Es gibt im Jazz wohl kein anderes Instrument, das über Jahrzehnte so sehr mit einem einzigen Musiker identifiziert wurde, wie die Hammond-Orgel mit Jimmy Smith. Seit er 1951 vom Piano auf die Hammond-Orgel umgestiegen war, galt Smith als der bahnbrechende Pionier, an dem sich alle nachfolgenden Jazz-Organisten messen lassen mußten.
Der am 8. Dezember 1928 in Norristown/Pennsylvania geborene Jimmy Smith hatte als Kind von seinen musikalischen Eltern Pianounterricht erhalten. Zwischen 1948 und 1950 studierte erst an der Hamilton School of Music und dann an der Ornstein School of Music in Philadelphia Klavier. 1951 begann er Hammond-Orgel zu spielen und erregte mit dem Instrument, das bis dahin vor allem von Kirchenmusikern genutzt wurde, in der Jazzszene schnell Aufmerksamkeit. Schon bald sprach sich sein Ruf auch bis New York herum. Ein Auftritt im legendären Birdland und beim renommierten Newport-Festival brachten Smith 1957 schließlich den Durchbruch.
Zur selben Zeit begann Smith, der 1956 einen Plattenvertrag mit Blue Note abgeschlossen hatte, mit Begleitern wie Lee Morgan, Art Blakey, Kenny Burrell und Stanley Turrentine eine wahre Flut von Alben aufzunehmen, darunter Klassiker wie “The Champ” (1956), “The Sermon!” (1958) und “Back At The Chicken Shack” (1960). Auf dem Soloalbum “The Champ” bewies er seine Einzigartigkeit. Mit dem Fuß spielte er den Walking-Bass, mit der linken Hand die Begleitakkorde und mit der rechten die oftmals wahnwitzig flotten Sololinien. Viele dachten damals fälschlicherweise, daß Smith das Album mit einer Band oder per Overdub-Verfahren aufgenommen hatte.
1963 wechselte der Orgel-Virtuose zum Verve-Label, für das er in den folgenden elf Jahren viele seiner populärsten Alben einspielte, etwa “The Cat” (1964), “Organ Grinder Swing” (1965) oder gemeinsam mit dem Gitarristen Wes Montgomery, einem weiteren Verve-Zugpferd jener Jahre, “Jimmy & Wes: The Dynamic Duo” und “The Further Adventures Of Jimmy And Wes” (beide 1966). Anders als auf den vorausgegangenen Blue Note-Alben präsentiert sich Smith auf Verve oft in Begleitung von Big-Bands unter der Leitung von Meistern wie Oliver Nelson oder Lalo Schifrin. Musikalisch zog es ihn außerdem immer mehr zum von Rhythm’n'Blues, Soul und Funk beeinflußten Jazz.
Als dann in den 70er Jahren andere elektrische Keyboards wie das Fender Rhodes-Piano und Synthesizer der Hammond-Orgel die Schau stahlen, wurde es um Jimmy Smith etwas stiller. Er nahm zwar nach wie vor regelmäßig Platten auf (wenn auch lange nicht mehr so exzessiv wie in den 60er Jahren) und begeisterte auf Tourneen seine weltweiten Fans, sorgte aber nicht mehr für große Schlagzeilen. Erst als Smith Mitte der 80er wieder bei Blue Note landete und wenig später vom Hype um den groovigen Acid Jazz profitieren konnte, schenkte man dem Hammond-Pionier wieder verstärkt Gehör. 1995 begann er erneut eine Zusammenarbeit mit dem Verve-Label, für das er im selben Jahr die beiden grundverschiedenen Alben “Damn!” und “Angel Eyes” aufnahm, bevor er eine fünfjährige Auszeit einlegte. Erst 2001 meldete er sich mit zwei Blues-Alben wieder zurück: für Verve nahm er mit Gästen wie Taj Mahal, Etta James, B.B. King und Keb' Mo' “Dot Com Blues” auf, für Milestone mit Stanley Turrentine, Kenny Burrell und Grady Tate, seinen alten Weggefährten der 60er und 70er Jahre, das Live-Album “Fourmost Return”.
Am 8. Februar 2005 ist Jimmy Smith in Scottsdale/Arizona im Alter von 76 Jahren verstorben.
02/2005