Trombone Shorty | Biografie

Biografie

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – Trombone Shorty scheint die gesamte Zeitleiste der Musik von New Orleans zu verkörpern. Und nirgends zeigte er das so deutlich wie auf “Parking Lot Symphony”, seinem ersten Album für das rührige Label Blue Note. Er beginnt es mit einem Soul-getränkten Klagelied, das er Marie Laveau (1801–1881), der berühmten Voodoo-Königin der Stadt gewidmet hat, und führt einen über frische Interpretationen zweier Funk-Klassiker aus den 1970er Jahren (das von Allen Toussaint für Ernie K. Doe geschriebene “Here Come The Girls” und “It Ain’t No Use” von The Meters) hin zum futuristischen Trap-Funk in dem Song “Familiar”, den Shorty gemeinsam mit Aloe Blacc schrieb. Das Album erschien pünktlich zum Auftakt des New Orleans Jazz and Heritage Festival, bei dem Trombone Shorty – das Erbe von Crescent-City-Größen wie den Neville Brothers und Professor Longhair antretend – am 7. Mai 2017 mit seiner Band Orleans Avenue das prestigeträchtige Abschlusskonzert gab.
Trombone Shorty kam am 2. Januar 1986 als Troy Andrews in New Orleans zur Welt und wuchs in einer Gegend im Stadtteil Tremé auf, die von den Einheimischen “Back of Town” oder “Backatown” genannt wird. Tremé gilt als das “musikalischste Viertel der musikalischsten Stadt der USA”, und das Herz dieses Viertels ist wiederum der legendäre Congo Square. Zu den Musikern, die in Tremé das Licht der Welt erblickten, gehören u.a. der kreolische Jazzklarinettist Alphonse Picou und Trompeter Kermit Ruffins. Und auch die Rebirth Brass Band hatte dort ihre Wiege. In dieser von Musikern jeglicher stilistischer Couleur bevölkerten Gegend wuchs Troy Andrews auf und marschierte, kaum dass ihn seine Beine trugen, mit den allgegenwärtigen Brassbands durch die Nachbarschaft. Den Spitznamen Trombone Shorty verpasste ihm sein älterer Bruder James, als er den vierjährigen Troy bei einer solchen Straßenparade mit einer Posaune herumhantieren sah, die zweimal so groß war der kleine Blasebalg .
Bevor er erstmals eine Posaune in die Hand nahm und zu Trombone Shorty wurde, hatte Troy Andrews schon Marschtrommel und Trompete gelernt. Mit sechs Jahren war der frühreife Knirps bereits so gut, dass er in der Jazzband seines Trompete spielenden großen Bruders James, den man in Tremé übrigens als “Satchmo of the Ghetto” kennt, mithalten konnte.  Schon bald danach gründete Troy seine eigene Band mit anderen Jungs seines Alters. Mit dabei war damals schon sein heutiger Bandkollege Dwayne “Big D”  Williams. Ihre bevorzugte Bühne war der Jackson Square, wo sie vor Passanten auftraten und an guten Wochenenden 400 Dollar pro Nase einspielten. Gelegentlich ergatterte die Nachwuchsband eine Chance, in einem der kleinen lokalen Clubs aufzutreten. Bei einem dieser Gigs, schneiten per Zufall Bono und The Edge hinein und waren keine fünf Minuten später schon Fans des damals zwölfjährigen Trombone Shorty. “Der Laden stand Kopf, als wir dort ankamen”, erinnerte sich The Edge später an die denkwürdige Begegnung. “Es spielte eine kleine Funk-Band, die nur aus Blechbläsern bestand. Sowas hatte ich noch nie zuvor gehört oder gesehen. Shorty hat uns vollkommen umgehauen. Nach ein paar Tequilas tanzten Bono und ich mit einer Horde Mädchen über die Tische. Es war eine dieser Nächte, die man nie vergessen wird.”
Solche Nächte bereitet Trombone Shorty seinem Publikum seitdem regelmäßig. Sein erstes Album, “Trombone Shorty’s Swingin’ Gate”, nahm er 2002 mit sechzehn Jahren auf. Und schon damals begnügte er sich nicht damit, Klassiker wie den “St. James Infirmary Blues”, Percy Mayfields “Hit The Road, Jack” oder Miles Davis’ “Four” zu interpretieren, sondern spielte mutig auch sechs eigene Kompositionen. Die spiegelten natürlich die musikalische Artenvielfalt von New Orleans wider, mit der Trombone Shorty aufgewachsen war. Die Musiktradition von New Orleans dient ihm heute als Sprungbrett zu zeitgenössischeren Klängen. Troy Andrews ist ein “Young Lion” mit scharfgewetzten Zähnen, der die Tradition zwar von der Pike auf gelernt hat und noch heute ehrt, aber nichts weniger mag, als musikalischen Stillstand. Er ist ein junger Jazz-Outlaw mit funky Appeal.
