“Unter den großen Saxofonisten der letzten vier Jahrzehnte”, so hieß es einmal im amerikanischen Rolling Stone, “hat David Sanborn sich eine ganz eigene Identität erspielt. Er ist Jazz, er ist Funk, er ist Soul, er ist Pop, er ist Blues, er ist Rock. Das Beeindruckendste ist dabei, dass er sich mit einer Instrumentalstimme, die sowohl kraftvoll als auch zärtlich, sinnlich als auch subtil ist, in jedem dieser Genres hervortut.”
Begonnen hatte der 1945 in Tampa/Florida geborene und in einem Vorort von St. Louis/Missouri aufgewachsene David Sanborn seine Karriere als Bluesmusiker. Schon mit 14 Jahren trat er in St. Louis an der Seite von Größen wie Albert King und Little Milton auf. Seine ersten Plattenaufnahmen machte er Ende der 1960er Jahre als Mitglied der Paul Butterfield Blues Band, mit der 1969 auch bei dem historischen Woodstock Rock Festival auftrat. Noch bevor er 1975 endlich sein Solodebütalbum “Taking Off” einspielte, hatte Sanborn bereits im Studio und auf der Bühne mit einigen der größten Stars der Pop-, Rhythm’n’Blues- und Rockszene gearbeitet: darunter James Brown, Stevie Wonder, David Bowie, B.B. King und Paul Simon… und diese Liste sollte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch exponentiell anwachsen.
Auch auf seinen eigenen Alben wandelte Sanborn, der den Ray-Charles-Saxofonisten Hank Crawford als seinen frühesten und größten Einfluss bezeichnete, unermüdlich zwischen den Stilen. “Wenn ich mich festlegen müsste, würde ich mich eher der Blues/R&B-Seite des Spektrums zuordnen”, gestand er 2008 in einem Interview mit dem Radiosender NPR. “Aber wenn man Saxofon spielt, kann man sich dem Einfluss des Jazz nicht entziehen. Es ist also nicht so, dass ich mich nicht unbedingt als Jazzmusiker bezeichnen möchte. Es ist nur so, dass ich nicht weiß, ob das ganz richtig ist.”
Zwischen 1975 und 2014 spielte Sanborn insgesamt 25 Alben unter seinem Namen ein, für die er sechs Grammy Awards, acht Goldene und eine Platin-Schallplatte erhielt. Von seiner jazzigeren Seite zeigte er sich u.a. auf den beiden Alben “Time Again” (2003) und “Closer” (2005), die er für das traditionsreiche Jazzlabel Verve Records einspielte. Parallel profilierte sich Sanborn im Fernsehen als Mitglied der prominent besetzten Saturday Night Live Band und mit der Sendung “Night Music”, die er gemeinsam mit Jools Holland moderierte und dazu nutzte, um mit so unterschiedlichen Künstlern wie Miles Davis, Eric Clapton, Lou Reed, Santana, Leonard Cohen, Sonic Youth, John Zorn, Curtis Mayfield u.v.a. zu spielen. Das Konzept von “Night Music” griff er 2019 für die in seinem Heimstudio produzierte Serie “Sanborn Sessions” wieder auf, für die er Gäste wie Sting, Kandace Springs, Marcus Miller oder Christian McBride zu sich nach Hause einlud, um diese mit seiner Hausband in ungezwungener Atmosphäre zu begleiten.
Jetzt ist David Sanborn, der 2018 an Prostatakrebs erkrankt war, im Alter von 78 Jahren in Tarrytown/New York gestorben.