Andrè Schuen | News | Pressetext: Andrè Schuen - Die schöne Müllerin - 5.3.2021 (VÖ) (DE/EN)

Andrè Schuen
Andrè Schuen

Pressetext: Andrè Schuen – Die schöne Müllerin – 5.3.2021 (VÖ) (DE/EN)

12.01.2021
LICHT UND SCHATTEN BEI SCHUBERT
Andrè Schuen stellt sein Debüt bei Deutsche Grammophon vor: Die schöne Müllerin
Seit zehn Jahren arbeitet Schuen mit dem Pianisten Daniel Heide zusammen.
Diese Aufnahme von Schuberts zeitlosem Liederzyklus zeigt ihr tiefes Verständnis füreinander
»Er darf ein nachgerade ideales Stimmmaterial sein Eigen nennen. Dieser dunkle, unangestrengte Bariton gehört zum Schönsten, was man derzeit hören kann, es ist eine uneingeschränkt herrliche Stimme.« Frankfurter Rundschau
Schuberts Die schöne Müllerin, geschrieben vor fast zweihundert Jahren, ist eine Bewährungsprobe für jeden Liedsänger. Der Südtiroler Bariton Andrè Schuen hat sich ihr gestellt und den Liederzyklus in den vergangenen Jahren mehrfach aufgeführt – an seiner Seite der Pianist Daniel Heide. Schuen und Heide sind ein Duo, das die intensive Auseinandersetzung über Musik liebt; auch über diese 20 Lieder diskutierten sie unzählige Stunden. Nun haben sie das Werk aufgenommen. Das Album erscheint in allen Formaten am 5. März 2021 bei Deutsche Grammophon.
Andrè Schuen verbindet in seiner Ausdeutung der Lieder akribische Vorbereitung mit auffallender Spontaneität. Das Studio war so der richtige Ort, um den Zyklus in seiner Vielfalt der Klangfarben und Feinheit der Nuancen genauestens zu erkunden, jedoch sollte die strenge Detailarbeit nicht auf Kosten des Unverstellten und Natürlichen gehen. Zu einem szenischen Hörerlebnis wird in dieser Aufnahme die Geschichte eines jungen Mannes, der auf der Suche nach Arbeit durch die Lande zieht. Einem Bach zu einer Mühle folgend, sieht er seine sorglose Welt verändert, als er der schönen Tochter des Müllers begegnet.
Die schöne Müllerin, sagt Schuen, ist fast bis zur Mitte lebensbejahend und fröhlich. Doch als der junge Müller begreift, dass seine Liebe unerwidert bleiben wird, sinkt seine Stimmung auf einen Tiefpunkt, er fasst den Gedanken zum Selbstmord. Dieses große emotionale Spektrum erfordert eine ebenso nuancierte Stimmlage. »Ich wollte mit der Aufnahme von Die schöne Müllerin nicht zu lange warten, weil Stimmen mit dem Alter gemeinhin dunkler und schwerer werden«, erklärt Schuen. »Indem ich das Werk jetzt aufnehme, wo ich noch relativ jung bin, kann ich auch noch viele helle Farben in die Musik bringen. Denn ohne sie ergibt die Müllerin für mich keinen Sinn.«
Heide ergänzt, dass die Baritonstimme dem erzählerischen Aspekt des Werks entgegenkommt: »Ich habe an Liederabenden immer das Gefühl, dass das Publikum einem Bariton fast am liebsten zuhört. Vielleicht, weil die Baritontonlage der männlichen Sprechstimme am ähnlichsten ist. Es ist das Warme, das Eingebettete, das angenehm ist.«
Sowohl für Schuen als auch für Heide ist die genaue Kenntnis von anderen Aufnahmen Voraussetzung für die eigene Arbeit, wobei sie ihre Recherche durchaus unterwegs erledigen, im Auto nämlich: »Wir haben eine Art Ritual«, sagt Heide, »wer nicht fährt, übernimmt die Musik. Wir können acht, neun Stunden damit verbringen, verschiedene Aufnahmen eines Werks vergleichend zu hören. Das ist wie eine Probe, ohne selbst zu singen oder zu spielen, denn wir analysieren jeden Aspekt einer Interpretation und dringen tief in die Materie ein. Aber am Ende ist unser Zugang zu den Stücken doch immer anders als alles, was wir zuvor gehört haben.«
Schuen stimmt zu: »Von all den vielen Aufnahmen von der Müllerin, die wir gehört haben – bestimmt an die 30 in zwei Wochen –, bleibt für mich als Vorbild und Inspiration die Deutsche-Grammophon-Aufnahme von Fritz Wunderlich. Aber da er ein lyrischer Tenor war, laufe ich gar nicht Gefahr, ihn zu kopieren.«
Die schöne Müllerin war einer der ersten Liederzyklen, der das Miteinander von Stimme und Klavier nutzte, um poetische Bilder zu zeichnen, die unmittelbar zum Hörer sprechen. Über dieses Zusammenspiel von Sänger und Pianist sagt Heide: »Als Begleiter muss man die Lieder von der Gesangsstimme her sehr gut kennen, man muss die Gesangsstimme im Körper haben, wissen, wo geatmet wird. Ich liebe Andrès Deutlichkeit des Atems – ich kann ahnen, wann der Ton kommt, wie der Ton kommt, wie lang die Phrase wird. Die Sicherheit, die wir in unserer zehnjährigen Zusammenarbeit entwickelt haben, erlaubt es uns, auf der Bühne spontan zu sein.«
Und gerade das begeistert die Kritik. So hieß es im Bayerischen Rundfunk: »Schuen und mit ihm der großartige Daniel Heide, sie sind – auch ganz ohne psychologische Tüfteleien, ohne überdeutliche Wegweiser – nie belanglos. Ihr Schubert ist tief berührend.« Und nach einer Münchner Darbietung der Winterreise im Februar 2020 kam der Rezensent der Süddeutschen Zeitung zu dem Schluss: »Live im Prinzregententheater die Originalfassung mit einem jungen, charismatischen Bariton wie Andrè Schuen zu erleben, ist … die Krönung … Schuen und Heide [gestalteten die Winterreise] in jeder Hinsicht … facettenreich und doch stets natürlich.«
Diese Natürlichkeit, so Schuen, sei für ihn und Heide etwas sehr Wichtiges, besonders in der Interpretation eines Werks wie Die schöne Müllerin; auf der Aufnahme müsse sich diese Qualität widerspiegeln: »Es geht auch im Studio um den Flow, der sich auf der Bühne idealerweise von selbst einstellt, sodass man ein Gefühl der Kontemplation erreicht.« Das seien die zwei Ebenen einer Aufnahmesitzung, erklärt Heide, »zum einen mit einem Stück, das man gut kennt, das man oft gesungen hat, spontan ins Studio zu gehen, zum anderen die Arbeit an den vielen Takes, die es erlaubt, mit der Lupe auf das Werk zu schauen. So ist der Auftritt vor Publikum eine Vorbereitung auf die Einspielung, und die Einspielung bereitet den nächsten Auftritt vor. Ein toller Prozess.«
 
