Madeleine Peyroux | Biografie

Biografie

“Für mich gibt es nur drei Arten von Liedern: solche über die Liebe, solche über den Blues und und solche über das Trinken”, scherzte Madeleine Peyroux vor einiger Zeit bei einem Auftritt. “Aber mein Lieblingslied schafft es, alle drei Themen unter einen Hut zu bringen. Und dafür danke ich Randy Newman.” Peyroux bezog sich damit auf den Newman-Song “Guilty”, den sie 2013 für ihr Album “The Blue Room” aufgenommen hatte, der aber auch noch heute Bestandteil des Konzertprogramms des Trios ist, das sie seit knapp drei Jahren mit dem Gitarristen Jon Herington und dem israelischen Kontrabassisten Barak Mori bildet. Auf ihrem jüngsten, mit diesem Trio aufgenommenen Album “Secular Hymns” deckte sie die Themen Liebe, Blues und Trinken u.a. mit dem Klassiker “Got You On My Mind”, Lil Greens “Hello Babe“, Tom Waits’ “Tango Till They’re Sore” und Willie Dixons “If The Sea Was Whiskey” bestens ab, überraschte zugleich aber auch mit Interpretationen von Allen Toussaints “Everything I Do Gonna Be Funky” sowie “More Time” von dem britischen Dub-Poeten Linton Kwesi Johnson. Das live eingespielte Album erinnerte einen zugleich an Madeleines musikalische Vergangenheit als Straßenmusikerin, weil man den Eindruck gewann, dass sie und ihre beiden Begleiter einfach Spaß haben wollten und munter drauflos spielten.
Die 1973 in Athens/Georgia geborene Madeleine Peyroux war 1987 mit ihrer Mutter, die bei einer internationalen Bank arbeitete, von Brooklyn nach Paris gezogen. Dort lernte sie im Quartier Latin zwei Jahre später die Riverboat Shufflers, eine Gruppe von amerikanischen Straßenmusikern, kennen, für die sie anfangs aus Spaß mit dem Hut herumging, bevor sie etwas später auch gelegentlich als Sängerin einsprang. Dann lief sie als 17-Jährige 1990 den Mitgliedern der aus New York stammenden Straßenmusikerband The Lost Wandering Blues & Jazz Band über den Weg, die an einer Straßenecke in Paris ein Impromptu-Vorsingen abhielten. Madeleine begeisterte sie mit ihrer Version von “Jeepers Creepers” so sehr, dass sie vom Fleck weg engagiert wurde. Drei Jahre lang tourte sie mit dieser Band und einem Repertoire aus Jazz- und Bluesklassikern der 30er Jahre durch ganz Europa, dann begann sie ihre Solokarriere als Straßenmusikerin. Bei einem ihrer Auftritte entdeckte sie schließlich Yves Beauvais von Atlantic Records, nahm die damals 22-jährige für das Label unter Vertrag und produzierte ihr Debütalbum “Dreamland” mit hochkarätigen Musikern wie Saxophonist James Carter, Trompeter Marcus Printup, Pianist Cyrus Chestnut, den Gitarristen Vernon Reid und Marc Ribot, Geigerin Regina Carter, Bassist Greg Cohen sowie den Schlagzeugern Leon Parker und Kenny Wollesen. Die Kritiker schwärmten von ihrer Rauch- und Whiskey-verhangenen Stimme, die sie mit der von Billie Holiday verglichen. Und mancher wunderte sich, dass jemand in einem solchen Alter es schaffte, die Klassiker von Holiday, Bessie Smith, Ella Fitzgerald und Patsy Cline so überzeugend vorzutragen, dass sie so klangen, als wären sie eigens für Peyroux geschrieben worden.
Gerade noch eine unbekannte Straßenmusikerin, befand sich Madeleine Peyroux urplötzlich auf der Schnellstraße zu Erfolg und Ruhm. Schon bald trat sie bei großen Jazzfestivals und im Rahmen der Lilith-Fair-Konzerttourneen auf oder spielte im Vorprogramm von Größen wie Sarah McLachlan und Cesária Évora, während sich “Dreamland” weltweit über 200.000 Mal verkaufte. “Es war großartig”, erinnert sich Peyroux. “Ich hatte die Gelegenheit mit fantastischen Musikern aufzutreten, und ich lernte Nina Simone persönlich kennen. Ich hätte ewig so weitermachen können, entschied mich aber irgendwann dazu, auf die Bremse zu treten und eine Auszeit zu nehmen.”
Dieses Auszeit sollte erstaunliche acht Jahre dauern, in denen nur einzelne Tracks der jungen Sängerin auf Soundtracks, Compilations und einem Montreux-Live-Album aus dem Jahre 2002 erschienen. Dann brachte die mittlerweile 30-Jährige 2004 mit “Careless Love” endlich ihr zweites Album heraus, das wieder von der Kritik gefeiert wurde und ihr schnell eine neue weltweite Fangemeinde einbrachte. Diesmal aber tauchte Peyroux nicht wieder – von ihrem Erfolg erschreckt – ab, sondern ließ mit “Half The Perfect World” (2006), “Bare Bones” (2009), “Standing On The Roof Top” (2011) und “The Blue Room” (2013) recht zügig weitere Alben folgen.
Auf “Careless Love” und “Half The Perfect World” stellte sich Peyroux zunächst vor allem als stilvolle Interpretin eines breit gefächerten, eklektischen Repertoires mit Songs von u.a. Leonard Cohen, Bob Dylan, James P.Johnson, W.C. Handy, Hank Williams, Gene Austin, Tom Waits und Serge Gainsbourg vor. “Ich habe eine Theorie über Songwriter”, verkündete sie damals augenzwinkernd. “Alle großartigen Songwriter sind schmutzige alte Männer.” Dass diese Aussage nicht allzu ernst genommen werden sollte, bewies sie aber dadurch, dass durchaus auch Lieder “schmutziger alter Frauen” (wie Joni Mitchell, Bessie Smith oder Édith Piaf) Eingang in ihr Programm fanden. Ihre eigene Handschrift zeigte Peyroux erst so wirklich auf “Bare Bones”, ihrem bis dato persönlichsten Album, auf dem sie in elf mal ganz alleine, mal mit Partnern wie Larry Klein, Walter Becker, Julian Coryell, Joe Henry oder David Batteau geschriebenen Songs ihre Lebensphilosophie offenbarte. Nach drei Alben unter der Regie von Larry Klein entstand “Standing On The Roof Top” 2011 in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Craig Street. Zu ihren musikalischen Partnern zählten diesmal u.a. Rolling-Stones-Bassist Bill Wyman, New-Orleans-Pianist Allen Toussaint, die Gitarristen Marc Ribot und Chris Bruce sowie die Bassistin MeShell Ndegeocello. Zu ihrem nächsten, wieder von Klein produzierten Album “The Blue Room” ließ sich Madeleine Peyroux dann von dem großen Ray Charles und seinen 60er-Jahre-Klassikern “Modern Sounds In Country And Western Music, Vol. 1 & 2” inspirieren. 2014 erschien das außergewöhnliche Best-Of-Doppelalbum “Keep Me In Your Heart For A While”, eine wunderbare Anthologie ihrer gesamten Solokarriere, in der sie schließlich 2016 mit “Secular Hymns” ein aufregendes neues Kapitel aufschlug.

Stand: Juli 2017
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