Rise Against | Biografie

Rise Against, “Wolves”, 2017

Die dunkelsten Momente der Geschichte, die, wenn Angst und Hass alles andere übertrumpfen, sind die Zeiten, die uns aktuell bestimmen. Während die Politiker bigotte Phrasen dreschen, um ihre Macht sowohl im eigenen Land als auch im Ausland auszubauen und Extremisten aus ihren Löchern kriechen, ist man fast geneigt, der Verzweiflung und dem Defätismus gegenüber zu kapitulieren. Nicht so Rise Against. Diese Band ruft ihre Fans dazu auf, gemeinsam ein neues, mutiges und starkes Selbstbewusstsein aufzubauen; eines, das stärker ist als die aktuellen politischen Rückschläge und sich über jede (Präsidenten-)Wahl erhebt. “Wolves”, das achte Studioalbum von Rise Against, ist ein Manifest für unsere innere Stärke und ein Appell, vom 'Beuteopfer’zum 'Jäger’zu werden.
“Wenn man in der Wildnis ist und Wölfe heulen hört, hört man entweder ein Tier, das die Orientierung verloren hat oder eines, das leidet”, so Tim McIlrath von Rise Against. “Egal was es ist, du hast einfach Angst – Angst vor den Wölfen, weil Du weißt, dass sie irgendwo in Deiner Nähe sind. Und Du weißt, wozu diese mächtigen Tiere imstande sind.” 
Seit 18 Jahren weisen Rise Against standhaft in die politisch korrekte Richtung und nutzen ihre internationale Punk-Plattform, um sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Die Band wuchs während der Regierungszeit von George W. Bush auf und veröffentlichte über die Dauer von drei US-Präsidentschaften Alben. Angesichts des heutigen politischen Klimas sahen sich Rise Against jedoch gezwungen, ihre bisherige Vorgehensweise neu zu überdenken und sich zu fragen, wie sie sich eigentlich definieren.
Ursprünglich sollte das neue Album “Mourning in America” genannt werden, aber nach der US-Präsidentschaftswahl wahl fand die Band, dass dieser Titel irgendwie 'hohl’klingen würde. Er wurde von ihr nun als zu düster und hoffnungslos bewertet. Zwar fühlten sich einige Bandmitglieder eben auch genau so, aber man fand, dass man nun ein Album schaffen müsse, das sich mehr auf unser aller Potential, denn auf unser Scheitern konzentrieren sollte. Und es war Rise Against wichtig, dass es Ecken und Kanten bzw. 'Zähne’und 'Krallen’hat. Das Ergebnis ist “Wolves”, ein “Soundtrack für die Jagd”.
“In vielerlei Hinsicht ist eine Rise-Against-Show eine sichere Sache für unsere Fans”, sagt McIlrath. “Aber mir wurde bewusst, dass ich nicht nur Komfortzonen bieten will; ich will ein bedrohliches Szenario kreieren, in dem weder Frauen-, noch Fremdenhass Raum haben. Ich will Umfelder schaffen, in dem diese Anwandlungen einfach keinerlei Luft kriegen können und sie ersticken; sie schlichtweg sterben. Bei ”Wolves" dreht es sich also nicht um ein 'sicheres Fahrwasser‘, sondern um eine gefährliche Falle für Ungerechtigkeit."
Der Einfluss, den die US-Präsidentschaftswahl auf Rise Against hat, kann eindeutig in Songs wie z. B. “Walls” (“the monsters lost in history are now making their return”) und “Welcome to the Breakdown” (“ignoring the facts, intoxicated by the throne”) herausgehört werden. “Wolves” wurde selbstverständlich von der neuen Präsidentschaft geprägt, beschränkt sich aber nicht nur auf dieses Thema. Vielmehr wird durch diese Platte einfach der Grundgeist von Widerstand und Optimismus verbreitet, der über unsere aktuelle Krise hinausgeht und jeden Politiker überdauern wird.
Wie auch auf allen Vorgängern vermögen es Rise Against ebenso bei “Wolves”, thematisch den politischen Kampf mit persönlichen Kämpfen zu verbinden und komplexe Songs zu schaffen, die ihren Fans und deren Persönlichkeitsstrukturen gerecht werden. Auf Tracks wie “House on Fire” und “Politics of Love” hört man die Überzeugung des Kult-Punk-Folk-Sängers Billy Bragg durch McIlraths Worte klingen: dass das Persönliche politisch ist, das Politische persönlich und alles in revolutionärer, uneingeschränkter Liebe wurzelt.
Diese Weiterentwicklung von Rise Againsts Identität und Botschaft spielte sich vor dem Hintergrund weiterer personeller Änderungen ab. Über elf Jahre lang hatten Rise Against eng mit dem Drummer, Songwriter und Produzenten Bill Stevenson zusammengearbeitet, der u. a. durch sein Mitwirken bei The Descendents und Black Flag bekannt ist. Als die Descendents auf Tour waren und Stevenson beschäftigt, ergriffen Rise Against die Gelegenheit, einmal mit jemand anderem ins Studio zu gehen, nämlich mit Nick Raskulinecz, dem vierfachen Grammy-Gewinner (bis dato wurde er 17 Mal nominiert), der u. a. intensiv mit den Foo Fighters, Alice in Chains und den Deftones kollaboriert hat. 
Mit Raskulinecz gemeinsam aufzunehmen, hieß für Rise Against, für die Dauer des Recordings nach Nashville, Tennessee zu gehen, wo Raskulinecz sein Studio unterhält. Dadurch begaben sich Rise Against, eigentlich in Chicago und Los Angeles zu Hause, nun in zweierlei Hinsicht in fremde Gefilde: Bisher hatte man einerseits kaum in Tennessee getourt, kannte die Gegend nicht, und andererseits hielt man sich nun in einem der sogenannten ‘Red States’ auf, also einem der US-Staaten, in denen man grundsätzlich ‘schwarz’– die Republikaner – wählt.
Dort, im Süden Amerikas, für eine Weile zu leben, prägte das Album auf unerwartete Art und Weise: “Während die Leute in den Nachrichten über Einwanderung und Klassenkampf streiten, fahren wir den Highway entlang und sehen Bürgerkriegs-Schlachtfelder und -Monumente”, erinnert sich McIlrath. “Wenn du dort an einer Besichtigungstour teilnimmst, erfährst Du, mit welchen alten Handfeuerwaffen man damals kämpfte – aber sollte man nicht eher darüber sprechen, wie es in diesem Land überhaupt zum Krieg kam?” 
Ein weiterer Beleg für den geografischen Einfluss auf die Platte ist, dass sie nicht nur Hymnen zu Widerstand, sondern auch Versöhnung in sich birgt. “Als wir in Nashville waren, sahen wir ein, dass wir uns nicht auf unsere Differenzen versteifen sollten”, sagt McIlrath. “Wenn wir innehalten könnten, um miteinander zu reden, von Angesicht zu Angesicht, könnten wir unseren gemeinsamen Nenner finden. Denn wir sind doch alle Wölfe in einem Rudel, das am Zaun auf und ab wandert.”
“Sie sagen, dass wir entzweit sind, dass wir bezwungen wurden”, singt McIlrath. Niemals aber waren wir unsere eigenen Feinde."
 
 
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