Swingend und rockig, sexy und exzentrisch – mit diesen Attributen wurde ganz sicher noch kein Weihnachtsalbum umschrieben. Zumindest bis jetzt! Denn “Christmas With The Puppini Sisters” verdient sich all diese Begriffe redlich. Was bei dem berühmt-berüchtigten Eklektizismus der drei singenden A-cappella-Damen letztendlich aber auch nicht wirklich überrascht, zählen sie zu ihren Einflüssen doch einerseits das amerikanische Vokalensemble The Andrews Sisters und andererseits die englische Indie-Rock-Band The Smiths. Das Aufeinanderprallen solcher musikalischen Gegenwelten macht nun auch das Album “Christmas With The Puppini Sisters” so einzigartig. Alte und nicht ganz so alte Klassiker der Weihnachtsmusik wurden dafür mit knallig roten Lippenstift geschminkt, in seidene Ballkleider mit tiefem Ausschnitt gesteckt oder auch auf leicht schräge Weise festlich herausgeputzt.
Eröffnet wird der kunterbunte Reigen sehr schwungvoll und passend mit “Step Into Christmas”. Das Stück – hier in einer fetzigen Jive-Version präsentiert – hatte das Hitlieferantengespann Elton John und Bernie Taupin 1973 geschrieben und von Phil Spector produzierten Gesangsensembles wie den Ronettes gewidmet. Ganz die Kragenweite der Puppini Sisters hat auch das folgende “Santa Baby”, das 1953 erstmals von Eartha Kitt eingesungen wurde. In den augenzwinkernden Lyrics listet eine “bescheidene” junge Dame ihre Weihnachtswünsche auf: u.a. hätte sie gerne einen Zobel, ein brandneues Cabrio, eine schnieke Yacht und natürlich Weihnachtsdekoration von Tiffany’s. Mariah Careys “All I Want For Christmas” wurde von den Puppinis Sisters nach New Orleans verpflanzt und mit ausgelassenen Street-Parade-Klängen aufgepeppt. Stilecht mit Ukulele-Begleitung trägt das Gesangstrio wiederum das hawaianische Weihnachtslied “Mele Kalikimaka” vor, das 1950 durch Bing Crosby und – einmal darf man raten! – die Andrews Sisters weltbekannt wurde. Unter die Haut gehen die Puppini-Interpretation von George Michaels Schmachtlied “Last Christmas” und ihre etwas weltentrückte Version von “White Christmas”, während das Terzett in dem fröhlich swingenden “Let It Snow” seine Scat-Talented erstrahlen lässt. Wie eine Kabarettnummer wirkt dann wieder “Here Comes Santa Claus”. Ausklingen lassen die Puppini Sisters dieses wunderbar unterhaltsame Album mit einer bezaubernden Performance von “Winter Wonderland” und einer geradezu traditionalistisch-festlichen Darbietung von “O Holy Night”. Schon auf ihren beiden ersten Alben – “Betcha Bottom Dollar” und “The Rise And Fall Of Ruby Woo” – begeisterte das klassisch ausgebildete Londoner Gesangstrio mit phantasievollen Überarbeitungen von alten Jazzklassikern wie “Boogie Woogie Bugle Boy” und modernen Hits wie Beyoncés “Crazy In Love”. Mit “Betcha Bottom Dollar” schnellten sie 2007 auf Platz 2 der amerikanischen Jazzcharts hoch, mit “The Rise And Fall Of Ruby Woo” ein Jahr später auf Rang 5.
Die brünette Marcella Puppini, eine ehemalige Assistentin der exzentrischen Fashion-Ikone Vivienne Westwood, hatte eigentlich davon geträumt, ein Opernstar zu werden. Auch Rotschopf Stephanie O’Brien begann die Karriere in der klassischen Musikwelt, verlegte sich dann aber darauf, Gypsy-Jazz-Violine und südamerikanische Harfe zu spielen sowie zu singen. Von der blonden Kate Mullins sagt man, dass sie wie ein Engel singe und wie ein Seemann fluche. Die Vokalistinnen lernten sich 2004 am Londoner Trinity College of Music kennen, wo sie Kurse in Jazzgesang und Komposition belegt hatten. Als man sie aus Jux für einen gemeinsamen Auftritt in einem Schwulen-Club engagierte, arbeitete Marcella, die dem Trio auch seinen Namen gab, auf die Schnelle ein Arrangement von Kate Bushs “Wuthering Heights” aus, das im Stil des Swing und Jazz der 1940er Jahre gehalten war. Der Rest ist – wie man so schön sagt – Musikgeschichte! Und das dritte Kapitel dieser Musikgeschichte legen die Puppini Sisters nun mit diesem überaus kurzweiligen und gutgelaunten Weihnachtsalbum vor.