Ulrich Tukur gehört zu den bekanntesten Schauspielern Deutschlands. “Das Leben der Anderen”, “John Rabe”, “Das weiße Band” – gerade in den letzten Jahren wirkte Tukur in international preisgekrönten deutschen Filmen mit. Doch wie bei Johnny Depp und Gattin Vanessa Paradis verwischt sich auch bei Ulrich Tukur die Grenze zwischen Schauspieler- und Musiker-Karriere.
In den guten, alten Zeiten, um die es auf seiner neuen CD “Mezzanotte” geht, gehörte es zum Handwerk eines Schauspielers, dass er singt. Hans Albers oder Heinz Rühmann, Hildegard oder Marlene. Wenige wissen, dass Tukurs erste Liebe die Musik war. Über den Klavierunterricht entdeckte er den Boogie Woogie. Durch die alten 78er-Singles seiner Tante die Schlager der 30er und 40er, wie die “Mondnacht auf Kuba”. Sein geliebter “Schleim- und Schlagerjazz” brachte ihn erst in die Theater und Filmstudios.
Nach etlichen Alben und Touren mit seinen “Rhythmus Boys” gibt Ulrich Tukur nun seinen Einstand bei Deutsche Grammophon. Dafür stieg er nicht nur tief hinab in sein 2000 Scheiben starkes Schallarchiv, um eher abwegige Schlager-Schätze von Chanson über Canzone bis zu Liedern und Songs zu heben, er engagierte auch den Pianisten und Arrangeur Lutz Krajenski, der den alten Liedern neue musikalische Wendungen schreiben durfte. Gemeinsam mit dem Ausnahmemusiker Krajenski, der sonst auch die Big Band von Roger Cicero leitet, und dessen hochkarätig besetztem Orchester, brachte Ulrich Tukur das Programm um den letzten Jahreswechsel herum auf die Bühne und ins Aufnahmestudio. Auf “Mezzanotte” finden sich neben den vielen schönen und manchmal schaurigen Nachtgeschichten von Coco Schumann, Domenico Modugno oder Friedrich Hollaender allerdings auch Eigenkompositionen – im eleganten Stil der Vorkriegszeit. “Die Großstadt träumt”, ein besinnliches “Stück post-expressionistischer Großstadtlyrik im Stile von Mascha Kaléko”, ist ein Gemeinschaftswerk von Tukur und Krajenski, die englisch gesungene Moritat des blutrünstigen Schlachters “Willy Williams” stammt von Tukur allein.
Die neuen Lieder habe er sich alle selbst beibringen müssen, sagt Tukur, und unterstreicht damit seinen Wunsch, neben Hoagy Carmichaels Erfolgslied “Stardust” vor allem weniger bekannte Stücke zu präsentieren – etwa das französische Kokain-Tribut “La Coco”, “Vecchio Frack”, einst ein großer Erfolg für den “Volare”-Star Domenico Modugno oder den Coco-Schumann-Hit “Ausgerechnet Heut' Abend”. “Ich hab eine Stimme, die trägt sehr gut”, sagt er. “Das muss dir zur Natur werden, dass du auf der Bühne immer ein bisschen mehr Druck gibst. Vor der Kamera muss man dann alles wieder zurücknehmen. Und beim Gesang im Aufnahmestudio? Meine Stimme ist sicher nicht unbegrenzt. Ich kann zum Beispiel nicht mit einer Bigband singen. Leider nicht. Aber diese frechen, vielschichtigen und geschichtenerzählenden Chansons und Kabinettstückchen aus der Zeit vor und in der Weimarer Republik, die stehen ihr ganz gut.”
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