I Heart Sharks | Biografie

I Heart Sharks

I   H E A R T   S H A R K S
Es ist drei Uhr Nachts in Paris. Im brechend vollen L’International, einem Club des 11. Bezirks, werden Pierre Bee, Simon Wangemann und Martin Wolf von der Menge halb auf Händen getragen, halb zerfetzt. Alle sind außer Atem. Ein eklektisches Publikum von Anzugträgern im Afterwork-Modus bis hin zu jungen Mädels, die sich mit ihren gefälschten Ausweisen an den Türstehern vorbeigeschlichen haben. Keiner möchte, dass dieser Abend endet. Nicht nach dieser letzten Stunde auf der Tanzfläche, in einem Meer aus Gliedmaßen rudernd, die Songtexte der einzelnen I Heart Sharks-Songs in den Raum krakeelend, von billigem Wein aus umherfliegenden Plastikbechern durchtränkt. Als die Band es schließlich in die Umkleide schafft, findet Bee als erster die passenden Worte: „Wow, das ist ja schnell eskaliert“. Morgen ist der letzte Tag ihrer Tour durch Europa. Morgen neigen sich zwei unvergessliche Jahre dem Ende zu und leiten sogleich den Anfang von etwas ganz Besonderem ein.
 
Im Spätsommer 2007 begegneten sich drei junge Männer aus drei unterschiedlichen Ländern zufällig hinter dem dicken Gemäuer des Berliner Technomekkas Berghain und hatten eine Eingebung. Die Idee war es, Maschinenmusik zu machen, die eine menschliche Seele hat, Gitarren als Synthesizer und Synthesizer als Gitarren zu nutzen. Mit anderen Worten, eine Musik zu schaffen, welche die zynische, pseudo-intellektuelle Behauptung widerlegt, ‘Musik, die den Körper bewegt, könne den Geist nicht bewegen und umgekehrt’. Kurz, I Heart Sharks.
Es folgten vier Jahre auf Tour – Auftritte in verlassenen Treppenhäusern, umfunktionierten Flugzeughangarn, als Support auf Europatourneen von Acts wie Friendly Fires oder Natalia Kills – gepaart mit stundenlangen Busfahrten über Autobahnen und monatelangem Zusammenhocken in dunklen Proberäumen ehemals ostdeutscher Kellergewölbe. Stillstand? Fehlanzeige. 2011 veröffentlichten I Heart Sharks ihr Debütalbum Summer, eine Ansammlung nostalgischer, die vorangegangen Tourjahre sonorisch zusammenfassender Songs. Finanziert wurde das Album mit Unterstützung der Fans, die sich beim Kauf von Mitnehmseln und Andenken, von Songtexten bis hin zu Tickets für zukünftige Secret Gigs, an dem Projekt beteiligten.
Mehr Fans, größere Locations – das Jahr 2012 hielt für die Band drei Touren und einen Sommer voller Auftritte bereit. Sie spielten auf dem Melt! Festival, an der Seite von Kraftklub in der Dortmunder Westfalenhalle und beim Heimspiel auf dem Berlin Festival, dem sie mit ihrem Song Neuzeit gleichzeitig auch die faux-deutsche Hymne für 2012 lieferten.
Das zweite Album – erstmals auf Island Records – entstand Hand in Hand mit Hurts-Produzent Joseph Cross. Als Aufnahmeorte dienten eine stillgelegte Textilfabrik in Manchester sowie das frühere DDR Funkhaus in Berlin. Somit stellen beide Städte mit ihrer jeweils eigenen, bedeutsamen, musikalischen Geschichte eine perfekte Parallele zur Musik dar – die nordenglische Industriestadt mit ihren roten Ziegeln, stürmischen Gefilden und ihrer Factory Records’schen Vergangenheit trifft auf die ehemals gespaltene Metropole mit ihrer unermüdlichen elektronischen Musikszene, Erinnerungen an Bowie und Karaokebars.
Hinzu kam die Zusammenarbeit mit 80er-Legende und Ultravox-Frontmann Midge Ure, eine einzigartige Gelegenheit für I Heart Sharks ihre eigene Vision von Zukunftsmusik mit dem goldenen Zeitalter des New Wave zu verbinden und in die eigentliche Materie des Albums einfließen zu lassen.
Das Ergebnis – wie schon die Band selbst – ist ein Hybrid: Von den Synthie-getränkten Klangwelten auf Headlines hin zu den mechanisch, geradlinigen Gitarren und dem gewaltigen Refrain auf The High Rise. Die zerbrechliche, urbane Lyrik von Bee auf zuversichtlicheren Arrangements gebettet, in denen die Texte ein eigenes Dasein entfalten. Karaoke erinnert an  eine moderne Interpretation von Bowies Heroes, eine Ode der Arbeiterklasse an all diejenigen unter uns, die in der Gosse liegen, sich aber dennoch als Star fühlen. To Be Young hingegen, rückt in nüchternem Ton unsere Sorge, die eigene Jugend zu verschwenden, in den Mittelpunkt und fängt just diesen Moment zwischen Optimismus und Melancholie ein. Das neue Album bietet eine Auswahl luxuriöser Popsongs, begleitet von einer Robert Smith’schen Malaise – der Soundtrack einer Generation von Menschen, denen die Welt versprochen wurde, die aber nichts außer leere Worte erhielten.
Wir haben es mit Realitätsflucht in ihrer reinsten Form zu tun, mit waghalsig ehrgeiziger Popmusik, die uns gewaltsam dem trostlosen Alltag entreißt und in eine Welt entführt in der Versprechen noch zählen, wo ein jeder Tag Sommer ist und im Radio keine Schlager gespielt werden. Ein Balanceakt auf einem Drahtseil gespannt zwischen moderner Musik der Neuzeit – des New Age – und den nostalgischen Klängen vergangener Tage. Ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst gepaart mit englischem Herz und New Yorker Schneid. Dies sind urbane Hymnen aus ehrlichem Pop. Hier ist ein jeder willkommen. Hier können wir alle noch Helden sein.
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