Skylar Grey | Biografie

Biografie 2011

Ohne Skylar Grey wäre das letzte Jahr musikalisch sehr viel armseliger, weil um etliche Hits ärmer gewesen: Die begnadete Sängerin, Songschreiberin und Multiinstrumentalistin war als Co-Autorin unter anderem verantwortlich für Eminems „Love The Way You Lie“ (für das Grey gleich zwei Grammy-Nominierungen bekam, unter anderem in der Kategorie „Song des Jahres“), für „I Need A Doctor“ von Dr. Dre (das sie dann auch gleich bei der diesjährigen Grammy-Verleihung gemeinsam mit Dre und Eminem live präsentierten durfte), für „Coming Home“ von Diddy-Dirty Money (das sie gemeinsam mit Mr. Combs und Co. bei „American Idol“ vorstellte) sowie für Lupe Fiascos „Words I Never Said“ und „Castle Walls“ von T.I. – wie unschwer zu erkennen, hat diese junge Dame seit Monaten einen Stammplatz in den internationalen Airplay- und Verkaufscharts. 
Die Tatsache, dass „Love The Way You Lie“ – ein Track, für den Grey den von Rihanna eingesungenen Refrain geschrieben hat – sich weltweit rund 10 Millionen Mal als Download verkauft hat und der Song sieben Wochen lang an der Spitze der US-Charts stand, interpretiert die 25-Jährige als eindeutiges Zeichen: „Daran erkenne ich, dass die Leute mehr Gefühl, mehr Leidenschaftlichkeit in der Musik hören wollen; das ist der Sound, den die ganze Welt hören will“, meint sie. „Ich möchte etwas verändern, eine Revolution ins Rollen bringen, für mich und andere Künstler dafür kämpfen, dass in der Popwelt endlich auch echte Gefühle und Verletzlichkeit wieder einen Platz haben. Denn ehrlich gesagt finde ich, dass das zwei Dinge sind, die in den letzten paar Jahren viel zu kurz gekommen sind.“
Diesen Herbst wird Skylar Grey die angesprochene Revolution lostreten, wenn sie mit „Invinsible“ ihr Solodebüt veröffentlicht, das sie gemeinsam mit dem britischen Songschreiber und Produzenten Alex Da Kid (Nicki Minaj, B.o.B., U2) aufgenommen hat. Grey hatte schon vor einiger Zeit einen Produktionsdeal bei Alex Da Kid und dessen Firma KIDinaKORNER unterzeichnet, und der Brite war es auch, der sie mit Eminem, Rihanna, Dr. Dre, Sean Combs, Lupe Fiasco und T.I. bekannt machte. Der Sound, den Da Kid und Grey gemeinsam für „Invinsible“ kreiert haben, ist filmischer, von HipHop-Elementen durchzogener Alt-Pop mit sehr viel Edge und eingängigen Beats, ein Sound, der stets genügend Raum lässt für die düstere, unvergleichliche Stimme und das einzigartige Gespür für Melodien, das Grey schon als Songschreiberin und Vokalgast wiederholt bewiesen hat.
Was die Texte ihres Longplayers angeht, zeichnet Skylar mit Stücken wie „Invisible“, „Weirdo“, „Building A Monster“ und „Dance Without You“ ihre eigene Transformation nach und berichtet davon, wie sie jahrelang dafür kämpfen musste, ihren Platz in der Welt zu finden.
