Bereits die ersten paar Takte von „See No More“ machen eine Sache deutlich: Joe Jonas hat einen neuen Sound im Gepäck. Und: Er hat seine Stimme gefunden. Joes Debütsingle als Solokünstler verbindet alles, was einen Hit auszeichnet – sie ist so eingängig wie mitreißend, so tanzbar wie soulful, so unerwartet und erfrischend anders wie unwiderstehlich. Die Single, die er gemeinsam mit Chris Brown und dem Produzenten Brian Kennedy geschrieben hat, ist in den Staaten bereits durch die Decke gegangen und hat Fans wie Kritiker überzeugt: „Der Chef-Frauenschwarm der Jo-Brüder lässt sämtliche Teenie-Querelen hinter sich und präsentiert sich auf diesem heißen Liebeskummer-Track als einfühlsamer und verdammt lässiger Typ“, so beispielsweise der Kommentar von Entertainment Weekly. Nach sechs Jahren, die er gemeinsam mit seinen Brüdern Nick und Kevin gearbeitet hat, beschreibt Joe Jonas die Arbeit an seinem kommenden Soloalbum als „irgendwie befreiend, aber es war auch eine ganz schöne Herausforderung, mit einem Mal zu hundert Prozent das in der Musik ausdrücken zu können, was in einem vorgeht.“
Schon Anfang 2010 hatte Joe Jonas mit der Arbeit an seinem ersten Solowurf begonnen; sein Plan lautete, sämtliche Sounds und Stimmungen zu kombinieren, auf die er persönlich steht: Pop, Dance, HipHop, Techno und House. „Ich wollte ehrlich gesagt ein Album aufnehmen, das einem Club-DJ zusagen könnte“, so Joe. Als die Richtung erstmal stand, tat er sich mit den Hitproduzenten Danja (Britney Spears, Madonna, P!nk) und Rob Knox (Leona Lewis, Rihanna) zusammen; sie sollten ihn auf der Suche nach demjenigen Sound unterstützen, der ihm persönlich vorschwebte. Die so entstandenen Tracks decken ein breites klangliches Spektrum ab: Mal bricht er in Richtung Club und Tanzfläche auf, beispielsweise mit härteren Tracks wie „Blacklight“ oder „Fast Life“; doch dann gibt es auch Balladen wie „I’m Sorry“ oder „See No More“, bei denen seine Stimme über massiven Melodieteppichen abhebt und sich der 21-Jährige so verletzlich und ehrlich präsentiert wie nie zuvor.
Bis zum Frühjahr verbrachte Joe viel Zeit im Flieger, hielt sich in Miami und New York auf, um mit Danja ins Studio zu gehen, um gleich wieder nach Los Angeles zurückzukehren, wo Knox und der Songschreiber James Fauntleroy auf ihn warteten. „Ich hab schon mit unzähligen Leuten an Songs gearbeitet“, so Fauntleroy, „und den meisten fällt einfach nichts ein; sie sind vielleicht gar nicht so richtig mit ihrem Herzen dabei, oder sie verstehen nicht, warum ein Song so und nicht anders zu klingen hat. Bei Joe ist das anders: der weiß GANZ GENAU, wie man einen Song schreibt. Wenn man mit ihm ins Studio geht, entstehen die Songs wie von selbst und zwar im Handumdrehen.“ Auch Knox ist schwer angetan: „Joe weiß halt ganz genau, was er will, deshalb musste ich in diesem Fall auch so gut wie keinen Finger krümmen.“ Mehr noch: Die drei verstanden sich dermaßen perfekt im Studio, dass sie bereits darüber nachgedacht haben, in Zukunft als Kreativ-Trio für andere Künstler zu arbeiten…
