Das Wort "transformativ” ist vielleicht nicht eindringlich genug, um eine so vielseitige kreative Künstlerin wie Arooj Aftab zu beschreiben.
Ihre Musik wurzelt in den Grenzbereichen zahlreicher Genres – von traditionellen pakistanischen Stilen wie Qawwali und Ghazal über Neo-Sufi, Folk und Jazz bis hin zu Indie-Pop, Ambient, Electronica und westlicher Klassik -, und verweigert sich doch elegant jeder Kategorisierung. Arooj Aftab respektiert Traditionen, lässt sich aber von keiner vereinnahmen. Mit ihrem vierten Album “Night Reign”, auf dem sie sich mit bereits bewährten und neuen kreativen Partnern wie Vijay Iyer, Maeve Gilchrist, Moor Mother, Joel Ross, Cautious Clay, Kaki King, James Francies und Chocolate Genius, Inc. austauscht, ist der in New York lebenden pakistanischen Sängerin und Komponistin ihr bisher betörendstes, abwechslungsreichstes und auch groovigstes Werk gelungen.
”Arooj Aftab sucht die Herausforderung, neue Ufer und Grenzen”, meinte Carsten Wehrhoff in seiner Rezension auf radioeins. "Die Nacht ist für sie eine der größten Inspirationen und dieses Album ist eine Hymne an die dunklen Stunden, in denen so viel geschehen kann. […] Auf ‘Night Reign’ entfaltet sich so eine ganz eigene Atmosphäre, mystisch und irgendwie nicht von dieser Welt. Die Musik und Arooj Aftabs Gesang haben fast heilende Wirkung, sie sind wie ein Licht im Dunkel.”
Arooj Aftab kam 1985 als Tochter pakistanischer Immigranten in Riyadh, Saudi-Arabien zur Welt. Als sie elf Jahre alt war, kehrte sie mit ihren Eltern in deren Heimatstadt Lahore in Pakistan zurück. "Da sich in der Schule alle schon seit dem Kindergarten kannten, fühlte ich mich in Lahore nicht sofort zu Hause”, erzählt Arooj. "In diesem isolierten Raum zwischen den Ländern und Identitäten, flüchtete ich mich in die Musik.
Sie gab mir einen Ausgleich und half mir, mich selbst zu verstehen.” Sie brachte sich selbst das Gitarrespielen bei und entwickelte – inspiriert durch Aufnahmen von Billie Holiday, Hariprasad Chaurasia, Zakir Hussain, Mariah Carey und Begum Akhtar – nach und nach ihren Gesangsstil. Während sie ihre Freunde in der Schule mit Coverversionen populärer Lieder unterhielt, begann Arooj auch, eigene Songs zu komponieren, Nachdem sie mit einer Coverversion von Leonard Cohens "Hallelujah” auf Musiktauschbörsen im Internet bekannt geworden war, beschloss die 18-Jährige, ihr Hobby zum Beruf zu machen. 2005 ging sie in die USA, um am Berklee College of Music in Boston neben Musiktheorie und Komposition auch Musikproduktion und -technik zu studieren. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums zog sie 2010 nach New York, wo sie zunächst Filmmusik schrieb und schnitt, während sie gleichzeitig zahlreiche Kontakte in der breit gefächerten Musikszene knüpfte.
Im Jahr 2014 veröffentlichte sie ihr erstes Album "Bird Under Water”, auf dem sie bereits ihren eigenen Stil gefunden hatte. Das Debüt wurde in Publikationen wie der Financial Times, The Wire und der Huffington Post enthusiastisch gefeiert. Nicht anders erging es dem Nachfolger "Siren Islands”, der 2018 bei dem Indie-Label New Amsterdam Records erschien. Auftritte mit Vijay Iyer und Shahzad Ismaily in der New Yorker Kulturinstitution The Kitchen und bei Toshi Reagans Word Rock Sword Festival gaben der noch jungen Karriere ebenso Auftrieb wie die Zusammenarbeit mit dem Rapper Residente auf der Single "Antes Que El Mundo Se Acabe” (2020), die mit einem Latin Grammy Award ausgezeichnet wurde. Für weltweite Schlagzeilen sorgte Arooj Aftab mit ihrem dritten Album "Vulture Prince”, für das sie im April 2022 als erste pakistanische Künstlerin überhaupt selbst einen Grammy entgegennehmen konnte. Nach dem Sieg brachte ihr neues Label Verve Music das Album in einer Deluxe-Edition neu heraus. Nicht weniger Aufsehen erregte sie 2023 durch ihre Zusammenarbeit mit dem Pianisten Vijay Iyer und dem Bassisten Shahzad Ismaily auf dem Album "Love In Exile”, das zwei Grammy-Nominierungen erhielt.
Stand: November 2024