„Bevor ich mit der Arbeit an diesem Album begonnen habe, hatte ich das Gefühl, vollkommen die Kontrolle über mein Leben verloren zu haben. Ich konnte nicht mal mehr sagen, wer ich eigentlich war“, berichtet sie. „Ich wollte endlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, also fasste ich den Entschluss, mich für eine Weile zurückzuziehen und einfach für mich zu sein. Und während dieser Zeit habe ich dann schließlich die Superheldin entdeckt, die in mir schlummerte. Diese komplette Entwicklung zeichne ich auf dem Longplayer noch einmal nach, angefangen mit ‘Invisible’, weil ich mich früher tatsächlich unsichtbar gefühlt habe. ‘Building A Monster’ beschreibt den ganzen Prozess, die Entwicklung von ‘Invisible’, also ‘unsichtbar’ bis ‘invincible’, also unschlagbar, wohl am besten. Darum heißt das Album auch ‘Invinsible’ – eine Wortkreuzung aus den beiden Extremen.“
Der Weg, den Skylar Grey zurücklegen musste, um an denjenigen Punkt zu gelangen, an dem sie heute steht, hatte extrem viele Höhen und Tiefen. Sie kam als Holly Brook Hafermann in Mazomanie im Staate Wisconsin zur Welt, einem Kaff, das so klein ist, dass es ohne Stoppschild auskommt. „Von dort ist es mit dem Auto eine Dreiviertelstunde bis Madison, wo man dann seine Einkäufe erledigen kann“, erzählt sie. Schon als Sechsjährige trat sie gemeinsam mit ihrer Mutter auf – als Mutter/Tochter-Folkduo. Mit 14 hatte sie schon drei Alben auf eigene Faust aufgenommen und veröffentlicht. „Die anderen Kids haben mich immer gehänselt, weil mein Sound nicht ‘cool’ war und die alle nur das hören wollten, was bei den Popsendern im Radio lief. Als ich dann in der siebten Klasse war, bin ich irgendwie gar nicht mehr klargekommen, die ewigen Sticheleien waren einfach zu viel. Also sagte ich meiner Mutter, dass ich nicht mehr weitermachen konnte. Und so kam es dann, dass ich anfing, für mich alleine Musik zu machen – und diese Songs haben mir oft weitergeholfen.“ Schließlich schmiss sie die Schule und zog nach Los Angeles mit einem festen Ziel vor Augen: Sie wollte Musikerin werden und ernsthaft ihre Vision verfolgen.
Im Jahr 2004, als Grey gerade mal 17 war, unterzeichnete sie dann einen Publishing-Deal mit Universal Music Publishing sowie einen klassischen Plattenvertrag mit dem von Linkin Park gegründeten Label Machine Shop Recordings. Wenig später sang sie als Holly Brook auf „Where’d You Go“, der Hitsingle von Fort Minor, und veröffentlichte ihr Debütalbum „Like Blood Like Honey“. Doch liefen die Dinge nicht so wie geplant, und Grey fragte schließlich, ob man sie nicht vorzeitig aus ihrem Vertrag entlassen könne. Dieser Prozess sollte jedoch anderthalb Jahre dauern: eine Phase, während der sie keinerlei neue Songs veröffentlichen durfte. Um nun aber ihre kreativen Energien auszuleben, blieb ihr nur die Möglichkeit, andere Künstler zu unterstützen. So ging Grey schon bald mit Duncan Sheik auf Tour und spielte Keyboard in dessen Band, um nicht durchzudrehen und obendrein auch noch ein bisschen Geld zu verdienen. „Ich war die ganze Zeit in dieser Warteschleife gefangen, wodurch ich regelrecht depressiv wurde“, erinnert sie sich. „An dem Punkt habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben die Frage gestellt, ob es nicht doch die falsche Entscheidung war, sich für eine Karriere als Musikerin zu entscheiden. Denn auf einmal war ich nur noch irgendeine 23-Jährige, die nicht in die Puschen kam. Ich fühlte mich echt mies damals, besonders weil ich vorher immer das Gefühl gehabt hatte, dass alles eigentlich sehr gut lief bei mir, weil ich ja immer so genau wusste, was ich mit meinem Leben anfangen will.“
An diesem Punkt fasste sie den Entschluss, in sich zu gehen und sich Gedanken über die eigene Zukunft zu machen; sie verließ die Metropole, reiste die Küste hoch in Richtung Norden, machte kurz in Ventura Zwischenstopp und landete schließlich in einem kleinen Küstenort im Süden von Oregon. Während der Odyssee schlief sie auf einer Yogamatte und nahm jede erdenkliche Art von Jobs an: „Mal arbeitete ich bei Barnes & Noble, dann habe ich Gymnastikunterricht gegeben, ja sogar Pornofilme habe ich geschnitten“, berichtet sie. „Phasenweise war ich so verdammt abgebrannt, dass es nicht mal mehr für eine Tankladung reichte und ich also wohl oder übel zu Hause bleiben musste.“ Schließlich suchte Grey sogar die unmittelbare Umgebung ihrer Wohnung nach Essbarem ab und pflückte sich Orangen und Grapefruits von den Bäumen: „Ich hatte Angst davor, meine Eltern um Geld anzuhauen, weil sie da schon so viel für mich getan hatten. Sie hatten ja immer an meine Karriere als Musikerin geglaubt“, so Skylar. „Ich hatte das Gefühl, sie so richtig enttäuscht zu haben.“
