Einem Menschen wie Donavon Frankenreiter begegnet man selten. Seiner einnehmenden Präsenz und durchaus verwegenen Außenwirkung steht eine authentische Ausstrahlung und ein großes Herz gegenüber. Sein 360°-Charisma wiederum wird gefüttert aus Donavons turbulentem Leben, einem, das auch ihn selbst immer wieder erstaunt.
Dabei ist es erstmal alles andere als glamourös. Aber es birgt verschiedene Lebenssituationen, die nicht jedermann unter einen Hut bringen könnte. Zuerst ist Donavon der Ehemann seiner Frau Petra und der Vater seiner Söhne Hendrix und Ozzy. Ihre Liebe, ihre Präsenz ist, was ihn wirklich antreibt. Man sieht das schon auf dem unübersehbaren Tattoo von den Dreien auf seinem Unterarm. Dann kommt Donavon, der Profi-Surfer, der weiterhin die heißesten und die geheimsten Surfplätze der Welt aufsucht. In der Tat haben Donavons Surfbrett und sein Gitarrenkoffer an mehr Orten herum gelegen als die meisten Menschen jemals sehen werden. Und dann – natürlich! – gibt es Donavon Frankenreiter, den Musiker, der demnächst sein drittes, vielleicht sein bisher wichtigstes Album veröffentlicht: „Pass It Around“.
Sein Musikerleben indes kommt nicht ganz ohne Glamour aus. Wenn auch auf eine Art und Weise, die ihm unwirklich erschien. Dann, wenn es galt, zu den Aufnahmen von „Pass It Around“ in den Sunset Studios in Hollywood, in derselben Gesangsbox zu stehen, in der Janis Joplin und Jim Morrisson einmal Rockgeschichte schrieben.
„Viele Musiker wollen heute nur noch zu Hause bleiben und ihre Platten mit Protools aufnehmen, weil es ihnen Tausende von Dollars spart“, sagt der Neo-Rootsrocker. „Aber es geht um den Moment, um die Erfahrung. Das will ich spüren. Wie es ist, die Wände in diesem Studio zu berühren. In diese Mikrophone zu singen. Darum geht es beim Aufnehmen. An diesen Orten zu sein, die den Geist wirklich großer Künstler atmen.”
Vor zwei Jahren entfernte sich der 35jährige mit der letzten LP „Move By Yourself“ vom akustischen Lagerfeuer-Sound seines titellosen Debüts von 2004. Der überzeugte Schnurrbartträger stöpselte die Gitarre in den Verstärker, wurde rockiger und funkte zuweilen, was das Zeug hielt. Auf „Pass It Around“ ist Donavon noch einen Schritt weiter auf diesem Weg gegangen. Der Sänger und Gitarrist komponierte einige der neuen Songs gemeinsam mit anderen. Mit Mike Daley von Whiskeytown, mit Thad Cockrell, der unter anderen mit Caitlin Cary von Whiskeytown gearbeitet hat und mit Steve McEwan und Grant Lee Philips von UnAmerican. Außerdem ist neben Frankenreiters Band (Matt Grundy: bass / Eric Brigmond: keys / Craig Barnette: drums) Ben Harper auf dem Titeltrack, „Pass It On“, zu hören und G. Love spielt auf „Sing A Song“ Harmonika.
„Ich habe viel bei dieser Produktion gelernt, vor allem, dass es nicht nur um mich geht“, sagt Donavon. „Sondern darum, zusammenzuarbeiten, auch mal loszulassen, jemand anderem die Kontrolle zu übergeben. Aber um da hin zu kommen, musste ich vorher andere Erfahrungen machen.“
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Bläserarrangement auf “Your Heart”. „Auf dem Demo davon waren alle Bläsercharts von einer Mundharmonika eingespielt, und erinnerten dabei sehr stark an „Harvest Moon“, den Neil Young-Song.
Joe [Chiccarelli: Grammy-Gewinner, Kollaboratuer von Frank Zappa, The White Stripes / The Raconteurs, The Shins, My Morning Jacket – und Produzent von „Pass It Around“] sagte mir, er höre da eine Mariachi-Band. Ich wusste, dass ich seiner Weisheit vertrauen konnte und so ließ ich mich darauf ein. Als ich das Resultat zum ersten Mal hörte, klang das fast schon unwirklich, es passte so derartig gut“, sagt Frankenreiter.
„Auch mit Grant Lee Philips hatte ich ein erstaunliches Erlebnis” sagt Donavon.
„Ich komponierte „Mansions In The Sand“ und kam mit dem Song nicht weiter, wir schrieben ein bisschen gemeinsam dran herum und ließen die Skizze dann eine Weile liegen. Dann schickte er mir eines Tages den fertigen Song zu und blies mich damit weg. Ich habe immer versucht, etwas über den Ozean, die Flut, die Brandung zu schreiben. Aber ich konnte das nie. Alles, was ich schrieb, kam mir kitschig vor“, sagt Frankrenreiter lachend. Der Respekt vor dem Element, das er als Surfer meisterhaft beherrscht, blockierte ihn beim Schreiben eines Songs darüber. Er brauchte jemand von außen, um seine Meeresliebe in Worte zu fassen. „Grant brachte es auf den Punkt – und dabei surft er selbst gar nicht“, sagt der Wellenreiter augenzwinkernd. Die kollektive Herangehensweise an „Pass It Around“ ging Frankenreiter ganz bewusst, als eine neue Herausforderung an. Denn er ist ein Mensch, der sich ständig selbst neu herausfordert. Mit diesem Anspruch ist es ihm gelungen, ehrlich, offen und auch ein bisschen demütig zu bleiben, seinen Platz als Erfüllungsgehilfen von etwas Größerem zu finden.
Die alten und neuen Freunde an seiner Seite, den neuen Erfahrungsschatz im Herzen, ist Donavon komplett zufrieden mit den neuen Songs. „Ich glaube, das ist mein bisher bestes Opus. Es zeigt, wo ich jetzt stehe und wo ich herkomme”, resümiert er.