Rolf Kühn war einer der ersten und wenigen deutschen Jazzmusiker, die auch in der internationalen Szene weite Anerkennung und großen Respekt genossen haben. Dabei ist der Klarinettist nie ein Konformist gewesen, sondern bemühte sich stets darum, seinen eigenen musikalischen Weg zu beschreiten.
Am 29. September 1929 in Köln geboren, wuchs Rolf Kühn in Leipzig auf, wo er ab seinem achten Lebensjahr zunächst das Klavierspiel erlernte, bevor er vier Jahre später zu Klarinette und Saxofon wechselte. Zu Beginn seiner professionellen Laufbahn in den 1940er Jahren spielte Kühn noch vorwiegend swingenden Orchester-Jazz und Unterhaltungsmusik. Diese Linie setzt er auch fort, als er 1956 für rund sechs Jahre in die USA übersiedelte. Als Klarinettensolist erregte er dort unter anderem in den Orchestern von Benny Goodman und Tommy Dorsey schnell größere Aufmerksamkeit und wurde 1957 im DownBeat Critics Poll gar als neuer Star auf seinem Instrument ausgezeichnet. Doch zur selben Zeit streckte Kühn seine Fühler schon in modernere Richtungen aus und hatte musikalische Begegnungen mit Neutönern wie Ornette Coleman, John Coltrane und Cannonball Adderley, aber auch J.J. Johnson, Chet Baker und Zoot Sims. In späteren Dekaden sollten dann noch Zusammenarbeiten mit Größen wie Michael und Randy Brecker, Chick Corea, Lee Konitz, Peter Erskine, David Liebman, Eartha Kitt, John Patitucci, Brian Blade und vielen anderen folgen.
Trotz seines Erfolgs in den USA kehrte Kühn 1962 nach Deutschland zurück. Dort übernahm er die Leitung der NDR-Fernsehorchesters, spielte an der Seite von
Albert Mangelsdorff (einem weiteren deutschen Jazzmusiker von Weltformat) mit den
German All Stars und komponierte auch erfolgreich Musik für Film und Fernsehen. Ab 1965 nahm eine Reihe von Alben mit seinem jüngeren Bruder, dem Pianisten
Joachim Kühn, auf, darunter für
Impulse! Records “
Impressions Of New York”. Auch danach spielten die Brüder in regelmäßigen Abständen immer wieder live und auf Platte zusammen, zuletzt 2012 auf dem Impulse!-Album “
Lifelines”, das
kürzlich erstmals auf Vinyl erschien.
Im Laufe seiner langen Karriere stellte sich Rolf Kühn immer wieder neuen Herausforderungen, umgab sich mit Spielpartnern jüngerer Generationen, anderer Kulturkreise und unterschiedlicher stilistischer Ausrichtung. Und sammelte dabei so viele Auszeichnungen, dass er heute wohl der meistdekorierte deutsche Jazzmusiker ist. Trotz seiner 92 Jahre war Rolf Kühn bis zuletzt ungemein aktiv. Mit seiner aktuellen Band “Yellow & Blue” (mit Pianist Frank Chastenier, Bassistin Lisa Wulff und dem kolumbianischen Perkussionisten Tupac Mantilla) und anderen Formationen war er bereits für zahlreiche Festivalauftritte Im September und Oktober gebucht. Deshalb kam jetzt die Nachricht von seinem plötzlichen Tod umso überraschender.