesichts der für den Herbst geplanten Album-Veröffentlichung des Künstlers (die dann sicherlich nicht mehr ohne daherkommt) zu verkraften. Tolle Scheibe!