Ein cooleres Debut als Tom Veks „We Have Sound“ hat es in letzter Zeit nicht gegeben. Rau, kantig und irgendwie retro.
Er sieht ein bisschen aus wie der junge Jimmy Tenor, aus einem anderen Blickwinkel vielleicht wie Joey Ramone. Der 23jährige Tom Vek aus Kingston im Südwesten Londons ist ein Antistar wie man ihn sich nur wünschen kann. Unkonventionell und kompromisslos verbindet der Multi-Instrumentalist auf seinem Debutalbum „We Have Sound“ subtile Elektronika mit rauer Garage-Energie, Lo-Fi Disco-Punk und Electro-Clash auf einem Rückgrat halsstarren, verwinkelten Funks. Sein Eklektizismus wird durch Veks bewusst wackeligen Homestudio-Sound erst richtig schön.
Vek ist ein intensiver, stark rauchender, spindeldürrer, dick bebrillter und rätselhafter Zeitgenosse, der in seiner Verfolgung des Außergewöhnlichen vor nichts zurückschreckt, seine Hörer herausfordert und dabei alles richtig macht. Der Kunstakademiestudent kam auf die ebenso cleveren wie abgedrehten Ideen seines No-Budget-Videos von „If I Change My Mind“. Ohne sein treues kleines Label Tummy Touch hätte Vek sich wahrscheinlich aber auch nicht zu dem entwickeln können, der er ist: Jemand, der allen Klischee-Fallen entrinnt und dabei noch den abgebrühtesten Zyniker auf seine Seite zieht.
Spirituelle Heimat seines Sounds war Papas Garage, die es heute nicht mehr gibt. Dort fing Vek bereits als 14jähriger an, mit einem alten Vierspurrekorder und einem Gesangsmikro herum zu experimentieren. Im späteren Teenageralter beeinflussten ihn Bands wie Pearl Jam, The Smashing Pumpkins und Everclear, folglich machte er „Angst-Rock“. Im Herbst 2000 hatte Tom sich mehr auf den Leftfield-Rock von Gruppen wie Soul Coughing eingeschossen und die Elektronika von Labels wie Warp entdeckt. Seine Ideen bewegten sich in „instrumentellen, melodischen, lose elektronischen aber immer noch ganz schön punkigen“ Strukturen. In dieser Zeit bereits fing Tom an, einem Freund seiner bohemischen Eltern, Alex Cooper, dem Schlagzeuger von Katrina & The Waves, seine Musik anzuvertrauen, in der Hoffnung, jener würde sie an das eine oder andere Label weiterreichen. Irgendwann hatten Veks Tracks genug slackerige Originalität erreicht, dass Cooper sie seinem Cousin Tim „Love“ Lee, dem Chef des Ostlondoner Labels Tummy Touch übergab. 2001 erschien dort die 7“-Single „There´s Only One Thing Left To Know“, ein fragiles Pianostück.
Vierzehn Monate später, während derer Tom nebenbei Grafikdesign an der Londoner St. Martins-Hochschule studierte, hatte er neues Material geschrieben und Demos aufgenommen. Und es sich damit alles andere als leicht gemacht. Von den alten Songs wollte er keinen mehr aufnehmen, sie erschienen ihm „schwächlich und traurig“. Sein neues Material bezeichnete Vek dafür als „schrägen Elektro-Rock“. Analog aufgenommen wie Punk, kein Computer weit und breit. Mit einem dicken Kloß im Hals (schon zuvor bewegte sich Veks funky Electro-Zeug im äußersten stilistischen Extrem des Labels) reichte Tom seine Tapes bei Tummy Touch ein, das war im Frühjahr 2003. Zu Veks großer Überraschung war Lee BEGEISTERT von der großartig originellen, kompromisslosen Musik.
Die erste reguläre Studiosession mit „If I Change My Mind“, einem knallharten Punkrock-Smasher, änderte daran auch nichts mehr (man beachte die Anspielung im Songtitel). Gemeinsam mit Produzent Tom Rixton nahm Tom Vek in den folgenden Monaten „We Have Sound“ in X verschiedenen Studios in London und Dublin auf. Oft an grauen Spätnachmittagen, an denen Rixton dort noch Restzeit in Anspruch nehmen konnte und keiner mehr auf die Uhr schaute.
Veks Tracks haben diese Unmittelbarkeit, die ihn, wäre er nicht so radikal, in die Nähe einer ganzen Reihe aktueller Singer-Songwriter rücken würde. Indem er aber auf seine unkonventionelle Lo-Fi-Aufnahmetechnik bestand, hat er stattdessen einen ganz anderen, geistreichen Sound hervor gebracht, der sich keines Dreckes schämt und dafür Klischees komplett umschifft. „On The Road“ etwa ist ein Song, der ihm sehr ans Herz gewachsen ist. Voller Fehler und unordentlich, aber dafür richtig faszinierend. „On The Road“ ist ein unverändertes Abbild des Musikmachens in der alten Garage“, erklärt Vek. Das Gerücht, das der NME in die Welt setzte, er hätte für eine Viertelmillion Pfund das Label gewechselt, zerstreute Vek noch im Vorfeld der Album-Veröffentlichung.
Auf der Bühne realisiert Vek seine Visionen mit Hilfe von Tom Vek: der Band. Wenige Monate nach Beenden der Album-Aufnahmen spielte er mit einer klassischen Rockband-Besetzung im Programm mit Razorlight, Bloc Party, The Fallout Trust und Soulwax in London und der englischen Provinz. Veks Livesets sind alles andere als eine sklavische Übersetzung des von ihm allein aufgenommenen Materials. Im Studio ist und bleibt Vek jedoch ein Einzelgänger. „Tom Vek-Stoff ist, was ich alleine mache“, bemerkt er so einsilbig wie sein Name klingt.