Die großen Freiheitshelden sind niemals out. Selbst wenn sie auf Tausende von T-Shirts getüncht werden, ist das Charisma von Menschen wie Nelson Mandela, Ernesto „Che“ Guevara und Emilio Zapata unkaputtbar. Die Modena City Ramblers verlautmalen den Traum dieser Helden in ihrer keltischen „Patchanka“. Patchanka oder Pachanga bedeutet laute, wilde, ausgelassene, überschwengliche Musik.
Mit dem Ausruf „Viva la vida, muera la muerte“ {Es lebe das Leben, es sterbe der Tod} beendete der Repräsentant des mexikanischen Ejército Zapatista de la Liberación Nacional (E.Z.L.N.) seine Begrüßungsrede, und das italienische Oktett war bei seinem Besuch der Indio-Kolonie im Gebirgsort Chiapas so ergriffen davon, dass es „Viva la vida, muera la muerte“ zum Titel seines neuen Albums machte. Dieses neue, mittlerweile siebte Album verträgt so merkwürdige Stilbezeichnungen wie Postfolk, keltischer Modalrock oder magrebischer Ska. Das Besondere an der „Patchanka Celtika“ der Modenas ist, dass sie die Traditionen verschiedener Länder zunächst verstehen und dann erst in ihre Musik integrieren: Sie reisten durch das Mexiko der Indios, das Kolumbien der Narcos, folgten der Route von Ernesto Che Guevaras „Argentinischem Tagebuch“ (lange bevor es kürzlich mit Gael Garcia Bernal in der Hauptrolle verfilmt wurde), drangen in südafrikanische Townships vor und erforschten nicht zuletzt das Leben ihrer eigenen Großväter, die italienische Vergangenheit zwischen Faschismus und Mafia. Dadurch klingt das italienische Akkordeon, die keltische Flöte, Woody Guthries Gitarre und lateinamerikanische Perkussion bei den Modena City Ramblers nach mehr als nur nach schnell zusammengecasteter Weltmusik.
Ihre pointierte musikalische Weltläufigkeit verschmilzt Folk, Rock, Punk, Rock Steady, Reggae, Latin, afrikanische Musik und den Balkan, und dies so eloquent, dass „Viva la vida, muera la muerte“ wenige Tage nach Veröffentlichung die italienischen Album Top Ten erreichte. Dass ihre neue CD mehr als nur ein politisch korrektes Dasein im Eine-Welt-Laden vor sich hinfristet, liegt am gigantischen musikalischen Format des Oktetts. Modena City Ramblers sind in Italien mittlerweile eine Stadionband; seit zehn Jahren ständig auf Tour, lösen sie beim Publikum die Euphorie eines Rage Against The Machine- oder Clash-Konzerts aus. Sie begannen 1991 als schlichte Irish Folk Band in ihrer Heimatstadt Modena (bekannt durch Ferrari). Vorbilder waren die Pogues und die Waterboys, Mano Negra oder Bob Dylan. Mit der Zeit evolutionierte die Band vom Folk-Outfit zu einer Art italienischem Folk-Pendant zu The Clash. Der Folk-Charakter der Ramblers öffnete sich immer neuen Kulturen, und verschiedene hispanische Autoren inspirierten ihre Texte, wie der chilenische Schriftsteller Luis Sepúlveda, mit dem die Band seit Jahren befreundet ist, oder der große Gabriel García Márquez, dessen magischer Realismus seines „Hundert Jahre Einsamkeit“ die Modena City Ramblers stark beeinflusste. Modena City Ramblers sind hoffnungsvolle Utopisten, sie reisen mit ihren Alben dem Land der Freiheit entgegen, das keine Unterschiede zwischen den Menschen macht: Utopia, das Land, das es nicht gibt und ohne das wir nicht leben könnten.