In den letzten 10 Jahren ist Lifehouse aus Los Angeles wie kaum einer anderen Band der Balanceakt zwischen zwei musikalischen Welten gelungen: einerseits sind sie für ihre eingängigen Radiohits bekannt, zugleich aber auch als ehrliche Rocker, die eine wilde Live-Show abliefern. Auf ihrem kommenden, fünften Studioalbum Smoke & Mirrors schaffen sie es, diese beiden Aspekte eindrucksvoll zu kombinieren. „Bevor wir uns hinsetzten, um die Arbeit an diesem Album zu beginnen, waren wir über 12 Monate auf Tour gewesen“, berichtet Sänger und Gitarrist Jason Wade. „Eigentlich wollten wir im Studio genau das einfangen, wie wir auf der Bühne klingen, aber als das Album dann zur Hälfte fertig war, erkannten wir, dass wir die andere Seite, den radiotauglichen Teil zu sehr vernachlässigt hatten. Dieser Teil fehlte irgendwie. So wurde uns schließlich klar, dass wir am besten einfach beides auf einer Platte präsentieren sollten.“
Obwohl noch keiner von ihnen die 30 überschritten hat, haben die Mitglieder von Lifehouse schon jetzt verdammt ansehnliche Lebensläufe. Jason Wade und Schlagzeuger Ricky Woolstenhulme Jr. lernten sich in den späten Neunzigern in Los Angeles kennen und gründeten die Band bald darauf. Im Jahr 2000 veröffentlichten sie dann mit No Name Face ihr Debütalbum, das sie schlagartig in aller Welt bekannt machen sollte. Ihre Single „Hanging by a Moment“ entpuppte sich in den Staaten als der größte Airplay-Hit des Jahres 2001. In den folgenden Jahren hatten Lifehouse nicht nur einige Neuzugänge – zunächst kam Bassist Bryce Soderberg als Ersatzmann dazu, und seit diesem Jahr zählt auch Gitarrist Ben Carey offiziell zur Band (nachdem er Lifehouse zuvor nur auf Tour unterstützt hatte) –, sondern auch diverse weitere Erfolge zu verzeichnen: Insgesamt haben sie inzwischen über fünf Millionen Alben verkauft; dazu allein über drei Millionen Single-Downloads, unter anderem von #1-Hits wie „Hanging by a Moment“ und „You and Me“, wobei auch spätere Singles wie „First Time“, „Whatever It Takes“ und „Broken“ in den oberen Regionen der Charts landeten. Dazu fiel schon früh auf, dass Lifehouse eine extrem treue Fanbase hatten und haben – so treu, dass gleich mehrere ihrer größten Hits auch heute noch in den iTunes-Charts auftauchen, obwohl die Veröffentlichung teilweise schon Jahre zurückliegt. Überhaupt sind Lifehouse auch im Netz wahnsinnig erfolgreich: Ihre Videos wurden schon über 70 Millionen Mal aufgerufen, und jeden Tag wächst diese Zahl weiter…
Auch wenn Lifehouse seit Jahren andauernd im Netz, im Radio und im Fernsehen zu sehen und zu hören sind, gibt es da noch eine Art von Präsenz, die mindestens genauso beeindruckend ist: ihre Bühnenpräsenz nämlich, denn was Tourneen betrifft, haben sie schon immer alles gegeben: „Wir waren zehn Jahre lang auf Tour, wenn man so will“, sagt Jason. „Selbst in schwierigen Zeiten spielten wir durchschnittlich vier bis sechs Gigs pro Woche. Wir haben uns schlichtweg geweigert, eine Pause zu machen und unterzutauchen (lacht).“ Als sie im Frühjahr 2007 mit Who We Are ihr viertes Studioalbum veröffentlichten, traten Lifehouse eine Tournee an, die andere wahrscheinlich fertig gemacht oder zumindest an den Rande des Wahnsinns getrieben hätte. Doch Lifehouse genossen jeden einzelnen Tag des Tourmarathons, die Auftritte und die Freizeit dazwischen, und gewöhnten sich schnell an das Leben im Tourbus. „Wir stehen nun mal auf das Leben auf Tour“, sagt auch Ricky. „Wir genießen jeden einzelnen Auftritt, diese Energie, die in der Luft liegt, wenn man vor Leuten spielt. Und wenn wir mal einen Tag frei haben, dann machen wir irgendetwas, was Spaß macht – vielleicht schauen wir uns zusammen ein Basketball-Spiel an, und wir lieben gutes Essen! Ich bin dabei für die Organisation der Gruppe verantwortlich: Ich suche alle wichtigen Informationen zusammen und plane unsere Freizeitaktivitäten. Selbst wenn die anderen eigentlich keine Lust haben, müssen sie mitkommen. Dafür sorge ich schon.“
