Thomas Quasthoff ist einer der bekanntesten Bassbaritone der Welt. Besonders seine Interpretationen von Liedern sind wegweisend. Mit seiner volltönenden, erzählerischen und bis in die Nuancen gestaltenden Stimme hat er in Werken von Schubert, Brahms, Liszt, Schönberg und vielen anderen Komponisten Maßstäbe gesetzt. Er trat in allen großen Konzertsälen von der Carnegie Hall bis zur Berliner Philharmonie mit den renommiertesten internationalen Orchestern und Dirigenten auf.
Thomas Quasthoff hat nahezu jede Nische des Repertoires für seine Stimme ausgeleuchtet. Auf der Bühne stand er unter anderem als Minister in Beethovens Fidelio und als Amfortas in Wagners Parsifal. Unter seinen zahlreichen Veröffentlichungen als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon finden sich Bach-Kantaten ebenso wie Haydn-Arien, Schuberts Winterreise und Die schöne Müllerin wie auch das große Lied-Repertoire der Romantik. Quasthoff unternahm Ausflüge in Mozarts Arienwelt und wurde er als Jazzsänger gefeiert, der mit dem Trompeter Til Brönner “The Jazzalbum” aufnahm und später mit seiner Band das Album “Tell It Like It Is”, auf dem er sich zwischen Soul, Rhythm & Blues und Pop bewegt. Quasthoffs Einspielungen wurden insgesamt dreimal mit dem Grammy und sechsmal mit einem Echo Klassik ausgezeichnet; außerdem erhielt er das große Bundesverdienstkreuz.
In zwei Autobiografien hat Quasthoff über seine Karriere, seine Kontaganschädigung und seine Sicht auf die Musik geschrieben (“Die Stimme” und “Der Bariton”), außerdem wurde sein Leben in dem Film “The Dreamer” dokumentiert. Quasthoff, der 1959 in Hildesheim geboren wurde, berichtet von seiner Kindheit, in der er als Schüler der Musikhochschule in Hannover aufgrund seiner Behinderung abgelehnt wurde, von seinem Vater, der ihn ermutigte, im Kirchenchor zu singen und von seinem nicht ganz einfachen Weg auf die Konzertpodien der Welt. “Es mag für viele Menschen vielleicht komisch klingen”, sagt der Sänger über sein eigenes Leben, “aber ich empfinde mich als Glückspilz. Viele Dinge in meinem Leben haben zwar nicht sofort geklappt, aber ich habe mich nie mit einem Nein kampflos abgefunden.”
Sicher ist Quasthoffs Ausdrucksstärke auch durch seine Vielfältigkeit und sein Interesse an gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen geprägt. Zunächst begann er ein Jura-Studium, arbeitete als Radiomoderator beim NDR, wo er auch als Stimmimitator auftrat. Sein Durchbruch begann 1984 als Bassist in Louis Spohrs Die letzten Dinge und mit dem Sieg beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 1988. Für Thomas Quasthoff ist die Musik mehr als Unterhaltung – sie ist Ausdruck unserer Zeit, ihrer Sehnsüchte, Ängste und Freuden.
Die Karriere von Thomas Quasthoff ist begleitet von seinem Engagement für den Nachwuchs. Neben seiner Tätigkeit als Professor organisiert er einen eigenen Gesangwettbewerb und mischt sich immer wieder kritisch in die Debatte gegen die Verflachung der Musik ein. Bei der Deutschen Grammophon hat er in der Reihe “Der kleine Hörsaal” eine CD aufgenommen, in der er Kindern Schuberts Die schöne Müllerin erklärt.
Anfang 2012 gab Quasthoff seinen Rücktritt als Sänger bekannt. Dem Gesang und der Kunst aber bleibt er treu. Er unterrichtet weiter als Professor an der Hanns-Eisler Musikhochschule in Berlin, gibt Kabarett-Programme (u.a. mit Michael Frowin und Jochen Kilian), erzählt Werke wie Peter und der Wolf, tritt als Sprecher und Rezitator bei Konzerten auf (u.a. als Bassa Selim in der Entführung aus dem Serail mit Rolando Villazón in Baden-Baden) oder moderiert “Thomas Quasthoffs Nachtgespräche” im Berliner Konzerthaus.
Mit seinem Album “Mein Weihnachten” erscheint im Herbst 2014 eine weitere Aufnahme von Thomas Quasthoff bei der Deutschen Grammophon, auf der er seine persönlichen US-Lieblings-Weihnachtslieder mit großem Swing singt und dazu deutsche Gedichte rezitiert.
10/2014