Basta | Biografie

Biografie: August 2011

BASTA

“Basta macht blau”. Von wegen! Haben die fünf a cappella-Weisen der Kölner Band Basta jemals einen Auftritt, eine Herausforderung geschwänzt? Können die vier Tenöre, Werner Adelmann, Thomas Aydintan, René Overmann, William Wahl und der Bass, Andreas Hardegen überhaupt das Nichtstun genießen? Titel und Cover ihres neuen Albums wollen den Glauben daran nähren. Schön, wie sie sich, ihre fünf Paar Beine locker gemacht in einem Boot, den Müßiggang genießend auf offener See treiben lassen. Ein Wunschgedanke, sicher, denn die Blauäugigkeit, die sie für den Glauben an den Namen ihres sechsten Albums voraussetzen, wird vom nüchternen Blick auf ihre bisherige Karriere gefressen. Erst im letzten Frühjahr haben Basta mit “Fünf”, dem Album zum 10-Jährigen, ihre bis dato beste Platzierung in den Albumcharts kundtun dürfen. Ihre Single zur Fußballweltmeisterschaft 2010, “Gimme Hope Joachim” wurde zum größten Hiterfolg der Band bis hierhin. Viele dutzend Mal zündete der flotte Fünfer sein Vokalspektakel seither auf Bühnen vor weiterhin steigenden Konzertbesucherzahlen quer durchs Land. Und jetzt erntet die Gesangskapelle die süßen Früchte ihres Trotzens von Kreativpausen, präsentieren die Fünf nach “Fünf” die Kür ihrer vereinten Künste, stellen die Bastaianer neue Songs vor, die sich an nicht weniger als drei Händen ablesen lassen. Von einigen glaubt William Wahl, der kreative Kopf der Truppe sogar augenzwinkernd, dass es sich um “forthcoming Smash-Hits” handelt. Was soll also bitteschön das Gerede vom Blaumachen einer Band, die sich vor lauter Freude am eigenen Klangkörper gar keine Pause von Selbiger gönnen will?

“Basta macht blau”, der Titel, ist vielleicht ein Paradoxon. Die Hingabe zur Musik lässt die Kölner a cappella-Protagonisten einerseits kontinuierlich höchst umtriebig kreativ sein. Andererseits erfordert auch das Erschaffen einer Platte, wie alles was wirkliche Hingabe und Liebe voraussetzt, einen gelösten, keinesfalls jähzornig-zielorientierten Blick auf Nuancen und Details. Auf Plätze zum Durchatmen und kurzen Innehalten, auf Momente zur Wahrung der Obacht für Zwischentöne, die in ihrer Summe etwas Großes ergeben. Etwas wie “Basta macht blau”, das zum entspannt-lockeren, bisweilen humorigen, manchmal auch fies-ironischen Umgang mit den alltäglichen Pflichten, Irrungen und Wirrungen auffordert.

Ekki Maas, musikalischer Kopf der Kölner Band Erdmöbel und findungsreicher Tonmeister- und Produzentenquergeist vom “Musikkollektiv Eigelstein” trug zum zweiten Mal die Produzentenmütze für Basta. “Fernab jeglicher technischer Spielereien und a-cappella-Mätzchen”, wie William Wahl anmerkt. Die erstaunliche Homogenität des Gruppenklangs von Basta machte schon die letzte CD zum Manifest des gefundenen Band-Sounds. Für “Basta macht blau” wurde der eigene, gute Ton nochmal deutlich formvollendet. Zu diesem zählt neben stimmlicher Klarheit und sauberer Intonation der charakteristisch-spielerische Umgang mit den vielen Freiheiten, derer sich die fünf Vokal-Artisten lustbetont bedienen.

In “Basta macht blau” steckt mehr Basta als je zuvor. Zum ersten Mal veröffentlicht die Vokal-Bande ein Album das ausschließlich eigene Kompositionen enthält. Elf der fünfzehn neuen Songs tragen die solitäre Texter- und Komponisten-DNA des Jüngsten und kreativ Vorlautesten der Band, William Wahl. Wie schon auf “Fünf” gönnte Basta sich für eine handvoll Songs den Luxus der Arrangeur-Kunst des befreundeten Maybebop-Sängers, Oliver Gies, der zusammen mit Wahl die Musik zur gemeinen Musicalnummer “Sei mein Feind” ausheckte. Bastas liedschreibender Tonmeister Martin Weiß steuerte Musik zur ungestüm zuckenden Ja-zum-Tag-Eröffnungsnummer “Guten Morgen” bei. Thomas Aydintan mischte den ironischen Verführer-Reggae “Frühstück bei Stefanie” und das albumtitelgebende “Mach blau” mit zusätzlichen Textideen auf. Die nicht bestellten Helden der modernen, digitalen Telefonwelt werden mit dem lakonisch-sarkastischen “App Depp” beleuchtet. Pop-Gimmicks greifen in “Gegensätze” ineinander und steigern augenblicklich den Unterhaltungswert des skizzierten Song-Helden, der verzweifelt auf der Suche nach Gemeinsamkeiten mit seiner Liebsten ist. Hohe Sangeskunst ist das Vehikel, das “Sitzen oder Stehen” zum urkomischen Ausflug ins Kabarettistische macht. Irrsinnige Vokal-Artistik, mitsamt simuliertem Weltmusik-Intro, führt “Optische Enttäuschungen” vor, “die rein gar nichts bringen”, außer vielleicht, dass sie das alle Zutaten dafür besitzen, Publikumsfavoriten zu werden. Gehobenen Blödsinn im Bossa-Nova-Rhythmus muss das verbissen dreinschauende “BGS-Girl” über sich ergehen lassen. Wie hundsgemein melodische Reminiszenzen sein können, unterstreicht das “Wenn ich einmal reich wär”-Zitat aus dem Musical “Anatevka” als Intro zur verdrehten Folklorenummer “Liechengrand”. “Lass mich bei dir sein” ist einer der mächtigsten, kraftvollsten Popsongs aus der Feder von William Wahl. Ein paar feinsinnige Stolpersteine enthält das eigentlich flehende “Wenn der Duschvorhang der Einzige ist der an dir hängt”. Ein Lied, in dem nichts geschieht ist “Abschalten” nicht, aber ein hervorragend gesetzter Kontrapunkt zum wunderbaren Schlusslied “Meine liebsten Lieder”. Davon gibt’s für Fans der Band auf “Basta macht blau” so viele, dass das Album das Zeug zum Klassiker hat. Weil es bestens unterhält, weil es großartige Musikalität besitzt, weil es 100% Basta ist.

Der Tipp zum Schluss kann also nur lauten: Sich selbst einen Gutschein schreiben, für heute alles gut sein lassen, das neue Basta-Album besorgen, blaumachen und genießen!

September 2011