 
LIGHT AND SHADE IN SCHUBERT
Andrè Schuen’s Deutsche Grammophon debut album explores the expressive and emotional range of Die schöne Müllerin
Baritone Schuen and pianist Daniel Heide bring ten years of experience and mutual understanding to their new recording of Schubert’s timeless song cycle
This dark, free-flowing baritone is one of the most beautiful things you can hear at the moment; it’s an utterly wonderful voice.” Frankfurter Rundschau
Schubert’s song cycle Die schöne Müllerin, written almost two hundred years ago, is one of the supreme tests of the lieder singer’s art. South Tyrolean baritone Andrè Schuen has performed it several times in recent years with his long-term recital partner Daniel Heide, and the duo have spent countless hours contemplating the meaning of its twenty songs. Schuen chose to record the work, with Heide, for his Deutsche Grammophon debut album, set for release in all formats on 5 March 2021.
Andrè Schuen’s Die schöne Müllerin combines meticulous preparation with striking spontaneity. He and Daniel Heide revelled in the opportunity to explore each song in the studio, taking risks to produce the most tender sounds and richest variety of tone colours. They give life to the story of a young miller who wanders the countryside in search of work and sees his carefree world transformed when he discovers a brook, follows it to the local mill and falls for its owner’s beautiful daughter. When his love remains unrequited, however, tragedy ensues.
Schubert’s cycle, notes Schuen, is life-affirming and joyful almost to its midpoint. When the miller realises that his love is not reciprocated, his optimistic mood declines into the darkness of suicidal thoughts. This contrast of course requires a nuanced vocal range. “I didn’t want to wait too long before recording Die schöne Müllerin because voices tend to get darker and heavier with age,” says Schuen. “By recording it now, while I’m relatively young, I can still bring many light colours to the music as well. The piece makes no sense to me without them.”
Heide, meanwhile, believes that because it’s the closest to the male speaking voice, the baritone pitch lends itself particularly well to the narrative aspect of Die schöne Müllerin: “It has a warmth and ease that make you hang on every word.”
Both Schuen and Heide feel it’s impossible for artists today to be unaware of existing recordings. And as the pianist explains, much of their research is done on the road: “We have a kind of ritual – whoever’s not driving takes charge of the music and we can spend eight or nine hours comparing different versions of a particular work. It’s like a kind of rehearsal, because we analyse every aspect, but in the end, our approach is always different from anything we’ve listened to.”
Schuen agrees: “Of all the many recordings of Die schöne Müllerin we’ve heard, the role model and inspiration for me remains Fritz Wunderlich’s for Deutsche Grammophon, but because he was a lyric tenor, I can’t fall into the trap of copying him.”
Die schöne Müllerin was one of the first song cycles to exploit the interplay of voice and piano to illustrate poetic imagery and create a genuine partnership between singer and pianist. Heide explains something about the way he and Schuen work together: “As accompanist, you have to know the songs very well from the singer’s perspective, you have to know the lyrics, where it’s possible to take a breath. I love Andrè’s clarity of breath – he allows me to guess when and how a note will sound, and also how long a phrase will last. And the security we’ve developed over ten years allows us to be spontaneous on stage.”
Critics have been swift to praise the pair’s Schubert interpretations. Their recital of Schwanengesang, given at the 2019 Schwarzenberg Schubertiade, prompted forumopera.com to commend the baritone’s “beautifully timbred voice, as warm as embers, as easy to drink as good wine”, while their account of Winterreise at Munich’s Prinzregententheater in February 2020 inspired the Süddeutsche Zeitung’s reviewer to conclude that both singer and pianist “were convincing in every respect, as they shaped [the work] in a multi-faceted, yet always natural way”.
And that naturalness, says Schuen, is something very important to both him and Heide when it comes to shaping an interpretation of a work such as Die schöne Müllerin. It was a quality they were determined to bring to their recording: “The biggest difficulty in the studio is actually producing the natural flow you get on stage, so that you achieve that sense of contemplation.” Their awareness of that difficulty, however, combined with their long experience of performing the work together and interacting with audiences, has enabled singer and pianist to brush it aside and bring every emotional nuance of Schubert’s masterpiece vividly and naturally to life.

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