Sie begleiten Trevor Pinnock schon sein ganzes Leben lang – jene 48 Präludien und-Fugen Johann Sebastian Bachs, deren erster Teil er während seiner Zeit in Köthen entstand. Bach hatte sie 1722 als eine Art Lehrmaterial “…zum Nutzen und Gebrauch der Lehrbegierigen und Musicalischen Jugend aufgesetzet und verfertiget…”. Ein Wink des Schicksals? Mehr als 200 Jahre später kommt der gerade mal zwölf-jährige Trevor Pinnock zum ersten Mal mit ihnen in Berührung. Und spätestens, seit er sie im Radio gehört habe, gespielt auf einem Klavier, sei er süchtig geworden. Als junger Mann schließlich nahm er einige Präludien und Fugen für das Radio auf und war sich sicher: eines Tages würde er sie alle spielen.
Der Unterschied von “Lernen müssen” oder “Das Richtige spüren”
Der heute 73-jährige Trevor Pinnock ist inzwischen nicht nur als Dirigent und virtuoser Cembalist berühmt. Er gilt zudem als einer der Pioniere der historischen Aufführungspraxis. Von seiner intensiven Beschäftigung mit der Alten Musik zeugen nicht zuletzt seine zahllosen Aufnahmen für DG/Archiv-Produktion mit dem 1972 von ihm gegründeten The English Concert. Und ganz egal, ob es sich dabei um Händels “Messiah”, Bachs “Brandenburgische Konzerte”, die Orchestersuiten oder um Vivaldis “Le quattro stagioni” – die Art und Weise, in der Pinnock sich mit dieser Musik auseinandersetzt, ist charakteristisch für ihn. Dabei hat er stets konkrete Vorstellungen vom Klang der Musik als einem tiefen und zugleich lebendigen Klang und auch davon, wie dieser zu erreichen sei. Pinnock unterscheidet zwischen zwei Arten von Musikern: diejenigen, die sich von ihrem analytischen Verstand leiten lassen und die, welche ihrer Intuition vertrauen. Natürlich müsse man sich mit der Musik theoretisch auseinandersetzen. Mehr jedoch als aus den Büchern erfahre er durch seine musikalische Gabe über sie. “Es ist ein Unterschied, etwas lernen zu müssen, oder es zu wissen, weil man das Richtige spürt.”
Nicht nur der Prozess der fortwährenden intensiven Auseinandersetzung mit Bachs “Wohltemperiertem Klavier” begleitete ihn sein Leben lang – auch der immer wieder hinausgeschobene Entschluss, sie endlich aufzunehmen. “Jetzt werden sie ein zentraler Teil von mir für den Rest meines Lebens sein.”
Übrigens ist der Videoblog “
My Baroque”, in dem Trevor Pinnock die Facetten seiner Kunst diskutiert, eine vorzügliche Einstimmung auf die für den 10. April angekündigte Veröffentlichung seiner Aufnahme von Bachs “Wohltemperiertem Klavier”.