Letzten Endes kam sie ja doch in Oregon an und wurde in einer Künstlerkolonie aufgenommen; für Kost und Logis musste sie hier nur hin und wieder irgendwelche Gelegenheitsarbeiten übernehmen. „Ich wohnte dann in so einer kleinen Hütte im Wald. Das war mitten in der Walachei“, so Skylar. „Ich hatte zwar kein eigenes Klo, aber es war doch ein gutes Gefühl, dort zu sein, weil ich endlich unabhängig war und zugleich lernte, dass ich auch mit ganz wenig zurechtkommen kann.“ Ein glücklicher Zufall führte dazu, dass ein wohlhabender Fan sie via MySpace kontaktierte und sie für einen Auftritt auf einer Privatparty in Los Angeles engagieren wollte. Als dieser Fan dann ihre ganze Geschichte gehört hatte, drückte er ihr einen Scheck über eine beträchtliche Summe in die Hand, damit sie endlich ihr eigenes Studio aufbauen konnte, was sie dann auch tat: in ihrer Hütte im Wald. „Von da an habe ich wirklich jeden Tag Songs geschrieben, und fühlte mich mit der Zeit immer besser und selbstbewusster.“
Immer neue Songideen sprudelten aus ihr heraus, bis Grey schließlich nach New York flog, um sie ihrer Verlegerin Jennifer Blakeman zu zeigen. Die war sofort überzeugt und meinte, dass ihr Ansatz perfekt zu dem von Alex Da Kid passen würde. „Jennifer spielte mit dann ‘Airplanes’ von B.o.B. vor, noch vor dem Release, eine Produktion von Alex also, und ich sagte nur: ‘Ja, der Typ ist der Richtige.’“ Der Alternative-Beigeschmack sei dabei entscheidend gewesen, so die Sängerin: „Der Sound war zwar absolut kommerziell, aber da schimmerte auch dieses ganz andere Element durch, das man sonst nicht von Popsongs kennt. Dadurch dachte ich mir, dass er bestimmt verstehen würde, wo meine musikalischen Wurzeln liegen und worum es mir geht. Schließlich schickte ich ihm eine Mail und bestand darauf, dass wir beide zusammenarbeiten. Er schickte mir daraufhin einfach einen Beat rüber, und ich antwortete mit der Hook, aus der schließlich ‘Love The Way You Lie’ werden sollte.“ Wenige Wochen später erfuhr sie dann, dass Eminem den Song in eine Rap-Nummer umbauen wollte, mit Vocals von Rihanna, und dass der Song auf seinem Album „Recovery“ erscheinen sollte…
Als „Love The Way You Lie“ dann die internationalen Charts erobert hatte, fragte Eminem Grey und Alex Da Kid, ob sie nicht auch zu der Arbeit an Dres Album „Detox“ etwas beisteuern wollten – woraus schließlich der nächste Hit hervorgehen sollte: „I Need A Doctor“. „Als ich zum ersten Mal den Rap-Part von Marshall gehört habe, musste ich sofort losweinen. Er war es übrigens auch, der sich dafür eingesetzt hat, dass meine Gesangsaufnahme für die finale Version genommen wird, anstatt irgendeinen großen Popstar für die Aufnahme zu holen“, erzählt Grey. „Wenn man bedenkt, wie tief ich gesunken war, um dann mit diesen Leuten zu arbeiten… wow.“
Nach all den Hits, an denen sie im Hintergrund mitgearbeitet hat, steht Skylar Grey nun mit ihrer ersten offiziellen Single „Invisible“ in den Startlöchern, um dann im Herbst mit „Invinsible“ (KIDinaKORNER/Interscope) ihr Debütalbum nachzulegen. Sie darf sich zurecht glücklich schätzen, dass sie sich dafür entschieden hat, trotz der Rückschläge auch weiterhin an ihrer Karriere als Musikerin zu arbeiten: „Na, ehrlich gesagt blieb mir ja gar keine andere Wahl“, meint sie. „Die Musik ist nun mal mein Leben. Ich mache Musik – PUNKT. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie jemand im Publikum berührt wird von der Musik, wie jemand in Tränen ausbricht oder losjubelt, und lass es nur einen einzigen Menschen sein, dann weiß ich wieder, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dann ist alles andere egal und man weiß wieder, warum man die ganzen Strapazen auf sich nimmt.“
„Invinsible“, das Debütalbum von Skylar Grey, erscheint im Herbst bei Interscope Records.
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