Zwischen den Aufnahme-Sessions ging Joe Jonas immer wieder in Miami und Los Angeles in die Clubs, um sich von den DJs inspirieren zu lassen und so richtig in die ganze Clubwelt einzutauchen. „Wir waren nachts unterwegs und haben alle Clubs abgecheckt, um die ganzen Läden mal so richtig kennen zu lernen“, berichtet Joe. „Dabei haben wir die DJs ganz genau unter die Lupe genommen und uns angeschaut, wie sie ihr Publikum steuern und bei Laune halten. Für mich war das alles eine vollkommen neue Erfahrung. Besonders cool ist natürlich auch, dass der Sound und der ganze Vibe ganz unterschiedlich ist, je nachdem, in welcher Stadt du bist: Die Clubs in Miami haben nichts mit den Läden in L.A. gemein. Nur ging es mir ja darum, einen Sound zu kreieren, der gemeinsame Elemente beinhaltet und somit überall funktioniert.“
Auch die Tatsache, dass er letztes Jahr 21 geworden ist, habe den neuen Longplayer sehr stark beeinflusst, so Jonas: „Auf jeden Fall hat das sehr viel damit zu tun, dass ich jetzt volljährig bin“, so seine Einschätzung. „Man ist nicht mehr ganz so jung, kann endlich mit seinen Kumpels um die Häuser ziehen, sich entspannen, tanzen – all das unternehmen, was man schon immer mal machen wollte. Einfach losziehen und Spaß haben! Das hier ist die Art von Musik, die ich mit diesem Lifestyle verbinde: ein positiver Sound, zu dem ich automatisch abfeiern will.“ Über seine erste Solotournee, die noch in diesem Jahr stattfinden soll, sagt er, dass sein Ziel lautet, eine Stimmung wie bei einem ausgelassenen Clubabend zu kreieren. „Meine Live-Show soll eine richtige Party sein; so als ob man das Gefühl, im Club zu feiern, einfach einpackt und mitbringt in diejenige Stadt, in der man gerade auftritt.“
Die vielleicht wichtigste Lektion, die Joe gelernt hat während des letzten Jahres, als er an seinem Solowerk gearbeitet hat, war die Einsicht, dass man manchmal einfach Risiken eingehen und sich auf kreatives Neuland vorwagen muss: „Sich die nötigen Freiräume zu verschaffen, um als Künstler wachsen und sich entwickeln zu können, das ist wichtiger als alles andere“, meint er. „Ich hatte das Glück, vor kurzem erst Mick Fleetwood auf Hawaii zu treffen, und er hatte folgenden Rat für mich: ‘Nimm deine Fans musikalisch mit auf deine Reise, und stell dich immer wieder selbst auf die Probe, indem du neue und ganz andere Sachen ausprobierst. Früher oder später gewöhnen sich dadurch auch deine Fans daran, immer neue Sachen von dir zu hören.’ An diesen Ratschlag musste ich immer wieder denken, als ich diese Platte aufgenommen haben. Ich dachte mir: ‘Ich werde mich jetzt nicht verunsichern lassen, nur weil ich einen neuen Weg gehe’, und dann habe ich versucht, das permanent im Hinterkopf zu behalten.“
Auch was die Texte seiner Solo-Tracks angeht, wusste Joe, dass es an der Zeit war, die Latte noch ein Stück höher zu legen: Er wollte endlich kein Blatt mehr vor den Mund nehmen und ganz unverblümt das zum Ausdruck bringen, was ihm auf dem Herzen lag. „Mir wurde irgendwann klar, dass die Musik mein zentrales Ventil ist. Sie ist meine große Chance, einfach mal das loszuwerden, was sich in mir angestaut hat. Ein Song funktioniert wie eine Sicherheitszone, denn wenn ich mir was von der Seele reden will, dann kann ich das am besten in Form eines Songs. Für dieses Album habe ich mich regelrecht dazu gezwungen, absolut ehrlich in den Texten zu sein – was gar nicht immer leicht gewesen ist. Trotzdem musste dieses Mal einfach alles gesagt werden. Diese Songs zeigen sehr genau, wo ich momentan stehe und was bei mir abgeht.“