Helge Schneider | Biografie

Helge Schneider, “Heart Attack No. 1”, 2017

Kein Grund zur Sorge, es kann Entwarnung gegeben werden: Helge Schneider hat es nicht mit dem Herzen, wie der Titel seines neuen Albums “Heart Attack No. 1” es vielleicht auf den ersten Blick andeutet. Im Gegenteil. Tatsächlich fühlt sich Helge pudelwohl. So wohl, dass der Sänger und Multi-Instrumentalist gleich zu Beginn des Jahres ein brandneues Album veröffentlicht, auf dem sich der frisch aus der vorzeitigen Rente zurückgekehrte Allround-Entertainer einen jahrzehntelangen Traum erfüllt: Seit gefühlten Ewigkeiten schlägt Helge Schneiders Herz für den Jazz, dem der 61-Jährige nun gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten und treuen Bandmitglied Pete York eine ganze Platte mit ausgewählten Remakes alter Meister und natürlich auch selbst komponierten Stücken widmet. Auf “Heart Attack No. 1” präsentiert der Echo-Preisträger nun seine ganz eigene Interpretation des Musikstils, dem er praktischerweise auch gleich ein bisher noch unbekanntes Subgenre hinzufügt: Jazz-Hop!
Rückblick: Stadthalle Mülheim an der Ruhr, irgendwann Anfang der 70er Jahre. Der britische Blues-Musiker Alexis Korner tritt auf. Udo Lindenberg, der brasilianische Gitarrist Baden Powell, der legendäre Saxophonist Benny Waters, Violinist Joe Venuti und Piano-Koryphäe Teddy Wilson – die drei Größten des Jazz. Der damals erst 16-jährige Helge ist sofort komplett geflasht vom Rhythmusgefühl und vom Improvisationstalent der drei weltberühmten Musik-Ikonen. “Ab diesem Moment habe ich mich nur noch für Jazz interessiert”, beschreibt Helge Schneider heute einen der wohl prägendsten Augenblicke in seinem Künstlerleben. Mit “Heart Attack No. 1” macht er nun einen mächtigen Schritt zurück zu seinen ursprünglichen Wurzeln, jedoch nicht ohne ein ordentliches Quäntchen Schneiderschen Liebhaberhumors, mit dem er die Messlatten des Free-, Hot- und Cool-Jazz nochmal ein gutes Stückchen höher hängt!
Schon immer hat sich seine Leidenschaft für die Jazzmusik wie ein roter Faden durch das Wirken des gebürtigen Mülheimers gezogen. Mal deutlicher, mal weniger offensichtlich. Schon seit seinem 1987er Albumdebüt “The Last Jazz” hat er immer wieder auf seinen Releases und während Konzerten gekonnt dekonstruierte und oftmals perfekt als Stand-Up-Klamauk getarnte Jazz-Elemente geschummelt, mit denen er spätestens seit seinem 1993er Durchbruchsalbum “Es gibt Reis, Baby” und dem daraus ausgekoppelten Überhit “Katzeklo” die deutschsprachige Popkultur infiltriert. Und dafür wird er mit Awards wie dem Echo, dem Deutschen Comedypreis (unter anderem für sein Lebenswerk), dem Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft, dem Prädikat “Klavierspieler des Jahres” (verliehen vom Bundesverband Klavierspieler), dem Großen Karl-Valentin-Preis sowie unzähligen anderen überschüttet.
Nach dem instrumentalen Quasi-Alleingang auf seinem letzten Top 1-Studioalbum “Sommer, Sonne, Kaktus!” (2013) hat sich Helge Schneider für “Heart Attack No. 1” nun einen alten Bekannten an Bord geholt, mit dem er in seiner abbruchreifen Bauernkate in zwei Aufnahmesessions 14 brandneue Songs eingespielt hat: Der britische Star-Trommler Pete York war schon an den Drums bei Klaus Doldingers Passport, der Spencer Davis Group oder Ex-Deep Purple-Member Jon Lord zu hören und verstärkt seit vielen Jahren auch immer wieder Helge Schneiders Backingband. Gemeinsam hat das dynamische Herrengespann auf “Heart Attack No. 1” elf unsterbliche Jazz-Classics von Ikonen wie Duke Ellington, Count Basie oder Ben Bernie im markanten Helge-Signature-Style schneiderfiziert und um drei eigene Songs ergänzt.
“Es gab im Vorfeld keine Trackliste oder Idee, welche Songs wir überhaupt aufnehmen wollten”, so Helge. “Pete und ich haben uns getroffen, ich habe mich an die Orgel gesetzt und einfach drauflos gespielt. Er hat dann eingesetzt und aus dem Stand einen passenden Beat getrommelt. Einerseits haben mich am Jazz schon immer die Persönlichkeiten der Musiker fasziniert, andererseits auch diese totale künstlerische Freiheit und dieses Rebellentum. Für mich ist das Improvisieren leichter, als Songs im klassischen Sinne zu komponieren. Ich finde, man sollte im immer Leben das tun, wozu man fähig ist und was einem Spaß macht. Genau das habe ich mit diesem Album wieder getan. Guten Tach.”
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