Nach vier Jahren ist es endlich soweit: Sukini, seit Jahren im HipHop auch als Sookee bekannt, liefert mit ihrem zweiten Album erneut Musik für Kinder, bei der Erwachsene gerne mithören dürfen. Nach fast 20 Jahren als queerfeministische Rapperin kommt von Sukini nun eine weitere Einladung an alle Leutis – mit der Musik mitzuwachsen, und zugleich auch mit den Themen und Diskussionen, die Sukini mal laut, mal leise in ihren Texten aufgreift und verarbeitet.
“Da haben wir den Salat” liefert weit mehr als nur eine Beilage, es schenkt jüngeren und älteren Ohren eine musikalisch und inhaltlich reichhaltige Fortführung und Weiterentwicklung des 2019 erschienen Albums “Schmetterlingskacke”. Für Sukini kein Zufall, sondern Programm: “Mir war schon lange klar, dass ich mich mit Schmetterlingskacke nicht einfach ausprobieren wollte. Die neuen Lieder sind nach und nach mit mir gewachsen und reflektieren nicht nur die Dinge, die mich beschäftigen und die Welt, in der wir leben, sondern auch meinen Umgang mit alledem.”
Politisch nachhaltig: Musik, die Zeit braucht und Zeit gibt
Ehrlich, direkt, unmittelbar – so erlebt Sukini all jene vor allem jüngeren Menschen, die ihr bei Konzerten begegnen. Ehrlich, direkt und unmittelbar ist auch ihr Umgang mit dem Publikum. Anstelle von künstlichen Inszenierungen und schnelllebigen Musikprodukten wählt Sukini einen anderen Weg: Themen, die ihrer Lebensrealität und der Auseinandersetzung mit Gegenwartsdiskussionen entspringen, sowie künstlerische Entscheidungen, die über kommerzielle gestellt werden.
Ehrlich, direkt, unmittelbar zeigt sich auch der titelgebende Song “Da haben wir den Salat”. Immer wieder hätten sich Kinder bei ihren Konzerten ein Lied über Tiere gewünscht. Entstanden ist nun ein veganer Song über das Tiere-(Nicht)essen, der Tierrechte und die Wichtigkeit von Tierwohl altersgerecht vermittelt.
“Okay Leutis”, ein Anti-Adultismus- sowie Leistungskritik-Lied, das D!E GÄNG und Sukinis Drummer und Produzent Shaban featured, zeigt sich ebenso politisch und verzichtet zugleich gänzlich auf einen eingängigen Refrain. Das mag vielleicht nicht Algorithmen erfreuen, aber Sukini umso mehr, denn: “Mit meiner Musik will ich mehr und mehr weg vom Konsumieren, hin zum Rezipieren. Sie ist für mich auch politisch nachhaltig.” So liegen zwischen der Veröffentlichung beider Alben vier Jahre, eine ungewöhnlich lange Zeitspanne in der Musikbranche. Sukini und ihr Team haben während der Pandemie mit der Arbeit am Album begonnen, das gab den Songs viel Zeit zum Reifen. Dem Album hat dieser Prozess nur gutgetan, musikalisch und thematisch gleichermaßen.
Kindern was zutrauen: Gute-Laune-Mukke neu definiert
Dass nicht nur das Private, sondern auch das Emotionale für Sukini politisch ist, zeigt sich in einigen der elf Lieder. In “Gefühlemühle” fokussiert sie den Umgang mit Gefühlen und ermutigt dazu, sie alle kennenzulernen und anzunehmen, ohne die einen auf- und die anderen abzuwerten. “Einverstanden” thematisiert Konsens und Einvernehmlichkeit als soziale Kulturpraxis eines gemeinschaftlichen Miteinanders auch zwischen Kindern und Erwachsenen. Dabei lädt das Lied herzlich dazu ein, beides immer wieder im Alltag zu erproben.
Das Leben von Kindern im Frauenhaus aus ihren eigenen Perspektiven, ein Kinderrechtesong mit Rage Against the Machine-Zitat am Ende, ein Geburtstagslied, das auch Platz für einen Seufzer lässt, die Fortsetzung zum viel gefeierten “Glitzer” mit Saskia Lavaux – Sukini kreiert Kindermusik, die mehr als Gute-Laune-Mukke bietet: “Mich hätten musikalische Papphüte als Kind nicht abgeholt, ich wollte nicht immer nur Disneyland. Das zeigt sich auch heute in meiner Musik.”
Beständig im Wandel: Begleitprogramm für Kopf, Herz und Ohren
Während das Team beim Komponieren und Musikmachen das gleiche geblieben ist, was sich am samtig-weichen Faden zwischen den beiden Alben zeigt, hat sich dennoch einiges verändert. “Rhythmisch haben wir viel neues ausprobiert”, erklärt Sukini, “und alle wochenlang Motown-Artists und die Beatles gehört.” Umgeben von Harmonien, die Sukini bereits in ihrer Kindheit geliebt hat, ist so in vielen Jam- und Studiosessions handgemachte Musik entstanden.
Nicht nur Musik mit Hand und Herz steckt drin, sondern auch inhaltlich herausfordernde und bereichernde Arbeit: Sukini entscheidet sich im Schreibprozess erstmals für ein Sensitivity Reading, bei dem Texte auf die (unbewusste) Reproduktion diskriminierender Sprache und Erzählmuster geprüft werden. Ein bisher noch ungewohntes Vorgehen in der Musikbranche, doch für die Musikerin war es die richtige Entscheidung: “Hier gezielt mit einer Expertin zusammenzuarbeiten und es als wesentlichen Bestandteil der Produktion zu verstehen, wurde für mich so essenziell wie das Stimmen der Instrumente vor unseren Sessions.”
Um auch andere an diesem Prozess teilhaben zu lassen, wird zu “Da haben wir den Salat” ein ganz besonderes Begleitheft veröffentlicht – ein Podcast für die erwachsenen Hörer*innen. Zu jedem Lied des Albums wird es eine Folge geben, die aufzeigt, welche Reflektionsprozesse Sukini jeweils begleitet haben. Auch zur weiteren Auseinandersetzung mit Diskursen sollen die Folgen anregen.
Sukini ist so auf dem besten Wege, Kinderkultur als inhaltliches, emotionales und künstlerisches Angebot nicht nur für Kinder zu etablieren, sondern für alle Menschen, die Kinder umgeben, begleiten und selbst einmal waren. Und mit allem, was sich hinter und in Sukinis Musik verbirgt, gibt es dabei doch immer eine Konstante: “'Das will ich nochmal hören!‘ bleibt für mich der schönste Verdienst überhaupt.”
Das Album “Da haben wir den Salat” erscheint am 26. Mai 2023 über Karussell, Universal Music.