Die von David Banner eingeschlagene Richtung ist eindeutig. Seine Ziele sind klar definiert. Der Rap-Überflieger setzt weiterhin alles daran, Mississippi auf die musikalische Landkarte zu befördern. Es war diese Vision, die den umtriebigen Rapper/Produzenten über die Jahre zu einem der gefragtesten Talente in der HipHop-Welt gemacht hat. Und wer hätte schon gedacht, dass es ein einziger Künstler vollbringen kann, seinen Heimatstaat – Banner ist in Jackson/Mississippi geboren – vom Inbegriff der Verarmung und des Südstaaten-Rassismus zu einem der Epizentren von HipHop-Musik zu machen? Wer hätte auch nur einen müden Dollar darauf gesetzt, dass Banner mit seinem im Jahr 2003 veröffentlichten Major-Debüt „Mississippi – The Album“ die Billboard-Charts regelrecht sprengen würde? Und dazu auch noch einen von Kritikern in den Himmel gelobten Nachfolger – „MTA2: Baptized in Dirty Water“ – abliefern könne? In jüngster Vergangenheit ist Banner nun sogar zu einem der gefragtesten Produzenten geworden, erst kürzlich nahm er Tracks für mit Platin überhäufte Künstler wie T.I. („Rubber Band Man“) und Nelly („E.I.-The Tipdrill Remix“) auf.
So ist Mr. Mississippi im Handumdrehen von einem der Young-Guns der Südstaaten-HipHop-Szene zu einer omnipräsenten Musikgröße geworden. Seine vielen Talente und seine einflussreiche Stellung in der Musikbranche kann man über die gesamte Länge seines dritten Albums „Certified“ raushören. Im vielschichtigen Stilmix holt der Visionär mit der harschen Stimme sowohl Street-Hymnen aus der Kiste hervor, präsentiert aber auch politisch aufgeladene Rebellen-Stücke. Noch auffälliger ist Banners Hang zu Gemeinschaftsprojekten. Für „Certified“ hat er an Collabos mit unterschiedlichsten Rap-Künstlern wie Twista, Jadakiss, Talib Kweli und Dead Prez gearbeitet, hat dazu jede Menge Zeit mit Überproduzenten wie Mr. Colli Park (DJ Smurf), Lil’ Jon und Jazze Pha im Studio verbracht. Für Banner war klar, dass er diesen Weg gehen wollte. Alternativen gab es nicht.
„Das liegt daran, dass ich ein Rap-Fanatiker bin, ich liebe sämtliche Arten von Rap“, erklärt der Mann aus Mississippi, dessen letzte Zusammenarbeit mit Lil’ Flip – „Like A Pimp“ – ein wahrer Smash-Hit wurde, als er sowohl die Straße, die Radio-Frequenzen und die Clubs im Sturm eroberte. „Ich nahm mir also vor, ein Album aufzunehmen, von dem ein richtiger Rap-Fan, einer wie ich also, einfach weggeblasen wird. Eine wahre Bombe wollte ich. Man findet auf dem Album heftige Sachen wie Lil’ Jon, aber auch politisch denkende Leute, wie Dead Prez. Zusammen ist das eine unfassbare Mischung.“
„Certified“ beweist, dass Banner, der den Großteil der Produktion selbst in die Hand genommen hat, ein Mann ist, der sein Wort hält. Für das deftige „X-ed“ hat er sich mit seinem alten Kollegen Kamikaze von Crooked Lettaz zusammengetan, um die Situation der sozial Benachteiligten anzusprechen und auf Missstände aufmerksam zu machen. „I’ve been x-ed from the system, x-ed from the `hood, and you wonder why I’m up to no good“, gibt ein geladener David Banner von sich. Die unter die Gürtellinie gehende Nummer „Play“, dem zweiten Stück aus DJ Smurfs „Intimate Club Music“-Serie, ist ein bisschen zurückhaltender, während ein verführerischer Banner ein verbales Terrain erforscht, mit dem er seine Fans auf ein Neues überraschen wird. Zuletzt hatte Smurf den Ying Yang Twins bei deren Hit „Wait (The Whisper Song)“ unter die Arme gegriffen. Für den minimalistischen Titeltrack des Albums („Certified“) verlässt sich Banner sowohl auf den Sound der guten alten 808, als auch auf die gediegenen Reim-Eskapaden des b.i.G.f.a.c.e.-Künstlers Marcus. Gemeinsam cruisen sie förmlich durch die Beat-Landschaft eines Stücks, das jetzt schon ein Dirty-South-Klassiker ist.
