Ledisi Anibade Young kam in den frühen 70ern (um ihr genaues Geburtsdatum macht sie ein großes Geheimnis, weil sie es vorzieht “alterslos” zu sein) als Tochter des Southern-Funk-Pioniers Larry “The Prophet Of Soul” Saunders und der Rhythm’Blues-Sängerin Nyra Dynese in New Orleans zur Welt. Ihr Großvater war der legendäre Rhythm’n’Blues-Pianist und Sänger Johnny Ace, der 1954 – im Alter von nur 25 Jahren – ums Leben kam, als er hinter der Bühne mit Kollegen angeblich Russisches Roulette spielte.
Dass die kleine Ledisi das musikalische Talent ihrer Familie geerbt hatte, zeichnete sich schon früh ab. Sie erhielt Gesangsunterricht, wurde in klassischer Musik geschult und lernte auch noch Blockflöte, Geige, Klavier und Schlagzeug spielen. Mit bereits acht Jahren stand sie als Mitglied des New Orleans Youth Symphony Choir auf der Bühne. Wenig später zog sie mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater, einem Schlagzeuger, ins kalifornische Oakland um.
“Durch meine Mutter und meinen Stiefvater lernte ich Gospelmusik und Jazz kennen”, erzählt Ledisi. “Und zum Rhythm’n’Blues kam ich durch Aufnahmen von Chaka Khan & Rufus, James Brown, Sly Stone, Ronnie Laws, Atlantic Starr, LTD, Melvin & The Blue Notes, all die Motown-Platten, Marvin Gaye, Phyllis Hyman, Gil Scott-Heron und und und. Mein Lieblingssong war damals ‘Reasons’ von Earth, Wind & Fire.”
In der Bay-Area-Szene machte sich Ledisi Ende der 90er Jahre zunächst einen Namen als “musician’s musician” – hochgeschätzt von ihren Musikerkollegen, dem breiteren Publikum aber kaum bekannt. Daran änderten auch Gastauftritte auf Alben von Omar Sosa (“Bembon”/1999), der alternativen Rockband Third Eye Blind (“Blue”/1999), Poncho Sanchez (“Latin Spirits”/2001), Michael Franti & Spearhead (“Everyone Deserves Music”/2003) und Maysa (“Smooth Sailing”/2004) zunächst wenig. 2005 war sie auch auf dem Blackalicious-Album “The Craft” zu hören… gemeinsam mit ihren Eltern Larry Saunders und Nyra Dynese! Schon diese Referenzen zeigen, dass man Ledisi musikalische Einseitigkeit nicht gerade vorwerfen kann.
Im zeitgenössischen Black Music-Untergrund bringt man der Sängerin seit geraumer Zeit gehörigen Respekt entgegen und feiert sie dort als einen der inspirierendsten Freigeister. Gemeinsam mit ihrer Freundin und musikalischen Partnerin Sundra Manning (u.a. Organistin bei Prince) gründete Ledisi 1999 das Label LeSun Records, um dort ihr erstes Album “Soulsinger” herauszubringen. Sämtliche Stücke des Albums stammten von dem weiblichen Songwriter-Gespann Ledisi und Sundra Manning, zu dem sich bei einem Titel (“Hold On To Love”) auch noch Me’Shell NdegéOcello gesellt hatte. 2002 folgte mit “Feeling Orange But Sometimes Blue” ein Album, auf dem sich die Sängerin mit Standards wie “‘Round Midnight”, “In A Sentimental Mood”, “Straight, No Chaser” und “Autumn Leaves” von ihrer jazzigeren Seite vorstellte. Für das Album erhielt sie 2003 den California Music Award.
Einen Durchbruch bei den urbanen amerikanischen Radiosendern, die sogenannte “adult contemporary music” spielen, erlebte Ledisi 2004 mit “My Sensitivity (Gets In The Way)”, einem Stück, das sie für das Luther-Vandross-Tribute-Album “Forever, For Always, For Luther” (GRP Records) aufgenommen hatte. Mit dieser Einspielung weckte sie endlich auch das Interesse der Verantwortlichen von Verve Records.
Bei der Aufnahme ersten Verve-Albums “Lost And Found” stand Ledisi 2006 der Keyboarder Rex Rideout zur Seite, der bereits ihre Coverversion des Luther-Vandross-Songs produziert hatte. Rideout ist ein erfahrener Studiohase, der unter anderem schon mit Größen wie Roy Ayers, Al Jarreau, Lalah Hathaway und Angela Bofill zusammengearbeitet hat. Für das Album erhielt Ledisi zwei Grammy-Nominierungen (unter anderem in der Kategorie “Beste neue Künstlerin”).
Auch für ihr 2009 erschienenes zweites Verve-Album “Turn Me Loose” wurde sie wieder für zwei Grammys nominiert, musste sich aber in der Kategorie “Beste weibliche R&B-Gesangsdarbietung” der übermächtigen Beyoncé und beim Wettstreit um die Krone für das “Beste R&B-Album” Maxwell geschlagen geben. Auf “Turn Me Loose” agierte die Neo-Soul-Sängerin so frei und ungebunden wie einst der legendäre Hendrix-Drummer Buddy Miles auf seinem Soul-Rock-Klassiker “Them Changes”, der Ledisi als Blueprint für ihr viertes Soloalbum diente.