Im Herbst 2008, als Lifehouse ihre Tour zum Who We Are-Album dann doch beendet hatten, waren die Jungs noch immer vollkommen high von den ganzen Auftritten, und sie wollten keine Zeit vergeuden und schleunigst ins Studio gehen, um die Energie ihrer Live-Show für die Aufnahmen zu nutzen. Also trafen sie sich mit Jude Cole, der auch schon Who We Are produziert hatte, und begannen mit der Arbeit in Coles Ironworks Studio und Jasons eigenem Castle View Studio, das er gerade erst bei sich daheim eingerichtet hatte. Anstatt jedoch wie sonst streng nach einem Zeitplan zu arbeiten, beschlossen Lifehouse, sich für die neue Platte etwas mehr Zeit zu lassen. Stattdessen ließen sie die Dinge einfach laufen und erforschten auch klangliche Regionen, in denen sie noch nie zuvor gewesen waren. „Wir wussten, dass wir es uns nach der letzten Tour erlauben konnten, einfach mal etwas mehr Zeit im Studio zu verbringen. Unsere Crew war glücklich und versorgt, und so konnten wir uns darauf konzentrieren, an unserem Sound und überhaupt an uns zu arbeiten – also einfach mal unterschiedliche Richtungen einzuschlagen“, sagt Bryce. „Wir haben zum Beispiel mit Americana-Elementen, mit klassischem Rock und Pop herumexperimentiert und ganz unterschiedliche Styles ausprobiert, woran wir als Band definitiv gewachsen sind.“
Letzten Endes verbrachten Lifehouse ein ganzes Jahr im Studio und nahmen über 35 Songs auf, aus denen sie schließlich diejenigen 12 Stücke auswählten, die auf Smoke & Mirrors gelandet sind (wobei viele der anderen Songs auf einer Deluxe-Edition vertreten sein werden). Insgesamt finden sich auf dem neuen Longplayer astreine Rocknummern, die dasselbe Gefühl wie ihre Live-Show auslösen, und wahnsinnig eingängige Popsongs, die man sofort mitsingen muss. „Daher auch der Titel des Albums“, so Jason; „wir haben ihn gewählt, weil die LP zur einen Hälfte live und zur anderen Hälfte nach Studio-Sound klingt.“ Dabei zählt „Halfway Gone“, die erste Singleauskopplung, für die sie zusammen mit Rapper und Songschreiber Kevin Rudolf gearbeitet haben, definitiv zur letzteren Hälfte: „Halfway Gone“ ist eine unwiderstehliche Pop/Rock-Hymne mit explosiven Gitarren und einem Refrain, der einem schon nach dem ersten Hören nicht mehr aus dem Kopf gehen will. „Kevin bringt ein ganz neues Element ins Spiel, einen Hauch von HipHop, der sich perfekt in unseren Sound einfügt“, meint Jason. „Wir sind Fans von ihm und umgekehrt, und so hat es sofort Klick gemacht. Das Ergebnis ist eine Mischung aus klassischem Lifehouse-Sound, kombiniert mit ganz neue Elementen – schließlich muss man auch mal neue Wege gehen.“ Die Fans von Lifehouse sehen das auch so: „Halfway Gone“ ist nur drei Wochen nach dem US-Release in den Top−20 gelandet, schneller als alle anderen Singles von ihnen. Darüber hinaus hat Rudolf auch an dem Song „Falling In“ mitgewirkt, übrigens noch so ein Ohrwurm mit Hit-Potenzial…
Dabei ist Kevin Rudolf keineswegs der einzige hochkarätige Gast, der an Smoke & Mirrors mitgearbeitet hat, denn Lifehouse waren auch mit Chris Daughtry im Studio, nachdem Jason den „American Idol“-Star auf Tour kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet hatte. „Früher habe so gut wie nie mit anderen Songwritern gearbeitet, und ich bin da ehrlich gesagt generell auch etwas skeptisch“, gesteht Jason. „Schließlich kann es einem auch passieren, dass man hinterher mit einer nicht besonders grandiosen Aufnahme dasteht, und dann wünscht man sich, man hätte nicht gleich einen ganzen Tag im Studio vergeudet (lacht). Na ja, bei Chris war das anders: Ich besuchte ihn in seinem Haus in LA, und nach einer Stunde war ‘Had Enough’ bereits im Kasten.“ Der besagte Song, bei dem Daughtry auch am Mikrofon zu hören ist, während Richard Marx ebenfalls als Co-Autor mitwirkte, knüpft an diejenigen Hymnen an, mit denen Lifehouse schon zu Beginn ihrer Karriere unzählige Fans für sich gewinnen konnten. Somit zählt „Had Enough“ genau wie „Nerve Damage“ und „Wrecking Ball“ (bei dem Bassist Soderberg erstmals den Lead-Gesang beisteuert) zu den eher klassischen Rocknummern von Smoke & Mirrors, zu jenen Songs also, die das unvergleichliche Gefühl eines Lifehouse-Konzerts einfangen.
Und da einige der neuen Songs so oder so schon dieses Konzert-Feeling haben, wird die Band gar nicht lange warten, bis sie die neuen Stücke auch live auf der Bühne präsentiert: Schon Anfang kommenden Jahres werden Lifehouse ihre Tour zu Smoke & Mirrors antreten. Laut eigener Aussage fühlt sich momentan wieder alles so an, als sei es ihre allererste Tour –, sie können es nämlich kaum abwarten, das Leben auf Tour zu genießen und die neuen Songs endlich den Fans zu präsentieren. „Es ist zwar schon unser fünftes Studioalbum, aber es fühlt sich so an, als ob wir als Band gerade erst anfangen würden“, sagt Bryce. „Was die Chemie zwischen uns betrifft, kennen wir uns inzwischen einfach wahnsinnig gut. Wir wissen, was die anderen ärgert und wie man diese Dinge umschiffen kann. Jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass alle glücklich sind, und auch wenn mal einer Dampf ablassen muss, sind wir auch für ihn da. Unsere Egos nehmen wir gar nicht erst mit in den Tourbus. Sie müssen zu Hause bleiben. Anders gesagt: Wir sind startklar.“