Während Banner auf „On Everything“ seine verbalen Stärken an der Seite des aus Chicago stammenden Zungenbrecher-Rappers Twista präsentiert, geht er mit „Crossroads“ wiederum ganz andere Wege, liefert ein ehrlich vorgetragenes Rock-Statement mit spirituellem Inhalt. Auf „My Life“ hingegen beschäftigt sich Banner mit den nach wie vor aktuellen, sozioökonomischen Missständen, unter denen vor allem Afroamerikaner leiden. „Think about the slave trade/We sold our own just to get paid/Nowadays it’s the same thang…let your brains hang“, erklärt er über einem soul-beladenen Akustikgitarren-Track.
Banner war es stets wichtig, in seiner Musik geistliche und weltliche Werte miteinander zu vereinen. Er setzt schon seit Jahren alles daran, auf dem sozialen Sektor zu helfen, und so vergab er erst im vergangenen Jahr fünf selbstfinanzierte Stipendien im Wert von je zehntausend Dollar an fünf seiner Fans. „Ich sage den Leuten immer wieder, wie wichtig es ist, die Dinge auch tatsächlich anzupacken. Man muss die Mittel haben, um den Leuten unter die Arme greifen zu können. Mir ist es lieber, Hits aufzunehmen und dann eine Million Dollar zu verschenken, als einfach nur dazustehen und zu reden.“
Auch wenn sich sicherlich schon vieles im Leben von Banner verändert hat, ist er dennoch nach wie vor ganz das ambitionierte Rap-Kid, das schon damals von einer Rapper-Karriere träumte, obwohl die ihn umgebende Realität eher von Banden-Gewalt und Rassismus geprägt war. Ein etwas älterer Cousin aus dem Norden brachte den damals zwölfjährigen Banner zum HipHop, als er ihn 1987 mit New Yorker Helden wie Stetsasonic, T La Rock und Mantronix vertraut machte. Im zarten Alter von sechzehn war Banner bereits dabei, auf einem kleinen Casio-Keyboard (inklusive Sampler) zu arbeiten, wobei er sich von Künstlern wie NWA oder A Tribe Called Quest inspirieren ließ. Dazu prägten ihn selbstverständlich auch Südstaaten-Größen wie The Geto Boys, UGK und Outkast.
Gute zehn Jahre später befand sich Banner dann mitten in der Dirty-South-Revolution, als eine Hälfte des Rap-Duos Crooked Lettaz. Er und Kamikaze veröffentlichten das von Kritikern in den Himmel gelobte (und von viel zu vielen übersehene) „Grey Skies“-Debüt (auf Tommy Boy) im Jahr 1999, und schon im Folgejahr begann Banner seine Solo-Karriere: „Them Firewater Boys Vol. 1“ machte ihn im Handumdrehen zu einem der heißesten Acts im Underground, sowohl XXL als auch Murder Dog erklärten die Scheibe zu einem der besten Alben des Jahres. Nach einer Weile zeigten dann auch die großen Labels Interesse, klopften an Banners Tür, bombardierten ihn geradezu mit Angeboten. Letztlich war es der legendäre Musik-Aficionado Steve Rifkind (Wu-Tang Clan, Mobb Deep, Three−6 Mafia), der Banner und dessen b.i.G.f.a.c.e.-Entertainment bei seinem eigenen SRC-Label unterbrachte. Mit vergrößerter Plattform konnte sich schon bald niemand mehr Banners Bann entziehen.
Doch natürlich hat der nimmersatte Banner schon jetzt weitere Projekte nach dem Release von „Certified“ geplant. Im vergangenen Jahr konnte man ihn als MTV-Korrespondenten erleben, der während des Wahlkampfes über die katastrophalen Lebensbedingungen in den Ghettos seines Heimatstaats Mississippi berichtete. Inzwischen verhandelt er gerade mit Cartoon Network über die Entwicklung einer neuen Comic-Figur, die an seiner Person angelehnt sein wird; dazu nimmt er Schauspielunterricht in Los Angeles und ist gerade dabei, sein erstes Drehbuch fertig zu stellen.
Mit erst kürzlich produzierten Tracks für Ludacris, Busta Rhymes, Nelly, Lil’ Flip und Juelz Santana zeigt der überproduktive Produzent/MC/Schreiber keine Zeichen von Ermüdung. Banner und sein Mississippi sind gekommen um zu bleiben.