JOSS STONE
“The Best of Joss Stone 2003–2009”
VÖ: 30. September 2011
Vor ziemlich genau zehn Jahren steht in der BBC-Show “Stars For A Night” ein 13-jähriges Mädchen vor dem Mikrophon und singt den Aretha-Franklin-Klassiker “(You Make Me Feel) Like A Natural Woman” mit einer stimmlichen und emotionalen Reife, die kein anderes Urteil zulassen, als Jocelyn Eve Stoker, so der Name des Stimmwunders aus der Grafschaft Devon, im Laufe des Wettbewerbs zur Gewinnerin zu erklären. Dass Joss Stone – so der Künstlername des Teenagers – zu einem der ganz großen britischen Superstars der ganzen Dekade aufsteigen soll, ahnt zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand, auch wenn die beiden Produzenten Andy Dean und Ben Wolfe (aka The Boilerhouse Boys) überzeugt sind, dass “sie gerade die großartigste Sängerin ihres Landes” erlebt haben. Die beiden sorgen auch dafür, dass Joss Stone Anfang 2002 nach einer weiteren beeindruckenden Performance für das Label S-Curve in New York mit Kusshand unter Vertrag genommen wird.
Was Joss Stone alles mit ihrer locker und leidenschaftlich zwischen Kontralto und Mezzosopran changierenden Stimme zu singen vermag, demonstriert sie auf ihrem Debütalbum “The Soul Sessions” (2003), das noch ausschließlich Fremdmaterial, meist unbekanntere Soulklassiker enthält, gleichwohl auf dem internationalen Markt sensationell einschlägt. Das 16-jährige Wunderkind, das hier unter anderem mit Soullegende Angie Stone und Roots-Mastermind Questlove arbeitet, erweist sich als eine vollkommene Goldkehle, die mit einer so bluesund
soulgetränkten Stimme aufwartet, als wäre sie direkt aus den 1960ern, der großen Blütezeit des Souls, ins Hier und Jetzt katapultiert worden. Mit dem von den White Stripes stammenden “Fell In Love With A Boy” und Sugar Billys 1974er Soul-Classic “Super Duper Love” gelingen ihr aus dem Stand zwei UK-Top−20-Hits, die den Erfolg des Albums flankieren, das sich weltweit mehr als zwei Millionen Mal verkauft und sich in dreizehn Ländern in den Top Ten notiert. Dreifaches Platin in Großbritannien, Platin in den USA und Gold in Deutschland sind eine beeindruckende Bilanz für eine zu diesem Zeitpunkt gerade mal 16-jährige Künstlerin.
Neben ihrer einzigartigen Stimme trägt aber auch der Charakter stark zu dem Phänomen Joss Stone und dem steigenden Publikums- und Medieninteresse bei. Sie ist überzeugte Vegetarierin und stellt sich für Aktionen der Tierschutzorganisation PETA zu Verfügung. Sie tritt meist barfuß auf und ihre Outfits darf man getrost als hippiesk bezeichnen. Und mit wem hat Joss Stone nicht schon alles gesungen? Mit James Brown und Smokey Robinson, mit Robbie Williams und Tom Jones, mit Gladys Knight und Solomon Burke, mit John Mayer und Erykah Badu – ganz gleich, ob gestandene Legenden oder zeitgenössische Gesangsstars, sie alle sind begeistert von der jungen Britin.
Auf ihrem zweiten Album “Mind, Body & Soul” (2004), das sie selbst als ihr eigentliches Debütalbum bezeichnet, erweist diese sich zudem als formidable Songwriterin. Das Album schießt direkt an die Spitze der UK-Charts, womit sie zur jüngsten Künstlerin avanciert, der das jemals gelungen ist. Neben dem fälligen Guinnessbucheintrag gewinnt sie 2005 die Brit-Awards in den Kategorien “Best Female Solo Artist” und “Best British Urban Act”. Dabei kann Joss Stone dank “You Had Me” auf ihren bis dato größten Hit zurückblicken, dem mit “Spoiled”, “Right To Be Wrong” und “Don’t Cha Wanna Ride” drei weitere UK-Chart-Hits folgen. Für weiteres Aufsehen sorgen ihr Engagement als Model für das amerikanische Fashion-Haus GAP und ihre beeindruckende Performance bei den Grammy-Verleihungen 2005, wo sie gleich dreimal nominiert ist. In Erinnerung bleibt besonders ihr mitreißender Auftritt mit Melissa Etheridge, ein mehr als würdiges Tribute-Set für Janis Joplin.
Ihr von Raphael Saadiq produziertes drittes Album “Introducing Joss Stone” (2007) schraubt auch dank Gästen wie Lauryn Hill und dem Rapper Common am internationalen Niveau, was mit dem direkten Einstieg auf Platz 2 der US-Billboard-Charts postwendend honoriert wird. Unter den zahlreichen Hits des Albums, das die Gesamtverkäufe ihrer Longplayer die Zehn-Millionen-Marke überschreiten lässt, demonstrieren “Tell Me 'Bout It” und das gemeinsam mit Common interpretierte “Tell Me What We’re Gonna Do Now” ihr gestiegenes Interesse an HipHop-Sounds und Funk. Eine ähnliche Marschrichtung schlägt sie auch auf ihrem bis dato letzten Studioalbum “Colour Me Free!” (2009) ein, ohne ihre größte Trumpfkarte, vitaler und gefühlstrunkener Retro-Soul vom Feinsten, zu vernachlässigen. “Free Me” und “Stalemate” sind dafür zwei formidable Beispiele auf der nun vorliegenden Hitbilanz “The Best of Joss Stone 2003–2009”, die den wahnsinnigen Werdegang dieser Ausnahmekünstlerin auf 13 Karriereperlen komprimiert. Dass dieses Album mit einer hinreißend leichtfüßigen Interpretation von Nat King Coles “L-O-V-E” einen würdigen Schlusspunkt hat, versteht sich von selbst. Was für eine rundum gelungene Zwischenbilanz für den britischen Top-Star, der gerade neben Dave Stewart und Damian Marley von Mick Jagger für seine Supergroup Superheavy engagiert wurde – und ein neues Soloalbum kommt in Kürze auf den Markt. Also alles super duper für die gerade mal 24 Jahre alte Sängerin, die noch manches glänzende internationale Parkett erobern wird und wohl noch etliche Karrierehöhen vor sich hat.