Er wirkt unscheinbar und bringt bei seinen Konzerten die Mädchen zur Hysterie. Sein jungenhaftes Lächeln wirkt verführerisch, einige seiner Songs sind durchtrieben, doch er ist seit Jahren mit seiner Highschool-Liebe verheiratet und ein wunderbarer Vater von zwei Kindern.
Luke Bryan ist der interessanteste Country-Newcomer der letzten Jahre, denn der 38-Jährige hat ganz unterschiedliche Gesichter.
Seine Heimatstadt Leesburg in Georgia liege 100 Meilen nördlich der Grenze zu Florida, 100 Meilen östlich von Alabama und hinter dem Mond, kommentierte er einmal. Neben der Schule half Bryan auf der Erdnuss-Farm seiner Eltern. Mit 14 bekam er die erste Gitarre. Country-Musik wurde seine Obsession. Schon bald wurde Bryan in der lokalen Musikszene bekannt und schrieb erste Songs. Nach der Highschool packte er die Koffer, um nach Nashville zu ziehen. Am Vorabend seiner Abreise starb sein Bruder bei einem Autounfall, und Bryan wollte so nicht weggehen. Er ging in Georgia aufs College und trat nebenbei mit seiner Band in der Gegend auf. Sein Vater glaubte indes an Bryans Talent und drängte ihn dazu, seinem Herzenswunsch zu folgen.
2001 zog Bryan in die Music City, wo er relativ schnell anknüpfen konnte und als Songwriter startete. Mit Travis Tritts “Honky Tonk History” verbreitete sich sein Ruf. 2004 unterschrieb er einen Plattenvertrag bei Capitol Records Nashville, arbeitete jedoch weiter als Songwriter für andere, wie
Billy Currington, dessen Hit “Good Directions” er co-komponierte.
Erst 2007 erschien Bryans Debütsingle “All My Friends Say”. Der Song handelt von einem Typen, der morgens aufwacht und sich nicht mehr an den Vorabend erinnern kann, darauf seine Freunde anruft, die ihm sagen, er habe sich die Kante gegeben, nachdem er in der Bar seine Ex mit einem neuen Lover sah. “All My Friends Say” hielt sich monatelang in den Country- und Popcharts und erschien auf der Hit-Kopplung “Now That´s What I Call Country”.
Sein im selben Jahr veröffentlichtes Debütalbum “I´ll Stay Me” hat ein ländliches Feeling. Mit Südstaaten-Akzent betont Bryan seine Herkunft, weitgehend akustisch instrumentiert mit Mandoline, Geige und Gitarren. Auch die zweite Single “Country Man” zog in die Top−10 ein. Bryan galt als Hoffnungsträger für den traditionellen Country.
Das zweite Album “Doin´ My Thing” brachte seine Karriere weiter aufwärts. Die Singles “Rain Is A Good Thing” und “Someone Else Is Calling You Baby” erreichten Platz 1 der Country-Charts. Mittlerweile hat das Album Platin-Status in den USA.
Der große Karriere-Knall kam mit seinem dritten Album “Tailgates and Tanlines”, auf dem Bryan acht der dreizehn Songs schrieb, gemeinsam mit gefeierten Größen wie
Rhett Atkins,
Dallas Davidson und
Shane MacAnally. Die Leadsingle “Country Girl (Shake It For Me)” lief rauf und runter im Country- und im Pop-Radio. Für viele junge Country-Fans war das Album der Soundtrack des Sommers 2011.
Mit seinem vierten Album
“Crash My Party” crashte Bryan 2013 und 2014 die US-amerikanischen Hitlisten. Es katapultierte vier Singles auf Platz 1 der Country-Airplay-Charts. An einem Tag setzte sich “Crash My Party” über 120.000 Mal im iTunes-Store ab und wurde zum Jahresende die Nummer 3 der Albumbestseller 2013 in den USA. Ein vergleichbarer Durchbruch war einem männlichen Country-Sänger das letzte Mal vor neun Jahren gelungen (Tim McGraw mit “Live Like You Were Dying”). “Nur Taylor Swift könnte da aktuell noch mithalten”, kommentierte das Branchen-Medium Billboard.
Seine seit 2009 jeweils im März erschienen Spring Break-EPs machten Bryan zum Zeremonienmeister der Frühjahrs-Spaßperiode an amerikanischen Highschools und Colleges – worüber mancher Country-Traditionalist die Nase rümpfen mag. Wie dem auch sei. Bryan hat seinen festen Platz in der jungen Country-Generation. Die aktuelle Rolle des Partykönigs wird ihm sicher bald nicht mehr reichen.