In den vergangenen zwei Jahren hat sich Ingrid Michaelson, die am 13.06. ihr fünftes Studioalbum „Lights Out“ veröffentlichen wird, von einem ambitionierten Indie-Pop Sweetheart zu einem wahren Popstar entwickelt. Ihre letzte Veröffentlichung, das Album „Human Again“, stieg auf Platz 5 der Billboard Album Charts ein, in den amerikanischen iTunes Charts landete es sogar auf der 1.
Dieser Chartseinstieg war die Krönung ihrer bisherigen Erfolge, die sie mit ihren selbstgeschriebenen Kompositionen erzielen konnte: ihre wunderschönen und oft eigenwilligen Songs wurden großflächig in Filmen, im Fernsehen und regelmäßig auch in der Werbung eingesetzt.
Der Entschluss für eine „Do It Yourself“-Herangehensweise – das Komponieren ihrer eigenen Songs, das Co-Herausgeben von Alben auf ihrem Indie-Label und -Verlag „Cabin 24“, der Aufbau einer treuen Anhängerschaft durch Musiklizenzierung und die Eigenpromotion über MySpace (wo sie 2006 entdeckt wurde) – erwies sich als absoluter Volltreffer. Selbst die New York Times schaltete sich nun ein und bezeichnete ihr Songwriting als „smart“, ihre Melodien als „unwiderstehlich“ und ihre Liveshows als „makellos“.
Doch plötzlich kam alles zum totalen Stillstand. Der Grund: einige nahe Verwandte erkrankten schwer und ihr Hund starb. Kurz darauf ging es auch Ingrid Michaelson selbst gesundheitlich schlecht: „Mein ganzer Rachen brannte mehrere Monate lang wie Feuer. Ich musste aufhören zu schreiben“, sagt sie über die Zeit von April bis August 2013. „Durch meine Erkrankung konnte ich nicht mehr singen“. Nach unzähligen Arztbesuchen – zu schlimmsten Zeiten „so drei am Tag“– besserte sich ihr Zustand langsam und Ingrid konnte endlich mit dem Schreiben an „Lights Out“ fortfahren.
Der Titel „Lights Out“ bezieht sich eigentlich auf die Worte, die im Tourbus von der Crew vor dem Schlafen gehen gemurmelt werden. Doch in Anbetracht der jüngsten Ereignisse, hat sich der Albumtitel außerdem zu einer Metapher für Sterblichkeit und das Loslassen entwickelt.
Aufgrund ihrer Erfahrungen behandelt das Album primär ernste Themen, vergisst dabei jedoch nie die Leichtigkeit des Pop wie bei „Time Machine“ oder dem süßlich lebensfrohem Song „Girls Chase Boys“, der eine Brücke zu ihrem bestehenden Song-Katalog schlägt. „Dieser Song soll den Leuten als Übergang zu meinem neuen Sound dienen. Ich respektiere natürlich, was sich die Leute wünschen, aber ich zeige Ihnen auf dem Album eben auch, was ich alles in mir steckt“, erläutert sie und ergänzt: „Manche der Lieder, wie „Over You“, wurden so geschrieben, als würden sie von Beziehungen handeln, tun sie aber nicht.“
Das himmlische „Handsome Hands“ ist wohl das experimentellste Stück auf „Lights Out“. „Der Song handelt vom Tod, aber auch von einer höheren Macht“, erklärt sie. „In Zeiten von größter Verzweiflung, fangen selbst die ungläubigsten Menschen an zu beten. Wenn du bis an deine Grenzen gebracht wirst, sucht du die Hilfe in etwas anderem als dir selbst.“
„Wonderful Unknown“ ist eine positiv betörende Geschichte über die Ängste und Unsicherheiten des gemeinsamen Alterns, welche sie in einer tiefen Tonlage vorträgt. Etwa eine Folgeerscheinung ihrer Rachen-Krankheit? „Ich glaube nicht, dass ich einen Teil meiner Stimme verloren habe“, sagt sie, „aber meine Stimme hat sich in gewisser Weise verändert“.
„Lights Out“ kennzeichnet Ingrids Einstieg in eine ganze neue mutige Welt des Songwritings. An den Aufnahmen in New York, Los Angeles und Nashville, haben sechs Produzenten und zehn Co-Writer mitgewirkt, u.a. die Singer-Songwriter Katie Herzig, Mat Kearney, Trent Dabbs, sowie die stark gefragte Busbee (Pink, Katy Perry, Lady Antebellum) und A Great Big World.
„Für all meine anderen Alben, habe ich alles komplett selbst geschrieben. Ich habe mit einem Produzenten gearbeitet. Und wir blieben in einem Raum. Ich war ein absoluter Kontrollfreak wenn es um meine Lieder ging! Aber wenn du dich mit den richtigen Menschen zusammentust, entstehen Ideen, die du selber nie gehabt hättest. Es öffnet dir Türen.”
So haben sich bei Ingrid auch einige Sichtweisen verschoben. „Es ist seltsam. Es fühlt sich gar nicht mehr so an als hätte ich „The Way I Am“ geschrieben“, sagt Ingrid über ihre mit Platin ausgezeichnete Erfolgssingle, die vor sieben Jahren aufgenommen wurde. „Das Lied ist nun eher wie eine Erinnerung.“
Natürlich wird sie es auch weiterhin auf Tour live spielen, nur eben in einer abgespeckten Version, die dem flatternden Liedchen mehr Gewicht verleiht. „Es fühlt sich an als hätte ein kleines Mädchen diesen Song geschrieben. Seitdem ist so viel in meinem Leben passiert.“