Dass Ibrahim Maalouf eine sympathische Schwäche für starke Frauen hat, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Zuletzt bewies der Trompeter sie vor zwei Jahren auf den beiden Alben “Kalthoum” und “Red & Black Light”. Ersteres widmete er stellvertretend für alle Frauen, “die den Verlauf der Geschichte verändert haben und deren künstlerischer Einfluss noch heute Auswirkungen auf unser Leben hat”, der ägyptischen Gesangsdiva Oum Kalthoum. Letzteres war wiederum “eine Ode an die Frau von heute und die essenzielle Rolle, die sie dabei spielt, uns Hoffnung auf eine bessere Welt zu geben”.
Auch sein jüngstes Album “Dalida By Ibrahim Maalouf” ist wieder eine Hommage an eine starke Frau. Aufgenommen hat er es zur Erinnerung an die vor 30 Jahren gestorbene legendäre französisch-italienische Sängerin und Schauspielerin Dalida. Für dieses Projekt überarbeitete er Lieder aus ihrem in der ganzen Welt bekannten Repertoire (darunter die Hits “Bambino”, “Paroles”, “Il venait d’avoir 18 ans” und “J’attendrai”), um sie dann mit seiner Bigband und vielen namhaften internationalen Gästen wie Mika, Monica Bellucci, Melody Gardot, -M-, Golshifteh Farahani, Alain Souchon, Ben l’Oncle Soul, Izia, Thomas Dutronc, Rokia Traoré und Arno neu aufzunehmen.
Ibrahim Maalouf kam am 5. November 1980 in Beirut als Sohn des Trompeters Nassim Maalouf und der Pianistin Nada Maalouf zur Welt. Doch schon wenig später floh seine Familie wegen des im Libanon tobenden Bürgerkriegs nach Frankreich und fand in einer der Banlieues von Paris eine neue Heimat. Ab dem siebten Lebensjahr erhielt Ibrahim von seinem Vater Unterricht auf der Trompete und wurde von ihm in die Geheimnisse sowohl der europäischen als auch arabischen klassischen Musik eingeweiht. Bis heute spielt er auf der goldenen Viertelton-Trompete, die sein Vater in den 1960er Jahren entwickelte und ihm “vererbt” hat. Auf ihr kann er die Vierteltöne arabischer Tonleitern – sogenannter “maqâms” – spielen, was seinem Spiel einen einzigartigen arabischen Charakter verleiht.
Seine Karriere begann Ibrahim Maalouf – in die Fußstapfen seines Vaters tretend – als klassischer Musiker. Bei Wettbewerben in Frankreich, Ungarn, Finnland und den USA gewann er zwischen 1999 und 2003 fünfzehn internationale Preise. Am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris, wo er zwei Jahre lang die Klasse von Gérard Boulanger besuchte, wurde er mit dem ersten Preis in den Fächern Trompete und Kammermusik ausgezeichnet. Maalouf arbeitete mit zahlreichen Sinfonie- und Kammerorchestern sowie unterschiedlichsten Ensembles in aller Welt zusammen.
Dem Jazz und anderen Musikgenres wandte er sich verstärkt ab 2002 zu. Ab 2007 spielte er eine Reihe eigener Alben ein, die ihn vor allem in Frankreich ungemein populär machten und für die er wieder diverse Auszeichnungen erhielt. Parallel machte er sich zudem einen Namen als Filmkomponist und wirkte darüber hinaus auf Alben von u.a. Sting, Amadou & Mariam, Georges Moustaki, Lhasa de Sela, Salif Keïta, Trilok Gurtu und Vanessa Paradis mit. Ins weltweite Rampenlicht rückte er aber erst so richtig 2015 mit der gleichzeitigen internationalen Veröffentlichung der beiden Alben “Kalthoum” und “Red & Black Light”, die bei dem wiederbelebten, traditionsreichen Jazzlabel Impulse! Records erschienen. Als wahrer Spezialist für jazzige Ohrwürmer erwies sich Ibrahim Maalouf ein Jahr später auf der CD/DVD “Live Tracks 2006–2016”, für die er Konzertmitschnitte von nie zuvor auf Album veröffentlichten Tracks zusammengestellt hatte.
November 2017