Mit “Sister” legen Puss N Boots im Februar 2020 endlich ihr lang erwartetes zweites Album vor. Auf ihm zeigen Norah Jones, Sasha Dobson und Catherine Popper, was dieses charmante Trio so einzigartig macht. “Sister” ist eine hinreißende Sammlung von Originalen, die von den Bandmitgliedern teils gemeinsam, teils im Alleingang geschrieben wurden. Unter die Eigenkompositionen wurden noch ein paar liebevolle Coverversionen von Songs von Tom Petty (“Angel Dream”), Dolly Parton (“The Grass Is Blue”), Paul Westerberg (“It’s A Wonderful Lie”) und Concrete Blonde (“Joey”) gemischt. Jones, Dobson und Popper betätigen sich hier nicht nur alternierend als Lead-Sängerinnen, sondern wechseln sich von Song zu Song auch an Gitarre, Bass und Schlagzeug ab. Dass sie trotz ihrer Solokarrieren und anderer Projekte noch immer zusammen Musik machen, überrascht sie selbst am meisten.
Denn angefangen hatte 2008 alles eigentlich als reiner Spaß, als Norah Jones und Sasha Dobson beschlossen, gemeinsam einfach ein paar neue Dinge auszuprobieren. Beide hatte es rund zehn Jahre zuvor nach New York verschlagen, Norah aus Texas und Sasha aus der Bay Area. Da sie im Big Apple in denselben Jazzkreisen verkehrten, freundeten sich schnell an. Später trennten sich ihre Wege wieder, als Norah zu internationalem Ruhm aufstieg, während Sashas Karriere eher auf Sparflamme weiterschmorte.
Norah Jones, Tochter des indischen Sitar-Meister Ravi Shankar und Halbschwester von Anoushka Shankar, wuchs nach der Trennung ihrer Eltern bei der Mutter in Grapevine/Texas auf. Sie studierte zunächst an der Booker T. Washington High School for the Performing and Visual Arts in Dallas, die u.a. auch Erykah Badu, Edie Brickell und Roy Hargrove absolviert hatten, und danach an der University of North Texas, wo sie erstmals ihrem späteren Songwriting-Partner Jesse Harris über den Weg lief. 1999 zog sie in ihre Geburtsstadt New York zurück. Und nur ein paar Monate später gründete sie dort mit Harris eine Band, mit der sie für Blue Note die EP “First Sessions” einspielte. Diese bildete die Grundlage für ihr sensationelles Debütalbum “Come Away With Me”, das 2003 für acht Grammys nominiert und schließlich mit fünf ausgezeichnet wurde (darunter in den Hauptkategorien “Best New Artist”, “Album Of The Year” und “Record Of The Year”). Auf sechs weiteren Soloalben – zuletzt erschien 2019 “Begin Again” – festigte die Sängerin, Pianistin und Songschreiberin ihren Ruf als gewandte Grenzgängerin zwischen Jazz und Pop.
Sasha Dobson, wie Norah Jones Jahrgang 1979, ist Tochter des 2001 verstorbenen Bay-Area-Pianisten Smith Weed Dobson IV, der u.a. mit Größen wie Freddie Hubbard, Pharaoh Sanders, Joe Henderson, Mark Murphy und Bobby Hutcherson gearbeitet hatte. Auch der Rest ihrer Familie ist im Jazz zuhause: ihre Mutter Gail als Sängerin und ihr Bruder Smith Weed Dobson V als Saxophonist, Schlagzeuger und Vibraphonist. Bereits mit zwöf Jahren trat Sasha mit ihrer Familienband beim Monterey Jazz Festival auf. Nach zwei Alben, auf denen sie ausschließlich Jazzstandards interpretierte, avancierte sie 2006 auf dem von Jesse Harris produzierten dritten Album “Modern Romance” zur findigen Songschreiberin und Gitarristin.
Dritte im Bunde von Puss N Boots ist die aus Charlotte in North Carolina stammende Catherine Potter (Jahrgang 1973), die sich schon einen Namen als Bassistin von Ryan Adams & The Cardinals gemacht hatte, bevor sie sich 2008 Norah Jones und Sasha Dobson anschloss. In ihrem Portfolio hat Catherine, die an der renommierten Manhattan School of Music Jazzbass studiert hatte, inzwischen auch Aufnahmen mit Grace Potter And The Nocturnals, Willie Nelson, Mike Doughty, Levon Helm, Jack White und She And Him.
Als die Protagonistinnen nach einem ihrer ersten gemeinsamen Gigs mit anderen Musikern zusammenstanden, wurden sie gefragt: “Wie wollt ihr euch eigentlich nennen?” Da sie alle an diesem Tag Stiefel trugen, meinte Norah im Spaß: “Puss N Boots – Miezen in Stiefeln”. 2013 wurde aus dem Spaß Ernst, als dem Trio von dem Label Blue Note, bei dem Norah schon seit 2001 zuhause ist, ein Plattenvertrag angeboten wurde. Das erste Album, “No Fools, No Fun”, erschien im darauffolgenden Jahr und begeisterte mit einem wilden Stilmix aus Country, Rockabilly, Jazz, Blues und Folk. Als Vorboten des zweiten Albums “Sister” brachten die gestiefelten Miezen dann Ende 2019 die EP “Dear Santa” mit alternativen Weihnachtssongs heraus.
Stand Februar 2020