Arnold Schönberg etwa verstand seine „Phantasy for Violin“ 1949 ganz klar als Geigenstück „with piano accompaniment“, den Klang der frei zu gestaltenden Seite im Vordergrund. Sein junger Kollege Bernd Alois Zimmermann hingegen exerzierte in seiner „Sonate für Violine und Klavier“, die als Vorstufe für sein Violinkonzert gilt, bereits 1950 die Möglichkeiten der dialogischen Begegnung der Instrumente ausführlich durch. Morton Feldman bot wieder eine andere Möglichkeit, indem er beide Instrumente in „Spring of Chosroes“ (1978) quasi musikalisch hierarchiefrei nebeneinander stellt und Fragen der Dominanz gar nicht erst aufkommen lässt. Iannis Xenakis schließlich war bestrebt, mit „Dikhthas“ (1979) die Kontraste aufeinander prallen zu lassen und die einzelnen Facetten des Gleichgewichts und Auseinanderdriftens exemplarisch durchzuspielen. Wenn die spätestens seit ihrem ECM-Debüt (mit den Schumann Violinsonaten 1–3) international hochgeschätzte Geigerin Carolin Widmann und ihr Klavier-Partner Simon Lepper sich nun diese vier Stücke ausgesucht haben, um die Möglichkeiten des musikalischen Zusammenwirkens auszuloten, dann entsteht eine ungewöhnlich spannungs- und zugleich aufschlussreiche künstlerische Stellungnahme über die Grenzen instrumentaler Harmonie, deren Virtuosität weit über das normale spieltechnische Können hinausreicht.