Carolin Widmanns Ruf als überlegene Interpretin Neuer Musik ist längst unangefochten. Komponisten wie Rihm, Pintscher, ihr Bruder Jörg Widmann oder der Este Erkki-Sven Tüür schreiben Werke für die Geigerin. Dass sie bei ihrer ersten Platte mit Standardrepertoire nun zu Schumann greift, sagt viel aus über ihre künstlerische Haltung: Es sind die extremen Ausdrucksbereiche, die sie zum Klingen bringen will.
Mit ihrem Produzenten Manfred Eicher haben Widmann und Dénes Várjon eine ganz und gar kompromisslose Lesart der Schumann Violinsonaten eingespielt, ein klingendes Psychogramm der expressiven Werke.
Agile Dynamik und pointierte Phrasierungen sind da zu hören, dazu ein immenses Spektrum der Tongebung von blass bis grell, von rau bis seidig. Nicht zu vergessen die immer “sprechende” Tempogestaltung der beiden Musiker.
Romantik , da ist sich die Leserin von Tieck, E.T.A. Hoffmann und Jean Paul sicher, Romantik “ist emotional weit komplexer, als wir oft glauben. In diesen Stücken findet sich so viel Schmerz und Tragik, aber auch so viel an fast kauzigem Humor. Nur wer hier an Grenzen geht, wird dem gerecht, denn Schumann ist vielleicht der Komponist, bei dem die schwarzen Punkte auf weißem Papier am wenigsten dem entsprechen, was letztlich gesagt werden soll!”
Carolin Widmann, gebürtige Münchnerin, ist dem großen Sachsen inzwischen auch räumlich nahe: Seit 2006 unterrichtet sie als Professorin an der Musikhochschule in Leipzig. Allein fünf Konzerte bringt sie dieses Jahr zur Uraufführung, darunter am 11. September ein speziell für sie geschriebenes Werk von Wolfgang Rihm mit dem Gewandhaus- Orchester unter Leitung von Riccardo Chailly. Als Moderne-Spezialistin möchte sie sich dennoch nicht verstanden wissen. Jetzt weniger denn je: “Die Beschäftigung mit dem klassischen Repertoire läuft bei mir immer parallel. Letzten Endes geht es in der Musik doch immer um das Gleiche, Elementare. Alle bedeutenden Komponisten wissen das.”