Janne Schra, Sängerin von Room Eleven, sagte einmal: „Wir lieben Menschen, die ihre Fantasie benutzen und sich ein eigenes Bild zu unserem Namen machen.“ Gerne! Man muss dazu nur das aktuelle Album auflegen und schon hat man es ganz deutlich vor Augen: Raum Nummer elf muss in einem wunderbaren, alten Hotel in Louisiana liegen. Auf dem kleinen, verkratzten Tisch am Fenster steht ein Strauß Blumen, der einen Schuss Wasser vertragen könnte. Daneben stehen zwei leere Whiskeygläser. Die Flure sind dunkel und erhaben, gelegentlich huscht ein nickender Gentleman vorbei. Aus der Hotelküche dringt mittags der nussige Duft des Hausgerichtes – Gumbo-Eintopf nach Südstaatenart. Mmm … Im Erdgeschoss gibt es eine kleine Hotelbar, die spätestens wenn es dämmert voll ist. Cocktails werden über die Theke gereicht – White Russians und Pink Pussycats. Man sieht elegante und zwielichtige Gäste, die sich an dunkle Holzwände lehnen und dabei mit dem Fuß zur Musik wippen. Und die kommt – genau – von Room Eleven.
Da drängt sich natürlich die Frage auf, was zum Henker eine niederländische Band in einem Hotel in Louisiana zu suchen hätte. Was man sich aber nur fragt, wenn man die Musik dieser Combo um Sängerin Janne Schra und Gitarrist Arrien Molema noch nicht kennt. Denn Room Eleven sorgten schon mit ihrem Debüt „Six White Russians and a Pink Pussycat“ für Aufsehen und Platinauszeichungen. Zu jazzigem Bass- und Drumspiel servierte man mal Bossanova-Flair, mal Folk-Melancholie, mal poppigen Schmiss und auch mal tiefschwarzen Blues. Die Single „One Of These Days“ wurde mitsamt Video ein kleiner Überraschungserfolg. Aber es war auch einfach zu schwer, dieser so leichtfüßig daherkommenden Melancholie zu entfliehen. So erging es übrigens nicht nur der popmusik-affinen Hörerschaft sondern ebenso den hartgesottenen Jazz-Fans.
Das zweite Album „Mmm… Gumbo“ verlässt sich erneut auf die genannten Zutaten, fügt aber noch weitere hinzu. So atmet der Opener „Hey hey hey!“ dank der lässigen Bläser ein 50er-Jahre-Flair, in „Lalala Love“ geht’s nach einem banjoeskem Intro plötzlich dreisprachig (englisch, deutsch, französich) und augenzwinkernd chansonesk zu, während im Hintergrund ein Barpiano klimpert. „Swimmer“ wiederum ist eine ergreifende, streicherverzierte Folkballade. Was da aber so frech zusammengemixt und leichtfüßig daherkommt, ist oft von einer zarten Trauer durchwachsen. „You lost something … It’s another rainy day for you / another rainy day in the sun“ – eine Textzeile, die sehr genau beschreibt, wie Room Eleven funktionieren. Sie sind Sonne und Regen zugleich. Wie es zu diesem Gegenspiel kommt, erklärt Janne sich so: „Wenn ich mich in eine depressiven Phase verstricke, suche ich immer Musik, die mich aufmuntert. Ähnlich ist es, wenn mir oder meiner Familie eine Tragödie widerfährt – ich versuche die Trauer in etwas Positives zu verwandeln, auch wenn es schwer fallen mag. Ich glaube, unsere Musik funktioniert genau so.“
Setzte man bei der Titelwahl des Debüts auf eine Cocktail-Metapher, was angesichts des munteren Stilmixens – geschüttelt nicht gerührt – ja auch zu gut passte, ist auch „Mmm… Gumbo“ delikat gewählt. Denn der Gumbo-Eintopf, der in den Südstaaten Amerikas zu den Traditionsgerichten zählt, steht seit jeher als Metapher für die Vermischung der verschiedenen (Ess-) Kulturen. Das auf die verschiedenen Klangkulturen zu übertragen, die sich in Room Eleven vermischen, liegt ja nahe. Und wenn man die satten 13 Songs durchgehört hat, liegt einem auch schnell ein lautes „Mmm…“ auf der Zunge.