Als “Jazz Americana” bezeichnete der amerikanische Kritiker Will Friedwald im Wall Street Journal einmal die Musik, die Brian Blade mit seiner Fellowship Band spielt. Als der Schlagzeuger und Songwriter das Ensemble vor zwanzig Jahren gemeinsam mit dem Keyboarder Jon Cowherd gründete, stießen sie in eine musikalische Nische, die damals kaum von anderen Künstlern besetzt war. Zu ihrem zwanzigjährigen Jubiläum legte die Band im November 2017 ihr fünftes Album “Body And Shadow” vor, das Ssirus W. Pakzad in Jazzthing als “eine Meditation über den Wechsel zwischen Licht und Schatten” charakterisierte, um dann hinzuzufügen: “Eine fast verstörend introvertierte, ätherische, vergeistigte, zart kolorierte, sehr transparente und doch irgendwie verwunschene, spirituelle, folkige Musik findet sich auf dem Album.”
1970 in Shreveport/ Louisiana geboren, ging Brian Blade 1988 nach New Orleans, um an der Loyola University und bei Meistern wie Ellis Marsalis zu studieren. Sieben Jahre lebte er in der Stadt, die er später in einem seiner Songs sein “zweites Zuhause” nannte. Außerdem lernte er dort auch zwei der Musiker kennen, mit denen er 1997 die Brian Blade Fellowship Band gründete: den Pianisten Jon Cowherd, der mit Blade heute den Löwenanteil der Songs für das Sextett komponiert, und den Bassisten Chris Thomas. Gleich mit dem ersten, von Daniel Lanois für Blue Note produzierten Album “Brian Blade Fellowship” machte der Schlagzeuger deutlich, dass er den Konventionen des Jazz nicht folgen wollte. Schon die Besetzung war ungewöhnlich, setzte sich neben Blade, Cowherd und Thomas aus den beiden Holzbläsern Myron Walden und Melvin Butler sowie wechselnden Gitarristen zusammen. Außerdem spielte man ausschließlich Originale, die ihre melodiösen Wurzeln in der folkigen Americana-Tradition hatten, interpretierten sie aber mit jazzigem Einfühlungsvermögen und viel Improvisationslust. Dadurch erwarb die Band in der Szene schnell einen Kultstatus, der in etwa mit dem vergleichbar war, den das Charles Lloyd Quartet in der zweiten Hälfte der 1960er Jahren genossen hatte. Noch homogener wirkte zwei Jahre später das Album “Perceptual”, auf dem die Singer/Songwriter-Legende Joni Mitchell, in deren Band Blade damals Mitglied war, als Gast mitwirkte.
Danach war der Schlagzeuger in der Szene so sehr gefragt, dass er sein eigenes Projekt erst einmal acht Jahre lang auf Eis legte und seine Talente in die Dienste anderer Künstler stellte. Zu hören war er seither nicht nur auf einigen Alben von Joni Mitchell, sondern auch auf Platten von Bob Dylan, Daniel Lanois, Norah Jones, Herbie Hancock, Mike Brecker, Bill Frisell, Pat Metheny, Kenny Garrett, Emmylou Harris, Joshua Redman, Seal, Wayne Shorter, N’Dea Davenport, Marianne Faithhfull und Dianne Reeves. Eine zentrale Rolle spielte Brian Blade 2003 auch bei der Entstehung von Lizz Wrights hochgelobtem Debütalbum “Salt”, auf dem er nicht nur Schlagzeug und Gitarre spielte, sondern auch als Arrangeur und Produzent ins Rampenlicht trat. 2008 meldete sich die Brian Blade Fellowship Band mit ihrem dritten Album “Season Of Changes” bei Verve Records zurück, dem der Schlagzeuger ein Jahr später das Soloalbum “Mama Rosa” folgen ließ, auf dem er auch seine Talente als Sänger, Gitarrist und Pianist bewies und stilistisch zwischen Folk-Rock, Singer/Songwriter-Pop, Roots-Musik und Jazz wandelte.
Bevor die Band 2014 – nun wieder bei Blue Note – ihr hochgelobtes viertes Album “Landmark” herausbrachte, sorgte Blade in der Jazzpresse als Mitglied zweier sehr unterschiedlicher Trios für Schlagzeilen: mit dem Trompeter Ron Miles und dem Gitarristen Bill Frisell spielte er das Album “Quiver” ein, für das Blade 2013 den ECHO Jazz Award erhielt, und mit Chick Corea und Christian McBride nahm er das Album “Trilogy” auf, das 2015 mit zwei Grammys ausgezeichnet wurde.
Stand: November 2017