Der am 6. August 1937 in Shenandoah/Iowa geborene Charlie Haden unternahm seine ersten musikalischen Gehversuche schon im zarten Alter von 22 Monaten, als er singenderweise in der Country & Western-Radiosendung seiner Eltern auftrat. Als Teenager begann er dann Kontrabaß zu spielen. Nachdem er in Missouri die High-School abgeschlossen hatte, zog es ihn nach Los Angeles. “Als ich 1956 nach L.A. kam und Hampton Hawes kennenlernte, gab es dort jede Menge Jazzclubs und die Szene wimmelte vor großartigen Musikern. In dieser Hinsicht ähnelte L.A. damals New York – mitternächtliche Sessions waren an der Tagesordnung und man konnte spielen, bis einem die Finger wehtaten. Das waren definitiv aufregende Zeiten.”
Haden spielte damals nicht nur mit Hampton Hawes, sondern auch mit Jazzlegenden wie Art Pepper, Dexter Gordon und Paul Bley, bevor er sich mit dem Altsaxophonisten Ornette Coleman, Trompeter Don Cherry und Schlagzeuger Billy Higgins für regelmäßige Auftritte im Hillcrest Club zusammenschloß. 1959 begab sich das ikonoklastische Quartett das erste Mal nach New York, erhielt ein festes Engagement im Five Spot und nahm eine Serie von bahnbrechenden Avantgarde-Alben auf – darunter “The Shape Of Jazz To Come” und “Change Of The Century” -, die den modernen Jazz revolutionierten. Haden beschränkte sich aber in den wilden 60ern nicht auf die Zusammenarbeit mit Ornette Coleman, sondern tauschte sich auch mit anderen progressiven Jazzgrößen wie John und Alice Coltrane, Archie Shepp oder Roswell Rudd aus.
1969 gründete Haden mit der Pianistin, Komponistin und Arrangeurin Carla Bley das Liberation Music Orchestra. Das Debütalbum dieses Orchesters war ein Meilenstein der modernen Musik und kombinierte experimentalen Big-Band-Jazz mit Volksliedern aus dem spanischen Bürgerkrieg. Von 1967 bis 1976 war Charlie Haden mit Schlagzeuger Paul Motian und Tenorsaxophonist Dewey Redman Mitglied diverser amerikanischer Ensembles des Pianisten Keith Jarrett. Dann feierte er mit Don Cherry, seinem alten Weggefährten aus der Zeit bei Ornette Coleman, in der Band Old And New Dreams eine Reunion. Aufsehen erregte er ein paar Jahre später auch als Mitglied von Pat Methenys 80/81-Band, in der außerdem noch Dewey Redman, Michael Brecker und Jack DeJohnette spielten.
1982 baute Charlie Haden das Jazzstudienprogramm für das California Institute of the Arts in Los Angeles auf. Vier Jahre später gründete er mit Saxophonist Ernie Watts, Pianist Alan Broadbent und Schlagzeuger Larance Marable sein melodiebetontes Quartet West, das in den 90er Jahren zu einer weiteren Konstante in Hadens Karriere wurde. In den 90ern ging er darüber hinaus auch mit Pat Metheny, Gonzalo Rubalcaba, John Scofield, Tom Harrell, Hank Jones, Kenny Barron, Ginger Baker, Bill Frisell, Jack DeJohnette und Michael Brecker ins Studio und auf Tournee. Für seine Alben erhielt der Bassist im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Auszeichnungen, darunter auch drei Grammys. In jüngster Zeit arbeitete Haden mit arrivierten Jazzmusikern wie Lee Konitz, Brad Mehldau, Joe Lovano, Gonzalo Ruabalcaba und Alice Coltrane, aber auch mit Popstars wie Beck und dem Ex-Beatle Ringo Starr. Seiner Liebe zur Weltmusik verleiht er immer wieder im Zusammenspiel mit Musikern wie dem brasilianischen Gitarristen und Pianisten Egberto Gismonti, dem argentinischen Bandoneón-Virtuosen Dino Saluzzi oder dem 2004 verstorbenen portugiesischen Gitarrenmeister Carlos Paredes Ausdruck. In eine musikalische Schublade läßt sich Charlie Haden, wie man sieht, nach wie vor nicht stecken.