Bill Ramsey war der “Mann mit der schwarzen Stimme” in der deutschen Nachkriegsunterhaltung. Sein Repertoire enthält Song-Klassiker und Gassenhauer wie “Souvenirs” und “Pigalle (die große Mausefalle)”. Rund 30 Alben und über 50 Singles hat der Sänger, Schauspieler, TV- und Radiomoderator herausgebracht.
Auch wenn ihn der deutsche Schlager für sich vereinnahmte, war William McCreery Ramsey, genannt Bill, Sohn einer Lehrerin und eines Werbemanagers aus Cincinnati in Ohio, ein Jazzsänger. Er klingt wie seine großen afro-amerikanischen Idole: Fats Waller, Nat “King” Cole und Louis Jordan.
Als Teenager treibt er sich in den R&B-Clubs von Cincinnati herum, spielt Boogie-Woogie auf dem Piano und singt dazu. Nachdem die US-Armee den jungen Bill einzieht, wird er in Deutschland bei der Air Force stationiert. Schon bald tritt er im Frankfurter
Jazzkeller auf und schafft den Sprung zum Mitarbeiter des Soldatensenders AFN, für den er Konzerte mit amerikanischen Jazzstars produziert, bei denen er selbst auch auftritt. Hier knüpft Ramsey Kontakte zu den deutschen Größen der Jazz- und Unterhaltungsmusik: 1953 tritt er beim
German-American Jazzfestival in Nürnberg mit dem Kurt Edelhagen Orchester auf. Kurz darauf trifft er
James Last und Paul Kuhn.
Der Jazzpianist und Musikproduzent Heinz Gietz stellt Weichen seiner Karriere. 1958 bekommt Ramsey seinen ersten Plattenvertrag bei der Polydor. Gietz fragt Ramsey, ob er lieber “Rock´n´Roll oder etwas Lustiges” machen möchte. Ramsey nimmt das Lustige: “Schokoladeneisverkäufer”, “Souvenirs”, “Zuckerpuppe”, es sind Spaßkommentare zu Aktualitäten der Zeit. Mit komödiantischem Talent wird er in knapp 30 musikalischen Filmen reüssieren, darunter dem Heinz-Erhardt-Streifen “Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett” und “Die Abenteuer Des Grafen Bobby”.
Als Beat und Rock zur Mitte der 1960er die Hitparade stürmen, besinnt Ramsey sich auf seine Wurzeln, den Blues und Jazz. Er wird der überzeugendste Lieblingsinterpret deutschsprachiger Coverversionen (“…gelb, gelb, gelb ist das Yellow Submarine”) – damals ein Trend im Deutschpop. Dazu veröffentlicht er eine LP mit Kinderliedern. In den 1970ern moderiert er im SWF den Talentschuppen und wird Dozent an der Hamburger Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. In den 1980ern erhält ein Duo-Album von ihm mit dem tschechischen Jazz-Gitarristen Juraj Galan den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Bis vor wenigen Jahren moderierte Ramsey noch eine Jazz-Sendung beim Hessischen Rundfunk.
Weit über 80, tritt er heute noch immer auf. Er fühle sich “sozusagen post-jugendlich”. Auftritte seien Futter für seine Seele, sagte der eingebürgerte Wahl-Hamburger der
Bild-Zeitung. Ramsey ist einer der letzten Mohikaner der Künstlergeneration von
Peter Alexander, Hazy Osterwald, James Last, Paul Kuhn, Kurt Edelhagen und so vielen anderen. Als er anfing war Jazz die Popmusik der Zeit, und der Jazz ist immer die größte Liebe des Manns mit der schwarzen Stimme geblieben.