“Jazzmusiker können ziemlich engstirnig und intolerant sein”, meint Shorty. “Und ich hatte keinen Bochk darauf, einer dieser Musiker zu werden, die nur das recyceln, was andere schon vor ihnen gespielt hatten. Dann würde ich mich nämlich nicht entwickeln. Der Sound der Band hat sich auf natürliche Weise entwickelt, jeder von uns trägt mit seinen persönlichen Vorlieben dazu bei. Ich komme aus Tremé und dort macht man Musik, um Spaß zu haben und dazu zu tanzen. Und genau das wollte ich auch mit meiner Band aufgreifen und auf ein neue Level heben. Ich wollte schon immer nur für meine Altergenossen spielen und etwas machen, das sowohl mich als auch das Publikum bei der Stange hält.”
Sein Debüt für ein Major-Jazzlabel gabe Trombone Shorty, der mit seinen 1,80 Meter schon längst kein Knirps mehr ist, 2010 mit “Backatown” bei Verve Records. Zu diesem Zeitpunkt hatte der damals erst 24-Jährige bereits sieben Alben bei lokalen Labels und der auf Live-Aufnahmen spezialisierten Firma Munck Music veröffentlicht. Als Gäste konnte er für “Backatown” Lenny Kravitz, zu dessen Tour-Band Shorty seit 2005 gehört, und die New-Orleans-Legende Allen Toussaint gewinnen. Das Album eroberte die Spitze der Contemporary Jazz Charts und wurde für einen Grammy nominiert. Mit einem sehr viel größeren Stargastaufgebot folgte schon ein Jahr später “For True”: die Liste umfasste die Rockgrößen Kravitz, Jeff Beck, Kid Rock und Warren Haynes, die neue R&B-Queen Ledisi, Mitglieder der Rebirth Brass Band, den Rapper 5th Ward Weebie, Ivan und Cyril Neville sowie Stanton Moore, Robert Mercurio und Ben Ellman von der Jazz-Funk-Band Galactic. Darüberhinaus trat der “Stolz von New Orleans” (DownBeat) in der hochgelobten HBO-Serie “Treme” auf. Durch und durch funky präsentierten sich Trombone Shorty und seine Band Orleans Avenue 2013 auf dem dritten Verve-Album “Say That To Say This”, das von keinem Geringeren als Raphael Saadiq produziert wurde. Für eine Neuaufnahme des Meters-Klassikers “Be My Lady” gelang ihnen ein ganz besonderer Coup: sie machten sie mit der Originalbesetzung der legendären Band, die 1977 auseinandergegangen war. Parallel wirkte Trombone Shorty als Sideman und Gastmusiker auch auf Alben von u.a. U2, Green Day, Eric Clapton, Lenny Kravitz, Jeff Beck, Rod Stewart, Harry Connick Jr., Mark Ronson, King, Cee Lo Green, She & Him und der Preservation Hall Jazz Band mit.
Trombone Shorty wird nie müde darauf hinzuweisen, wieviel er New Orleans verdankt. Und so wie andere musikalische Söhne der Stadt ist auch er bemüht, etwas davon an den Nachwuchs  zurückzugeben. Erst mit seinem “Horns For Schools”-Projekt und mittlerweile mit seiner eigenen Stiftung (http://www.tromboneshortyfoundation.org), die sich auf verschiedenen Ebenen für die Erhaltung und Förderung der originären Musikkultur von New Orleans einsetzt, und der Trombone Shorty Academy. Als der Musiker letztes Jahr von der Heinz Family Foundation für sein soziales Engagement mit einem mit 250.00 Dollar dotierten Preis ausgezeichnet wurde, leitete er das Geld gleich an seine eigene Stiftung weiter. Dass man mit dem Musikmachen nicht früh genug anfangen kann, weiß Troy Andrews aus eigener Erfahrung. Und deshalb hat er seine Geschichte – in der Hoffnung, viele neue kleine “Shortys” zu inspirieren, in dem illustrierten Kinderbuch “Trombone Shorty”erzählt, das schon mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Ein wunderbarer Beweis dafür, dass Trombone Shorty nicht nur die Vergangenheit von New Orleans ehrt und ihre Gegenwart verkörpert, sondern auch die Zukunft der Stadt und ihrer Musik im Auge hat.

Stand: Mai 2017
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