Aus den Wurzeln von Blues, Gospel, Country und Soul hat das Quintett eigene „Vintage“-Americana-Songs destilliert. Delta Spirits Debüt-EP „I Think I´ve Found It“ schaffte Platz 9 auf der Jahresliste 2007 des Trendsetter-Musik-Blogs Daytrotter. „Ode To Sunshine“, das im selben Jahr unabhängig produzierte Debütalbum der Kalifornier, klingt „nach Sonne, Saunas, Hunden und Freunden, nach Whiskey-Cola, heißen Tagen, Nächten voller Sterne, guten Büchern, Wanderungen, kurzen Hosen und Barbecues“, erklärt Bassist Jon Jameson. Auf ihren Konzerten verkauften sie sieben Tausend Exemplare. Irgendwann trat der US-Indie Rounder Records ins Bild, veröffentlichte eine remasterte und um einen Song der EP erweiterte Version von „Ode To Sunshine“. Ihren ersten Auftritt im US-Fernsehen hatten Delta Spirit im September 2008 in „Late Night With Conan O´Brian“, wo sie die Single „Trashcan“ aufführten. Kurz danach etablierte sich der Song mit der Mülldeckel-Perkussion zum College-Radiohit. Spätestens dann traten die begeisterten Kritiker und Tastemaker auf den Plan, beschworen Delta Spirit zu Erben der Violent Femmes und Waterboys, von Wilco, Neil Young und Northern Soul und Alternative-Country und Britpop.
Auf ihren Konzerten tauschen sie andauernd die Instrumente. Keiner steht bei Delta Spirit im Vordergrund. Die Credits für ihre Songs nimmt die Band als geschlossene Einheit. Wie haben sie ihre Songs geschrieben? „Das war jedes Mal eine neue Erfahrung“, sagt Jameson. „Die Songs entstanden als Jams, aus halbfertigen Akkorden, gesummten Melodien, angespielten Drumbeats und so weiter.“ Diese DIY-Ethik zieht sich durch ihr Material, und in einem Jahr auf Tour feilte die Band es messerscharf. Der britische Musikjourno Neil McCormick sah Delta Spirit drei Mal auf dem diesjährigen SXSW-Festival in Austin, Texas und schrieb danach. „Keine Show glich der anderen. Hier haben wir eine Gruppe, die sowohl supersanfte akustische Lagerfeuersongs spielen kann als auch rockt wie eine dreckige betrunkene Soulband unter Strom.“
Ihr schrecklichster Gig? Vor einer Weile in Lawrence, Kansas. „Die Mikrophone waren nicht geerdet, so dass wir ständig Stromschläge bekamen“, erinnert sich Jameson. „Voll auf die Lippen, wir dachten, jetzt werden wir hingerichtet. Irgendwann wurde uns klar: das hier ist völlig Scheiße und wir gingen über zu einer durchgeknallten Nirvana-Jamsession. Auf unserem nächsten Gig in Lawrence werden wir das alles wieder gutmachen“, sagt er lachend. Sänger Matt Vasquez setzte an jenem Abend aus. Ansonsten trägt er die Songs von Delta Spirit mit einer Stimme vor, die den jungen Bob Dylan stolz gemacht hätte. Die Schuld an seinem durchdringenden, mal surrenden, mal voll aufgedrehten Organ hätte seine Mutter, verriet der ehemalige Straßenmusiker dem britischen „Daily Telegraph“. „Als ich fünf war, zeigte mir meine Mutter eine LP von Janis Joplin und sagte: `Wenn Du schon singst, dann sing so.´ Seitdem verfolgt mich dieses Mädchen“, sagt Vasquez mit einem Grinsen. Die anderen der Band traf er vor drei, vier Jahren, als Vasquez nächtens auf einer Bank vor einem Bahnhof saß und lauthals ein Lied sang. Publikum: ein Hund, dann der Rest von Delta Spirit. Spricht man mit Vasquez über Musik, fallen die Namen Steely Dan, Outlaw, Clyde und Crazy Cody. In den zumeist von ihm entworfenen Songs zeigt sich der Karohemdträger als geborener Geschichtenerzähler mit einem Hang zur Mythologie. Er wäre gern ein Landstreicher in den Fußstapfen von Woody Guthrie und Jack Kerouac gewesen – aber das sei heute weltfremde Nostalgie, so Vasquez: „Die Dächer der Langstreckenzüge sind öffentliche Verkehrsmittel für mexikanische Pendler geworden.“ Seit den Antiterror-Gesetzen in den USA ahndet dort das FBI beschauliches Schwarzfahren auf Zugdächern. Keine gute Idee also. Dafür hat Vasquez sich mit Delta Spirit die Reifen auf den Highways der USA abgefahren, mit 200+ Gigs im Jahr. Außer Alaska haben sie jeden Bundesstaat kennengelernt, auf Tour mit Bands wie Clap Your Hands Say Yeah, Dr. Dog oder Cold War Kids – Bands, die wie Delta Spirit die Tiefe amerikanischer Roots-Musik mit dem Freigeist aktuellen Indie-Rocks verbinden. „Wir sind in den 80ern geboren, in den 90ern aufgewachsen und haben Eltern aus den 60ern“, steckt die Band sich ab. Sie seien weder angeberische „Schwanz-Rocker“ noch betuliche Hippies, meint Jameson. „Wir wollen einfach ehrlich mit uns selbst umgehen und damit, wie wir die Welt sehen, ohne das Düstere oder die Hoffnung klein zu reden, beide sind sehr real.“
Von der Beatles-Referenz (Periode: „Rubber Soul“) auf dem Album-Opener „Tomorrow Goes Away“ über das Saloon-Piano und die Grunge-Akkorde von „Trashcan“, den Swamp-Rock auf „People C´Mon“ oder den Surfsound von „Children“ spiegelt sich im musikalischen Kaleidsokop von Delta Spirit das Gefühl einer neuen Generation wider.
Via Decca erscheint „Ode To Sunshine“ nun in Europa.
Delta Spirit sind:
Matt Vasquez – vocals
Jon Jameson
Brandon Young
Sean Walker
Kelly Winrich